Inflation flaut ab US-Anleger bleiben in Kauflaune
Der Wall Street ist die Generalprobe vor dem morgigen Zinsentscheid der Notenbank gelungen. Rückläufige Inflationsdaten wurden von den Anlegern positiv aufgenommen. Zinsängste ebbten ab.
Mit Erleichterung haben Anleger an der Wall Street auf den Rückgang der Inflation reagiert. Die Zahlen bestärkten sie in ihrer Einschätzung, dass die Notenbank Federal Reserve (Fed) die Zinsen bei ihrer Sitzung am Mittwoch vorerst nicht weiter erhöht.
Die US-Teuerungsrate ging im Mai auf vier Prozent zurück, nachdem sie im vorangegangenen Monat noch bei 4,9 Prozent gelegten hatte. "Die Inflation bleibt aber hartnäckig über dem Fed-Ziel von zwei Prozent", gab Richard Flynn, Manager beim Brokerhaus Charles Schwab zu bedenken. "Die gute Nachricht ist allerdings, dass der Preisdruck sich auf eine kleinere Anzahl von Bereichen beschränkt als zu Jahresbeginn."
Dies verhalf allen großen Aktienindizes zu weiteren Kursgewinnen. Sowohl der S&P 500 als auch der technologielastige Nasdaq waren erst gestern auf 14-Monats-Hochs gestiegen und setzten damit ihre Klettertour fort.
Der Dow Jones, der Leitindex der Standardwerte, legte am Ende um 0,43 Prozent zu und schloss bei 34.212 Zählern. Erneut etwas besser schnitt die zinssensitive Technologiebörse Nasdaq ab. Der Composite-Index rückte um 0,83, der Auswahlindex Nasdaq 100 um 0,79 Prozent vor. Der marktbreite S&P-500-Index ging bei 4369 Punkten um 0,69 Prozent höher aus dem Handel.
Etwas aus dem Tritt kam derweil die 2023 bisher stark gelaufenen Apple-Aktien, die unter einem negativen Analystenkommentar litten. Maue Nachfragetrends, aber ein Bewertungsaufschlag von 50 Prozent gegenüber dem S&P 500 - das Verhältnis zwischen Chancen und Risiken sei eher ungünstig, schrieb UBS-Analyst David Vogt. Er strich seine Kaufempfehlung.
Apple-Anteile hatten am vergangenen Montag nach 42 Prozent Jahresplus ein Rekordhoch von fast 185 Dollar erreicht. Vogt sieht keinen Spielraum über 190 Dollar hinaus. Das Papier schloss bei 183,31 Dollar um 0,26 Prozent etwas leichter.
Der deutsche Aktienmarkt hat heute mit Gewinnen auf eine im Mai von 4,9 auf 4,0 Prozent deutlich gesunkene US-Inflation reagiert. Die Verbraucherpreise waren im Vorfeld mit großer Spannung erwartet worden, gelten sie doch als eine zentrale Entscheidungsgrundlage für die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) bei ihrer weiteren Zinspolitik. Hoffnungen auf eine Zinspause der Fed im Juni wurden durch die Zahlen geschürt.
Der DAX war bereits am Morgen mit viel Schwung gestartet und markierte zunächst bei 16.223 Punkten sein Tageshoch, welches im späten Geschäft mit einer steigenden Wall Street im Rücken noch leicht übertroffen wurde. Am Ende schloss der deutsche Leitindex bei 16.230 Punkten nur zwei Punkte unter Tageshoch, ein Zugewinn von 0,83 Prozent.
Damit nimmt der deutsche Leitindex sein bei 16.331 Punkten liegendes Allzeithoch ins Visier und zeigt sich trotz eines inflationären Umfeldes und eines bisher beispiellosen Zinszyklus der großen Notenbanken weiter sehr robust. Der MDAX, der Index der mittelgroßen Werte, legte 0,61 Prozent zu auf 27.473 Punkte.
