US-Indizes wenig verändert Anleger in Lauerstellung
Von neuen Inflationsdaten haben sich abwartende US-Anleger nicht locken lassen. Tech-Aktien hielten sich erneut etwas besser. Insgesamt fehlt dem Markt aber die Richtung und die Breite.
Die großen US-Aktienindizes haben sich zur Wochenmitte weiter schwer damit getan, eine klare Richtung zu finden. Während Technologieaktien erneut etwas besser tendierten, bewegten sich Standardwerte kaum. Insgesamt blieben die Schwankungen aber gering, dabei gab es im Verlauf einige Vorzeichenwechsel.
Am Ende schloss der Leitindex Dow Jones bei 39.127 Punkten kaum verändert um 0,04 Prozent höher. Ähnlich der marktbreite S&P-500-Index, der 0,16 Prozent zulegte. Nur die Nasdaq verbuchte Gewinne von 0,49 Prozent, der Auswahlindex Nasdaq 100 gewann 0,25 Prozent.
US-Staatsanleihen verzeichneten derweil Kursverluste. Der Terminkontrakt für zehnjährige Anleihen (T-Note-Future) fiel zuletzt um 0,47 Prozent auf 110,08 Punkte. Die Rendite zehnjähriger Staatspapiere stieg im Gegenzug auf 4,32 Prozent.
Die Anleihemärkte verzeichneten weltweit überwiegend Verluste. Beobachter verwiesen auf den überraschend deutlichen Anstieg der Inflation in Australien. Daraufhin waren insbesondere dort, aber auch anderswo die Renditen gestiegen.
Die Entscheidungsschwäche am Markt sei daran zu erkennen, dass der Dow und der Nasdaq sich an vier Tagen in Folge gegenläufig entwickelt hätten, sagte der Marktstratege Ryan Detrick von der Carson Group im Laufe des wechselhaften Handelstages. Der Chefökonom Brian Jacobsen von Annex Wealth Management sagte voraus, dass dies anhalten werde "bis es einen Katalysator gibt".
Dieser könnte am Freitag der PCE-Preisindex sein, der als das von der US-Notenbank bevorzugte Inflationsmaß gilt. Momentan wird an den Finanzmärkten frühestens im September mit einer Zinswende der Fed gerechnet.
Immer noch ist nicht klar, wann und wie die Zinswende in den USA vonstatten gehen soll, was die Märkte verunsichert. Einzig der nicht zu bremsende KI-Boom hat die Zinssorgen der Anleger zuletzt zurückgedrängt und die Tech-Indizes beflügelt. Fakt ist, dass die Inflation immer noch zu hoch ist, was einer Zinswende in den USA entgegensteht.
Nachdem zuletzt die Chipaktien unter der Führung von Nvidia im Fokus standen, war es heute Amazon. Der Konzern überwand im Verlauf bei 193,50 Dollar erstmals die Marke von zwei Billionen Dollar. Die Aktie erreichte zudem bei 199,80 Dollar ein neues Rekordhoch und schloss bei 193,61 Dollar um 3,9 Prozent höher. Amazon ist das fünfte US-Unternehmen mit einem Börsenwert von zwei Billionen Dollar und gehört damit zu dem gleichen erlesenen Club wie die Technologie-Schwergewichte Microsoft, Apple, Nvidia und Alphabet.
Auch die Google-Mutter Alphabet setzte heute ihren Rekordlauf zunächst fort und erreichte bei ebenfalls eine neue Bestmarke. Die Anleger investieren laut Marktteilnehmern in Technologiefirmen dank eines Optimismus mit Blick auf Künstliche Intelligenz (KI) und der Hoffnung auf Zinssenkungen.
Craig Johnson, Analyst bei der Investmentbank Piper Sandler, bemängelte eine schwache Marktbreite an den US-Börsen. Lediglich eine Handvoll sehr hoch kapitalisierter Aktien bestimmten am Markt die Richtung.
