Wall Street erholt Vage Hoffnungen stützen den Markt
Zügelt die amerikanische Notenbank ihre straffe Geldpolitik angesichts neuer Konjunktursorgen? Diese Hoffnung hat jedenfalls zur Wochenmitte die Kurse gestützt. DAX und Dow Jones erholten sich leicht.
An den amerikanischen Aktienmärkten sorgten gemischte Konjunkturdaten zur Wochenmitte für ein Wechselbad. Dabei überwog die Zuversicht, dass die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) bald ihren geldpolitischen Straffungskurs beenden könnte. Die Standardwerte des Dow Jones gingen nach drei schwachen Handelstagen 0,39 Prozent höher aus dem Handel.
Die Technologietitel an der Nasdaq waren gefragter. Der Auswahlindex Nasdaq 100 legte um 1,45 Prozent zu.
Besonders beachtet wurden unerwartet schwache Daten vom US-Arbeitsmarkt. Nach Angaben des Personaldienstleisters ADP sind in der Privatwirtschaft im September nur 89.000 Stellen entstanden. Das war der geringste Stellenzuwachs seit 32 Monaten. Dagegen waren die Auftragseingänge der US-Industrie im August überraschend stark. Die Bestellungen stiegen im Vergleich zum Vormonat um 1,2 Prozent.
Zudem legte der ISM-Einkaufsmanagerindex im September überraschend um 1,4 Zähler auf 49,0 Punkte zu. Das ist der höchste Wert seit November 2022. Damit nähert sich das Barometer der Wachstumsschwelle von 50. Mit elf Monaten in Folge darunter verzeichnet der Index aber die längste Negativserie seit der Rezession 2007 bis 2009, die von der Finanzkrise ausgelöst wurde.
Einen Unsicherheitsfaktor für die Märkte stellt auch der offene Machtkampf im US-Repräsentantenhaus dar. Der Sturz des bisherigen Vorsitzenden Kevin McCarthy blockiert unter anderem die ohnehin schwierigen und zeitkritischen Verhandlungen mit dem Senat über einen endgültigen Haushalt.
Der DAX konnte nach zwischenzeitlichen Verlusten etwas Boden gut machen und ging 0,1 Prozent höher aus dem Handel. Zeitweise war der deutsche Leitindex bis auf 14.948 Punkte gerutscht, den tiefsten Stand seit März.
Die psychologisch wichtige Marke von 15.000 Punkten konnte der Aktienindex damit behaupten. Dennoch warnen technisch orientierte Analysten, dass sich der DAX mit seinen Verlusten von über sechs Prozent seit dem Hoch Mitte September in eine ungünstige Lage gebracht hat, die weitere Kursverluste befürchten lässt.
Als wesentlichen Grund für die jüngsten Verluste nennen Marktbeobachter die rasant steigenden Renditen an den Anleihemärkten. In Deutschland überschritt die Rendite für die zehnjährige Bundesanleihe am Morgen die psychologisch wichtige Marke von 3,0 Prozent. In der Spitze wurden 3,02 Prozent erreicht. In den USA stieg die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen im Verlauf bis auf 4,89 Prozent, fiel dann aber wieder auf 4,74 Prozent zurück.
Steigende Renditen machen Aktien im Vergleich zu Anleihen weniger attraktiv. "Über allem schwebt eine immer attraktiver werdende Alternative zum Aktienmarkt. Die dynamisch steigenden Zinsen locken mehr und mehr Investorengeld in den Anleihemarkt", meinte Konstantin Oldenburger vom Handelshaus CMC Markets.
Leicht positive Impulse für die Märkte kamen von frischen Konjunkturdaten aus der Eurozone. So haben die Preise auf Unternehmensebene weiter kräftig nachgegeben. Im August lagen die Erzeugerpreise 11,5 Prozent tiefer als ein Jahr zuvor - es ist der deutlichste Preisrückgang seit dem Jahr 2009.