Morgen ab 20 Uhr mitteleuropäischer Zeit (MEZ) wird der Zinsentscheid der Fed erwartet, gefolgt von der EZB am Donnerstag. Die "Woche der Notenbanken" wird am Freitag von der Bank of Japan beendet. Von der Europäischen Zentralbank (EZB) erwarten Experten eine kleine Erhöhung um 0,25 Prozentpunkte, sie liegt im Zinszyklus noch hinter der Fed zurück.
Konkret stiegen die US-Verbraucherpreise im Mai gegenüber dem Vorjahresmonat um 4,0 Prozent und fielen damit besser aus als erwartet. Analysten hatten mit einem Rückgang auf 4,1 Prozent gerechnet. Im April hatte die Rate noch bei 4,9 Prozent gelegen.
Wermutstropfen ist aber die von der Federal Reserve besonders beobachtete Kerninflation ohne die Preise für Lebensmittel und Energie. Diese stieg im Jahresvergleich um 5,3 Prozent und fiel damit nach zuvor 5,5 Prozent nur leicht. Experten hatten genau mit dieser Entwicklung gerechnet.
Die Lage entspanne sich weiter, auch wenn es zu beachten gelte, dass die Inflationsraten vor allem wegen kräftiger Basiseffekte gesunken seien, kommentierte Helaba-Volkswirt Ralf Umlauf. Vor allem der monatliche Anstieg der Kernrate von 0,4 Prozent könne die US-Notenbank nicht beruhigen.
"Obwohl es auf den Vorstufen der preislichen Entwicklung Hinweise darauf gibt, dass die Kernteuerung im Verlauf des Jahres weiter nachgeben wird, bleibt das Risiko bestehen, dass die US-Notenbank im Sommer nochmals an der Zinsschraube dreht", so Umlauf.
Allerdings dürften die Zahlen der Notenbank auch den nötigen Spielraum geben, um im Juni nach zuvor zehn Anhebungen eine Zinspause einzulegen. Genau darauf hatten die Märkte zuletzt gesetzt.
Derzeit befinden sich die US-Leitzinsen zwischen 5,00 und 5,25 Prozent. Das Inflationsziel der Fed liegt mit 2,00 Prozent aber noch in weiter Ferne, so dass für den Juli mehrheitlich mit einer weiteren Anhebung gerechnet wird.
Die Spekulationen der Anleger auf eine Zinspause der Fed setzen derweil dem Dollar zu, der zu wichtigen Währungen etwas ins Hintertreffen gerät. Parallel dazu steigt der Euro, der am späten Nachmittag seine Avancen verteidigt und zwischenzeitlich über die Marke von 1,08 Dollar stieg.
Für die Gemeinschaftswährung wurden zuletzt im US-Handel 1,0792 Dollar bezahlt werden, ein Zuwachs von rund 0,3 Prozent gegenüber dem Greenback. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0793 (Montag: 1,0765) Dollar fest.
In Großbritannien signalisierte ein überraschend deutlicher Anstieg der Löhne um 7,2 Prozent derweil eine weitere Zinserhöhung der Bank von England (BoE) in den kommenden Woche. "Wir bewegen uns im Territorium einer Lohn-Preis-Spirale", warnte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Die Zinsspekulationen verhalfen dem Pfund Sterling zu einem Kursplus von 0,8 Prozent auf 1,2605 Dollar.
Die Ölpreise haben heute zugelegt und damit Verluste des Vortages ausgeglichen. Die Sorte Brent aus der Nordsee verteuert sich um über 3,0 Prozent je Barrel (159 Liter).
Experten sprechen von einer Gegenbewegung: Sorgen wegen einer schwächelnden Nachfrage in China bei zugleich steigenden globalen Vorräten hatten die Ölpreise zu Wochenbeginn um rund drei Dollar pro Barrel gedrückt. Geholfen hat dem Ölpreis unter anderem ein etwas leichterer Dollar.
Die People's Bank of China (PBoC), die chinesische Zentralbank, lockerte zudem ihre Geldpolitik, um die Wirtschaft anzukurbeln. Medienberichten zufolge plant die Regierung in Peking weitere Maßnahmen, um der Konjunktur unter die Arme zu greifen. Das nährte Hoffnungen auf eine anziehende Rohstoff-Nachfrage aus der Volksrepublik.
