Händler an der New Yorker Börse
marktbericht

US-Inflation sinkt Wall Street lässt sich bitten

Stand: 10.05.2023 22:20 Uhr

Nach den jüngsten Inflationsdaten wird eine Zinspause der amerikanischen Notenbank immer wahrscheinlicher. Die Aktienmärkte taten sich aber schwer, das in Kursgewinne umzusetzen.

Es dauerte eine ganze Weile, bis sich an der Wall Street wieder eine positivere Tendenz durchsetzen konnte. Nach einem kurzen Aufbäumen nach Veröffentlichung der aktuellen US-Inflationsdaten hatten nämlich zunächst starke Gewinnmitnahmen eingesetzt. Am Ende der turbulenten Sitzung ging der Dow Jones 0,1 Prozent tiefer aus dem Handel.

Überraschend legte die Inflation im April nur noch um 4,9 nach 5,0 Prozent im März zu. Experten hatten mit einem unveränderten Wert gerechnet, nachdem die Teuerungsrate im März um einen vollen Punkt gesunken war. "Es ist der zehnte Rückgang der Jahresrate in Folge. Damit steigen die Chancen, dass die Fed im Juni nicht weiter an der Zinsschraube dreht", sagte Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Schon zuvor hatten viele Marktteilnehmer erwartet, dass die US-Notenbank auf der kommenden Sitzung eine Zinspause einlegen wird.

Die zinssensitiveren Technologietitel konnten von der Zinsfantasie deutlich stärker profitieren. Der Nasdaq 100 gewann 1,1 Prozent und erreichte damit den höchsten Stand seit August 2022.

Auch der deutsche Markt reagierte deutlich auf den wohl wichtigsten Konjunkturtermin der laufenden Börsenwoche. Als die US-Inflationsdaten um 14.30 Uhr über die Ticker liefen, drehte der DAX binnen Minuten ins Plus. Dann setzten allerdings heftige Gewinnmitnahmen ein, die den Index um 0,4 Prozent unter seinen Vortagesschluss drückten.

Update Wirtschaft vom 10.05.2023

Stefan Wolff, HR, tagesschau24, 10.05.2023 09:00 Uhr

Der Euro schoss nach den US-Inflationsdaten kurzzeitig über die Marke von 1,10 Dollar. Die Daten unterstützen das Szenario, dass die Zinsdifferenz zwischen den USA und Europa weiter schrumpft. Die Feinunze Gold kostet aktuell 2023 Dollar.

Ein Anstieg der US-Lagerbestände drückt die Ölpreise. Die Rohölvorräte in den USA stiegen in der vergangenen Woche um etwa 3,6 Millionen Barrel (159 Liter), was die Sorge vor einer schwächeren Nachfrage schürt. Die europäische Referenzsorte Brent verbilligt sich um 0,8 Prozent auf 76,65 Dollar pro Barrel.

Unter den amerikanischen Tech-Werten stand Alphabet mit der Entwicklerkonferenz Google I/O im Fokus. Google will seine Angebote auf breiter Front mit Künstlicher Intelligenz aufbessern. Neben der Suchmaschine sollen auch andere Anwendungen wie GMail und Karten neue Funktionen bekommen, sagte Konzernchef Sundar Pichai auf der Entwicklerkonferenz. "Wir werden KI einsetzen, um unsere Produkte massiv zu verbessern", kündigte er an. Pichai demonstrierte unter anderem, wie Software einen Brief für die Nutzer formulieren kann. Googles Erzrivale Microsoft bringt den Internet-Konzern in Zugzwang, mehr von seinen eigenen Entwicklungen bei KI öffentlich nutzbar zu machen. Google hat für die neuartigen KI-Funktionen ein neues Sprachmodell mit dem Namen Palm 2 eingeführt. Auf der Basis von Palm 2 soll künftig auch Googles Chat-Bot Bard arbeiten.

Proteste und Zwischenfälle haben die Hauptversammlung des Volkswagen-Konzerns in Berlin empfindlich gestört. So warf eine Person einen Gegenstand auf das Podium, der offenbar der Vertreter der Eigentümerfamilien, Wolfgang Porsche, treffen sollte. Später störte eine Aktivistin mit nacktem Oberkörper die Rede von Konzernchef Oliver Blume mit lauten Rufen und einem Plakat - Gegenstand der Kritik war das Festhalten von VW am chinesischen Werk in der Provinz Xinjiang. Vor dem Ort der Hauptversammlung protestierten zudem viele Klimaaktivisten.