Zudem hat sich die Unternehmensstimmung im September leicht aufgehellt. Der Einkaufsmanagerindex von S&P Global stieg zum Vormonat um 0,5 Punkte auf 47,2 Zähler, verharrte damit aber unter der Marke von 50 Punkten, was eine wirtschaftliche Schrumpfung signalisiert.
Der Euro konnte von den europäischen Konjunkturdaten profitieren. Am Abend notierte die europäische Gemeinschaftswährung 0,4 Prozent höher bei 1,0515 Dollar, nachdem sie am Morgen noch bis auf 1,0453 Dollar und damit den tiefsten Stand seit Dezember gefallen war. Führende Währungshüter der EZB hatten auf einer Konferenz in Limassol auf Zypern die Meinung vertreten, die Notenbank sei bei ihrer Inflationsbekämpfung bereits weit fortgeschritten. Dabei habe ein großer Teil der bisherigen Zinsschritte die Wirtschaft noch gar nicht erreicht, sagte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos. Laut Zyperns Notenbankchef Constantinos Herodotou spiegelt sich der Erfolg der EZB-Schritte in den Inflationsdaten wider. Für Portugals Notenbankchef Mario Centeno ist der Straffungskurs nun abgeschlossen.
Die Feinunze Gold gab leicht nach auf 1.820 Dollar.
Die Ölpreise setzten ihre jüngste Abwärtsbewegung fort und erreichten die niedrigsten Stände seit Anfang September. Am Abend notierte Brent-Öl zur Lieferung im Dezember über fünf Prozent tiefer bei 86,20 Dollar. Darin schlägt sich offenbar der wachsende Konjunkturpessimismus an den Märkten nieder. Dagegen will das Ölkartell OPEC+ an seiner Strategie der Begrenzung der Fördermengen festhalten, um die Preise zu stützen. Ein Ministergremium der Organisation erklärte, die Staaten stünden zu ihren "Verpflichtungen" und seien bereit, "je nach Marktbedingungen weitere Maßnahmen zu ergreifen". Auch die überraschend gesunkenen US-Ölreserven stützten die Notierungen kaum. Die Bestände an Rohöl gingen im Vergleich zur Vorwoche um 2,2 Millionen auf 414,1 Millionen Barrel zurück.
Am Abend zog die Aktie von SMA Solar deutlich an. Der Wechselrichterhersteller erhöhte dank des Booms bei Solaranlagen seine Geschäftsprognosen. Das Management erwartet nun einen Jahresumsatz von 1,8 bis 1,9 Milliarden Euro. Bislang standen 1,7 bis 1,85 Milliarden Euro im Plan. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen erwartet SMA zwischen 285 und 325 Millionen Euro, nach bisher 230 bis 270 Millionen Euro. In den ersten neun Monaten des Jahres hat SMA Solar nach vorläufigen Zahlen 1,335 bis 1,345 Milliarden Euro umgesetzt - deutlich mehr als die im Vorjahreszeitraum erreichten 724 Millionen Euro. Das operative Ergebnis steigerten die Hessen nun voraussichtlich von 50 Millionen Euro im Vorjahr auf 230 bis 235 Millionen Euro.
Die Marke VW hat auf dem US-Markt im dritten Quartal ein Minus von 1,2 Prozent auf 87.756 Fahrzeuge verzeichnet. Die VW-Tochter Audi konnte dagegen ihre Auslieferungen um 21 Prozent steigern.
BMW hat seinen Absatz in den USA im dritten Quartal innerhalb eines Jahres um 7,6 Prozent gesteigert. Im bisherigen Jahresverlauf beläuft sich die Zahl der verkauften Fahrzeuge in den USA auf mehr als 254.000 und liegt damit gut zehn Prozent höher als ein Jahr zuvor.
Die US-Fluggesellschaft United Airlines hat weitere Maschinen bei den Herstellern Airbus und Boeing bestellt. Die Europäer sollen 60 zusätzliche A321neo liefern. Bei Boeing hat die Fluggesellschaft eine Kaufoption für 50 Stück 787-9 ausgeübt. United hat sich zudem neue Optionen für bis zu 50 weitere 787 sowie Kaufrechte für 40 weitere A321neo bis zum Ende des Jahrzehnts gesichert.