Aber es gab auch Nachrichten aus dem Standardwertebereich. Unter den Nicht-Techwerten stiegen die Papiere des Hausgeräteherstellers Whirlpool deutlich um 17 Prozent nach Gerüchten, dass die nicht börsennotierte deutsche Robert Bosch GmbH einsteigen will. Bosch habe bereits mit Beratern gesprochen, sagte ein Insider. Es sei aber nicht ausgemacht, dass es tatsächlich zu einem Angebot komme.
Auch FedEx-Aktien zogen ebenfalls stark um 15,5 Prozent an, nachdem der DHL-Konkurrent am Vorabend nach Börsenschluss einen überraschend optimistischen Ausblick gegeben hatte. Analysten äußerten sich heute positiv zu den Zahlen.
Nach einem zunächst kraftvollen Comeback am Vormittag mit einem Tageshoch bei 18.363 Punkten ist der DAX am Nachmittag wieder abgerutscht. Das Tagestief lag 18.045 Punkte. Am Ende grenzte der deutsche Leitindex seine Verluste dann wieder ein und schloss nach volatilem Handel bei 18.155 Punkten letztlich kaum verändert um 0,12 Prozent niedriger. Der MDAX der mittelgroßen Werte ging bei 25.335 Zählern mit einem Minus von 0,52 Prozent aus dem Handel.
Marktexperten hatten sich schon vorbörslich skeptisch bezüglich einer positiven Trendwende beim DAX gezeigt. Nun rückten die 18.000 Punkte wieder in den Blick - und damit auch die Frage, ob sich die vermeintliche DAX-Stabilisierung über der runden Marke als lediglich technische Reaktion auf die vorangegangenen Verluste entpuppen könnte, wovor CMC-Markets-Analyst Jochen Stanzl gewarnt hatte.
Die Börse ist damit aktuell nichts für schwache Nerven, Trends kippen derzeit innerhalb kürzester Zeit, Vorzeichen werden des Öfteren gewechselt. Einzig die Unterstützung von 18.000 Punkten hat im DAX bisher gehalten.
Verluste gab es am Rentenmarkt, wo die Renditen sowohl hierzulande als auch in Frankreich anzogen. Zehnjährige Bundespapiere rentierten zuletzt bei 2,45 Prozent, französische Staatsanleihen gleicher Laufzeit lagen bei knapp 3,19 Prozent.
Wichtige Ereignisse werfen derweil ihre Schatten voraus und sorgen für viel Nervosität an den Märkten. Rund um den Globus warten die Händler mit Spannung auf den Preisindex für die persönlichen Konsumausgaben (PCE) in den USA am Freitag - das von der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) bevorzugte Maß für die Inflation.
In Europa stehen dagegen primär die am Sonntag beginnenden Wahlen in Frankreich im Fokus, bei denen im ersten Wahlgang nach Umfragen mit einem massiven Rechtsruck zu rechnen ist. Anleger sorgen sich, dass das ohnehin schon stark verschuldete Land seinen Haushalt weiter belastet, um diverse Wahlversprechen einzulösen. Sowohl die EU-Kommission als auch die Ratingagenturen haben sich zuletzt skeptisch geäußert.
Bevor sich der zukünftige politische Kurs in Frankreich nicht klärt, bleibt damit das Damoklesschwert einer neuen Eurokrise über den Märkten - ähnlich wie 2011 und 2012 die Krise um Griechenland.
"Die politische Situation in Frankreich wird wohl auch nach den beiden Wahlrunden erst einmal unsicher bleiben", sagte Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst von CMC Markets. "Der DAX dürfte also noch einige Zeit viel schlechter laufen als die Indizes an der Wall Street."
In Sachen Geldpolitik sind die Aussichten in Europa derweil deutlich klarer als in den USA. Denn die EZB kann aus Sicht von einigen ihrer Währungshüter die Zinspolitik wohl weiter lockern. Wenn die Basislinie Bestand habe, werde es weitere Zinssenkungen geben, sagte EZB-Chefvolkswirt Philip Lane am Mittwoch dem finnischen Sender MTV.