Die Continental-Aktie führte die Gewinnerliste im DAX an. Der Autozulieferer hat im ersten Quartal operativ mehr verdient als erwartet. Für eine negative Überraschung sorgte allerdings der hohe Abfluss von Geld. Der um Sondereffekte bereinigte Barmittelabfluss (Free Cashflow) des Reifenherstellers stieg von 174 Millionen Euro im Vorjahr auf 949 Millionen Euro.

Ganz am DAX-Ende rangierte die Aktie von Siemens Healthineers. Die Neuaufstellung des Robotikgeschäfts hat den Medizintechnikkonzern im zweiten Geschäftsquartal mit einer Abschreibung von 329 Millionen Euro belastet. Das dezimierte den Nettogewinn auf 108 (Vorjahr: 583) Millionen Euro.

Die Allianz legt ein neues Aktienrückkaufprogramm über bis zu 1,5 Milliarden Euro auf. Die Aktion soll Ende Mai starten. Die Papiere sollen eingezogen werden. Zuletzt hatte der Finanzkonzern einen so großen Aktienrückkauf im Jahr 2019 gestartet. Das letzte Programm war Mitte März ausgelaufen. Mit Aktienrückkäufen geben Unternehmen überschüssiges Kapital - ähnlich wie mit Dividenden - an ihre Anteilseigner zurück. Zudem lässt sich damit der Aktienkurs stützen. Seit 2017 hat die Allianz eigene Aktien im Volumen von insgesamt elf Milliarden Euro zurückgekauft.

Nach kräftigen Zuwächsen in 2022 ist der Chemikalienhändler Brenntag mit Einbußen ins Jahr gestartet. Im ersten Quartal verzeichnete der DAX-Konzern ein Umsatzminus von einem Prozent auf 4,5 Milliarden Euro. Netto gab das Konzernergebnis von 254 auf 217,1 Millionen Euro nach.

Bei E.ON hat die Vorlage der Quartalsbilanz zu Gewinnmitnahmen geführt - obwohl ein starkes erstes Quartal den Vorstand des Energieversorger etwas optimistischer auf das Gesamtjahr blicken lässt. Er erwartet, das obere Ende der Prognosespannen für das bereinigte operative Ergebnis und den bereinigten Konzernüberschuss zu erreichen. Die E.ON-Aktie konnte seit Jahresbeginn ein Plus von rund 30 Prozent verbuchen.

Die EU-Kommission durfte die milliardenschweren Hilfen der Bundesregierung für die Lufthansa in der Pandemie nach Ansicht des EU-Gerichts nicht genehmigen. Das teilten die Richter heute in Luxemburg mit. Geklagt hatten die Lufthansa-Konkurrenten Ryanair und Condor. Gegen das Urteil kann vor dem höchsten europäischen Gericht, dem Europäischen Gerichtshof, vorgegangen werden.

Der Frankfurter Flughafen hat nach Einschätzung des Betreibers Fraport mittelfristig starke Wachstumschancen. Für die erwartete Entwicklung des Flugverkehrs gebe es in Deutschland wenige andere Standorte mit Ausbauplänen oder ungenutzten Reserven, sagte Fraport-Chef Stefan Schulte am Abend nach einer Baustellen-Besichtigung am neuen Passagier-Terminal 3. Das Terminal soll Anfang 2026 eröffnet werden und findet laut Schulte bereits großes Interesse bei den Fluggesellschaften.

Beim Baustoffriesen Heidelberg Materials wächst die Hoffnung auf niedrigere Energiepreise und eine Erholung der Baukonjunktur. Das Unternehmen rechnet für das laufende Jahr nun mit einem Ergebnis aus dem laufenden Geschäft zwischen 2,50 und 2,65 Milliarden Euro. Das wäre mehr als im vergangenen Jahr und die obere Hälfte der bisher genannten Spanne.

Der Abschied des Mobilfunkmastbetreibers Vantage Towers von der Börse hat heute den Platz für Hochtief im MDAX frei gemacht. Für das aus dem SDAX aufsteigende Bauunternehmen rückt der Bahntechnik-Spezialist Vossloh nach.