Die Aktien von Renk werden beim Börsengang des Augsburger Panzergetriebeherstellers im unteren Drittel der Preisspanne ausgegeben. Die begleitenden Investmentbanken nannten großen Investoren gestern einen voraussichtlichen Preis von 15 bis 16 Euro. Die offizielle Spanne reicht bis 18 Euro. Das Traditionsunternehmen will morgen seine Rückkehr an die Frankfurter Börse feiern.
Der Flugticketgroßhändler TUI 4U erweitert seine Geschäftstätigkeit. Die TUI-Tochter mit Hauptsitz in Bremen verkauft an Reisebüros sowie TUI-Kundinnen und -Kunden Tickets von externen Fluggesellschaften. In den nächsten Monaten soll TUI 4U dies auch für Gesellschaften des Reisekonzerns im europäischen Ausland übernehmen. Dafür sollen 20 neue Mitarbeiter eingestellt werden.
Die Novartis-Tochter Sandoz enttäuschte bei ihrem Debüt an der Schweizer Börse. Der Generikahersteller wurde mit einem ersten Kurs von 24 Franken am unteren Rand der Analystenschätzungen bewertet. Novartis-Aktionäre haben für fünf Aktien je einen Sandoz-Titel bekommen. Insgesamt wurden 431 Millionen Aktien der Generikasparte ausgegeben.
Die nachlassende Inflation und Erfolge mit den Premiummarken haben den Vorstand der britischen Supermarktkette Tesco vor dem wichtigen Weihnachtsgeschäft zuversichtlicher gestimmt. Er erwarte nun im Bilanzjahr 2023/24 ein bereinigtes Betriebsergebnis im Einzelhandel zwischen 2,6 und 2,7 statt 2,5 Milliarden Pfund, teilte der Aldi- und Lidl-Rivale mit.
Die angeschlagene IT-Firma Atos bekommt den dritten Chef in weniger als zwei Jahren. Yves Bernaert löse mit sofortiger Wirkung Nourdine Bihmane ab, teilte das französische Unternehmen mit. Dieser hatte den Posten im Juli 2022 von Rodolphe Belmer übernommen, der sich wegen eines Streits um die Strategie nach etwa einem halben Jahr verabschiedet hatte. Die Atos-Aktie stand in Paris unter Druck.
Die angeschlagene skandinavische Fluggesellschaft SAS hat sich eine Finanzspritze von der französisch-niederländischen Rivalin Air France-KLM und dem Finanzinvestor Castlelake gesichert. Das Konsortium, zu dem auch die Investmentgesellschaft Lind Invest und der dänische Staat zählen, stellt knapp 1,18 Milliarden Dollar für neue Anteile, neue Schulden und die Ablösung alter Verbindlichkeiten bereit.
Intel will beim fortlaufenden Konzernumbau eine weitere Sparte an die Börse bringen. Nach dem Autozulieferer Mobileye ist es diesmal das Geschäft mit programmierbaren Spezial-Chips, die zum Beispiel in Kommunikationstechnik oder Infrastruktur von Rechenzentren eingesetzt werden. Die Programmable Solutions Group (PSG) solle zunächst als separater Geschäftsbereich geführt und in den kommenden zwei bis drei Jahren an die Börse gebracht werden.
Die Facebook-Mutter Meta erwägt einem Insider zufolge die Einführung eines Abonnements für die werbefreie Nutzung von Instagram und Facebook in Europa. Meta prüfe mehrere Preismodelle, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person. Bevorzugt würden derzeit 10,00 Euro pro Monat, das sei am einfachsten umzusetzen.
Der US-Automobilhersteller Ford hat im Tarifkonflikt der Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) ein neues Angebot vorgelegt. Das Tarifpaket beinhalte eine Lohnerhöhung für Zeitarbeiter, Beitragserhöhungen für die private Altersvorsorge und eine weitere Verkürzung der Betriebszugehörigkeit, die für das Erreichen des Spitzenlohns notwendig ist, teilte das Unternehmen mit.