Finnlands Notenbankchef Olli Rehn zufolge sind die gegenwärtigen Börsenerwartungen von noch ein bis zwei Zinssenkungen in diesem Jahr vernünftig, wie er auf einer Geldpolitik-Konferenz der Notenbank in Helsinki sagte. Rehn zufolge deutet die Inflationsdynamik darauf hin, dass die Teuerung sich mittelfristig beim EZB-Ziel von zwei Prozent stabilisieren wird.
Die Europäische Zentralbank (EZB) lockerte Anfang Juni erstmals seit 2019 wieder die Zinszügel. Zum weiteren Kurs hat sich die EZB-Führung bislang eher bedeckt gehalten. EZB-Präsidentin Christine Lagarde zufolge will sich die EZB nicht auf einen bestimmten Zinspfad festlegen und von Sitzung zu Sitzung entscheiden.
Die Zinsperspektive der Eurozone, aber auch die politische Krisenstimmung in Europa ist auch am Eurokurs abzulesen. Die Gemeinschaftswährung fiel heute unter die Marke von 1,07 Dollar und handelte zuletzt im US-Handel bei 1,0678 Dollar. Am Morgen hatte der Euro noch knapp über der Marke von 1,07 Dollar notiert. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0689 (Dienstag: 1,0714) US-Dollar fest.
Schwache Daten zur Konsumstimmung aus Deutschland und Frankreich belasteten den Euro zudem. In Deutschland verschlechterte sich die Konsumstimmung nach Daten des Marktforschers GfK. Dessen Konsumklimaindex für den Juli sank überraschend auf minus 21,8 Punkte nach revidiert minus 21,0 Zählern im Juni. Ökonomen hatten eigentlich mit dem fünften Anstieg in Folge gerechnet. Die Erholung der vergangenen Monate wurde damit unterbrochen. Auch in Frankreich trübte sich die Stimmung der Verbraucher etwas ein.
Die Volkswagen-Vorzugsaktie blieb derweil unter Druck und gehörte zu den größten Verlieren im DAX. Im Gegensatz zum Rivian-Papier, das an der Nasdaq in der Spitze bis zu rund einem Drittel an Wert gewinnt auf knapp über 16 Dollar. Der Einstieg der Wolfsburger beim Tesla-Herausforderer Rivian wurde zwar zuerst positiv aufgenommen, dann häuften sich mit Blick auf die geplanten hohen Investitionen die kritischen Stimmen.
Denn VW will für gemeinsame Entwicklungen bis zu fünf Milliarden Dollar ausgeben. Für Rivian ist es eine höchst willkommene Geldspritze: Die Firma schreibt nach wie vor rote Zahlen. Die Kooperation ist recht eng gefasst: Software, Steuercomputer sowie Netzwerk-Architektur. Volkswagen will für neue Autos in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts auf Rivians Technologie und Software einschwenken. Der Autoriese könnte damit viel Geld im Vergleich zu einer Entwicklung der Technik in Eigenregie sparen.
Die Post-Aktie gehörte hingegen zu den Gewinnern im DAX, auch wenn sie höhere Kurse nicht verteidigen konnte. Der US-Logistik-Rivale FedEx hat mit seiner Gewinnprognose für das laufende Geschäftsjahr positiv überrascht. Der Paketzusteller erwartet dank eines Sparprogramms einen Gewinn pro Aktie von 20 bis 22 Dollar. Der Mittelwert liegt etwas über der Analystenschätzung von 20,92 Dollar. Die FedEx-Aktie legt an der Wall Street über 14 Prozent zu.