Der Spezialchemiekonzern Lanxess grenzt nach einem deutlichen Ergebnisrückgang im ersten Quartal seine Jahresziele ein. Für 2023 rechnet das Unternehmen nun mit einem bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) zwischen 850 und 950 Millionen Euro. Im ersten Quartal war das Ebitda um fast 28 Prozent auf 189 Millionen Euro eingebrochen.

Die Kosten für den Aufbau eines eigenen Mobilfunknetzes verhageln United Internet und der Tochter 1&1 erneut die Bilanz. Das operative Ergebnis sei im ersten Quartal um jeweils etwa drei Prozent auf 319 beziehungsweise 182,1 Millionen Euro gefallen, teilten der Internet-Anbieter und seine Mobilfunk-Tochter mit.

Der Linux-Softwareanbieter Suse muss seine Prognosen für das laufende Geschäftsjahr deutlich senken. Im zweiten Quartal (per Ende April) habe der Umsatz unerwartet nur noch um ein Prozent auf 162,2 Millionen Dollar zugelegt, teilte das Nürnberger Unternehmen am Abend mit. Für das Geschäftsjahr 2022/23 (per Ende Oktober) rechnet Suse nun nur noch mit einem Wachstum von rund fünf Prozent; bisher war man von elf bis 13 Prozent ausgegangen. Die bereinigte operative Umsatzrendite (Ebitda-Marge) werde nun bei etwa 35 Prozent liegen - das wären zwei Prozentpunkte weniger als im vergangenen Jahr. Bisher hatte Suse eine steigende Marge in Aussicht gestellt. Der niedrige Aktienkurs macht es dem Großaktionär EQT schwer, sich von weiteren Anteilen zu trennen. Der schwedische Finanzinvestor hält noch 76 Prozent der Anteile.

Mobilfunkkunden haben vor einer Preiserhöhung noch einmal bei den Tarifen von Telefónica Deutschland (O2) zugegriffen und dem Unternehmen einen Umsatzsprung beschert. In den Monaten Januar bis März haben sich nach Abzug von Kündigungen 368.000 neue Kunden für einen Mobilfunkvertrag entschieden. Der Konzernumsatz kletterte um acht Prozent auf 2,1 Milliarden Euro.

Der Pharma-Wirkstoffforscher Evotec kann sich dank einer neuen Partnerschaft auf einen erheblichen Geldbetrag freuen. Die zwischen der US-Tochter Just - Evotec Biologics und der amerikanischen Tochter des Schweizer Pharmakonzerns Novartis Sandoz vereinbarte Zusammenarbeit führt laut Evotec zu einer Vorabzahlung in zweistelliger Millionenhöhe.

Salzgitter hat im ersten Quartal weniger verdient. Der Vorsteuergewinn sank auf 184 Millionen Euro nach 465 Millionen Euro vor Jahresfrist. Der zweitgrößte deutsche Stahlkonzern erwartet für 2023 weiterhin einen Vorsteuergewinn zwischen 300 und 400 Millionen Euro.

Die wachsende Reiselust nach der Corona-Krise stimmt TUI zuversichtlich für den bevorstehenden Sommer. So zählt der Touristikkonzern für den Sommer bisher 8,3 Millionen Buchungen. Das sind fast doppelt so viele wie im Vor-Corona-Jahr 2019. Der durchschnittliche Preis der verkauften Reisen liegt 26 Prozent höher als im Sommer 2019.

Bei Europas größter Laborkette Synlab normalisiert sich das Geschäft nach dem Ende der Corona-Pandemie. Im ersten Quartal sanken die Umsätze um 34 Prozent auf 702 Millionen Euro. Das Geschäft mit Corona-Tests brach erwartungsgemäß ein, auf 26 Millionen Euro von 450 Millionen Euro im Vorjahresquartal, das noch von der Omikron-Welle mit einem Spitzenvolumen an Tests geprägt gewesen sei.

In New York stand die Aktie von Airbnb unter Druck. Der Apartment- und Zimmervermittler hat nach US-Börsenschluss mit einem verhaltenen Geschäftsausblick enttäuscht. Im laufenden Quartal erwartet das Unternehmen verglichen mit dem Vorjahreszeitraum ein Umsatzwachstum zwischen zwölf und 16 Prozent. Das entspricht einer deutlichen Abschwächung des Wachstumstempos.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 10. Mai 2023 um 09:00 Uhr.