Im DAX gehörten Zalando-Aktie hinter Tagessieger Adidas zu den größten Kursgewinnern. Laut dem Stifel-Analysten Benjamin Kohnke sollten Anleger bei Zalando über den derzeitigen marktseitigen Gegenwind hinwegsehen. Zum neuen Jahr hin sollte das E-Commerce-Volumen seiner Ansicht nach wieder anziehen, gab sich Kohnke optimistisch. Insofern sieht er in dem reduzierten Aktienkurs eine Einstiegsgelegenheit.
Die SAP-Aktie war gefragt. Positive Impulse kamen von der Konkurrenz, hat doch US-Rivale Oracle mit seinen Quartalszahlen die Markterwartungen übertroffen. So wuchsen etwa die Cloud-Erlöse - auch wegen der Aufregung um Künstliche Intelligenz - um 54 Prozent auf 4,4 Milliarden Dollar. Unterm Strich verdiente Oracle 3,3 Milliarden Dollar - vier Prozent mehr als vor einem Jahr.
Der Aufsichtsrat von Volkswagen berät Insidern zufolge heute über neue Ziele für den Autokonzern. Dabei gehe es um ein großes Sparprogramm über mehr als drei Milliarden Euro allein bei der Volumengruppe der Marken VW, Skoda und Seat, sagte ein Insider. Hintergrund sei vor allem der wachsende Konkurrenzdruck auf dem wichtigsten Einzelmarkt China.
Zunehmend gerät auch der in der kommenden Woche anstehende Kapitalmarkttag des Unternehmens ins Blickfeld der Investoren. Diese erwarten sich von Konzernchef Blume Aufschluss über seine Strategie. Analysten wünschen sich schon seit langem, dass Volkswagen seine strukturellen Probleme angeht, die mit der engen Verzahnung der Interessen in dem Großkonzern zusammenhängen und den Aktienkurs belasten. Vor allem die lange kriselnde Software-Tochter Cariad müsse nun liefern.
Siemens will ein neues Werk für seine Industrieautomatisierungs-Sparte in Singapur bauen. Ein Sprecher bestätigte heute einen Bericht der "WirtschaftsWoche". Einzelheiten dazu werde der Konzern am Donnerstag bekanntgeben. Dem Bericht zufolge wird das Investitionsvolumen in Siemens-Kreisen auf eine niedrige dreistellige Millionensumme geschätzt.
Das Werk sei ein "Zwilling" der Fabrik im ostbayerischen Amberg, die ebenso stark ausgelastet ist wie das Werk im chinesischen Chengdu, wo Siemens seit zehn Jahren ebenfalls Steuerungstechnik für Maschinen und Anlagen produziert. Die Automatisierungstechnik gehört zur Sparte Digital Industries, die derzeit einen Auftragsboom erlebt.
Der Finanzinvestor Silver Lake will den Einstieg bei der Darmstädter Software AG auch ohne die Übernahme einer Mehrheitsbeteiligung sichern. Die US-Beteiligungsgesellschaft knüpft ihr 2,36 Milliarden Euro schweres Angebot nicht mehr an die Bedingung, dass sie auf mehr als 50 Prozent der Anteile des SDAX-Unternehmens kommt, wie heute aus einer Pflichtveröffentlichung hervorgeht.
Kurz vor Ablauf der ursprünglichen Frist war Silver Lake davon noch weit entfernt. Bis Dienstagmittag hatte sich der Finanzinvestor trotz der Unterstützung der Software-AG-Führung erst 30,5 Prozent der Anteile gesichert. Mit dem Verzicht auf die Bedingung verlängert sich die Offerte automatisch um zwei Wochen bis zum 28. Juni.
Die US-Handelsaufsicht FTC will die Übernahme des Videospielanbieters Activision Blizzard durch Microsoft mit Hilfe eines richterlichen Notbeschlusses stoppen. Die FTC stellte einen Antrag auf einstweilige Verfügung bei einem Bundesgericht, um den Abschluss des rund 69 Milliarden Dollar schweren Deals zu verhindern. Wegen Wettbewerbsbedenken hatte die FTC bereits im Dezember rechtliche Schritte eingeleitet.