Die DAX-Flugzeugzulieferer MTU Aero Engines und Safran wollen gemeinsam ein Triebwerk für die nächste Generation europäischer Militärhubschrauber entwickeln. Das deutsche und das französische Unternehmen unterzeichneten in der französischen Botschaft in Berlin eine Vereinbarung zur Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens mit dem Namen EURA (European Military Rotorcraft Engine Alliance), wie die beiden Partner heute mitteilten.
Sitz des Unternehmens soll das französische Bordes sein, den Geschäftsführer stellt MTU. Die neuen schweren Militärhubschrauber sollen 2040 in Dienst gestellt werden - mit Triebwerken, die effizienter und deutlich günstiger im Betrieb und in der Instandhaltung sind. MTU-Vorstand Michael Schreyögg sprach von einem "Meilenstein in der europäischen Verteidigungskooperation". Die Zusammenarbeit garantiere die europäische Souveränität über die Militärhubschrauber.
Bayer-Chef Bill Anderson ist zuversichtlich für den laufenden Konzernumbau, bei dem zahlreiche Hierarchieebenen und Tausende Jobs abgebaut werden. "Wir kommen schneller voran als erwartet und werden wie versprochen ab 2026 zwei Milliarden Euro jährlich einsparen", sagte Anderson dem "Handelsblatt". Ende 2024 werde die Neuordnung des Leverkusener Agrar- und Pharmakonzerns zu 70 Prozent umgesetzt sein.
"Schon in diesem Jahr wird man Ergebnisse des Umbaus sehen - durch Kostensenkungen, Abbau von Bürokratie und deutlich beschleunigte Projekte." Mit dem Umbau will Bayer das Vertrauen der Investoren nach den andauernden Belastungen infolge der Monsanto-Übernahme zurückgewinnen.
Die SAP-Aktie sorgte im Verlauf mit einem historischen Höchststand bei 187,56 Euro für Aufmerksamkeit. Der Anbieter von Unternehmens-Software habe beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zuletzt besonders große Fortschritte gemacht, sagte ein Händler. Seit Jahresbeginn hat der DAX-Titel rund 30 Prozent gut gemacht. "Und das, obwohl dem Unternehmen mehr Leute den Rücken kehren wollen als mit dem Abfindungsprogramm geplant", sagte Marktstratege Jürgen Molnar von RoboMarkets. "Aktionäre sollten hoffen, dass die Richtigen bleiben."
Medienberichte, wonach der US-Essenslieferdienst Doordash am britischen Konkurrenten Deliveroo interessiert ist, gaben den Aktien der deutschen Konkurrenz keinen Schwung, im Gegenteil. Die Aktie von Delivery Hero stand zusammen mit HelloFresh am MDAX-Ende. Die Branchenstimmung wurde von einem Kommentar von JPMorgan zur kommenden Berichtssaison getrübt.
Der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk, das wertvollste Unternehmen in Europa mit einer Marktkapitalisierung von knapp 450 Milliarden Euro, wird im zweiten Quartal nach einem Fehlschlag bei der Entwicklung eines neuen Medikaments wohl eine hohe Abschreibung vornehmen.
Nach dem Abbruch der Clarion-CKD-Studie falle eine Wertminderung von etwa 5,7 Milliarden dänischen Kronen (816,7 Millionen Dollar) an, teilte der für seine Abnehmspritze Wegovy bekannte Konzern heute mit. Diese stehe im Zusammenhang mit Ocedurenon, einem Medikament gegen unkontrollierten Bluthochdruck mit potenzieller Anwendung bei Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen. Ocedurenon hatte Novo Nordisk im Oktober 2023 von KBP Biosciences erworben.
Die Schweizer Regierung hat Martin Schlegel zum Präsidenten des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ernannt. Der SNB-Vizepräsident werde am 1. Oktober die Nachfolge des langjährigen Notenbankchefs Thomas Jordan antreten, teilte die Regierung am Mittwoch mit. SNB-Direktoriumsmitglied Antoine Martin werde Vizepräsident und Petra Tschudin, bisher stellvertretendes Mitglied des Direktoriums, rückt ins Direktorium nach.