Dow Jones auf Rekordniveau Wachwechsel an der Wall Street
Die aktuelle politische Entwicklung in den USA hat auch die Gewichte an den Märkten verschoben. An der Wall Street hielt die Trump-Euphorie an. Technologietitel waren dagegen nicht mehr gefragt.
Kehrt Donald Trump im Januar ins Weiße Haus zurück? Das ist nach Ansicht vieler Marktteilnehmer zuletzt wahrscheinlicher geworden. Seit dem versuchten Attentat auf den Republikaner am vergangenen Samstag haben sich die politischen Gewichte in den Vereinigten Staaten weiter verschoben - und auch die an den internationalen Börsen.
In den vergangenen drei Handelstagen beschleunigten die Standardwerte an der Wall Street ihren Aufwärtstrend. Sie profitierten von der Hoffnung auf eine wirtschaftsfreundliche Politik unter einer weiteren Trump-Administration. Der Dow Jones erreichte einen neuen Rekordstand und überschritt gleich zu Handelsbeginn erstmals die Marke von 41.000 Punkten. Der US-Leitindex schloss 0,59 Prozent höher bei 41.198 Punkten.
Ganz anders das Bild bei den Technologiewerten, die noch bis vor Kurzem den Standardtiteln weit vorausgeeilt waren. Sorgen vor den Folgen des Handelsstreits mit China und ein enttäuschender Ausblick des Chip-Ausrüsters ASML lasteten auf der Stimmung. Der Technologieindex Nasdaq 100 knickte deutlich ein und ging 2,94 Prozent tiefer bei 29.799 Punkten aus dem Handel.
Die aktuellen Daten zur Industrieproduktion wirkten eher dämpfend auf den US-Markt, weil sie die jüngsten Zinshoffnungen wieder trübten. Im Juni stieg die Produktion mit 0,6 Prozent stärker als erwartet. Analysten hatten im Schnitt nur mit einem Plus von 0,3 Prozent gegenüber dem Vormonat gerechnet. Im Mai war die Produktion um 0,9 Prozent gestiegen.
Auch der am Abend veröffentlichte Konjunkturbericht der US-Notenbank Federal Reserve, das "Beige Book", deutet auf ein weiteres Wachstum der Wirtschaft hin. Für die nächsten sechs Monate erwarteten die Befragten aber ein langsameres Tempo.
Am deutschen Aktienmarkt verzeichnete der DAX den dritten Verlusttag in Folge. Der deutsche Leitindex ging 0,44 Prozent tiefer bei 18.437,30 Punkten aus dem Handel. Anders als die US-Märkte fürchten die europäischen Marktteilnehmer, ihre Unternehmen könnten zu den Leidtragenden einer "America First"-Politik unter einer neuen Regierung gehören.
"Die Investoren steuern ihr Kapital weiter in Richtung USA, um der Aussicht auf eine wirtschaftsfreundliche Politik eines neuen Präsidenten Trump zu folgen und gleichzeitig die damit verbundenen Risiken für den Welthandel zu umgehen", sagte RoboMarkets-Stratege Jürgen Molnar.
Auch die morgige Zinssitzung der Europäischen Zentralbank dürfte die Kauflust gedämpft haben. "Möglicherweise gibt es auch im Vorfeld der morgen anstehenden EZB-Zinsentscheidung eine gewisse Zurückhaltung", so die Experten der Landesbank Helaba.
Der Markt rechnet mit keiner weiteren Zinssenkung der Notenbank. Die Datenabhängigkeit der Währungshüter bleibe weiter hoch, betonte Ulrike Kastens, DWS-Volkswirtin Europa. "Entscheidungen werden von einer Sitzung zur nächsten getroffen, und es dürfte keine Vorfestlegung auf eine mögliche Zinssenkung im September geben."
Der Euro konnte sich weiter befestigen und erreichte mit bis zu 1,0948 Dollar den höchsten Stand seit Mitte März. Damit profitierte die Gemeinschaftswährung von einer ausgeprägten Dollar-Schwäche. Die US-Währung steht angesichts der Aussicht auf eine bevorstehende Leitzinssenkung seit Wochen unter Druck.
Der Bitcoin konnte von der Dollar-Schwäche heute nicht profitieren und fiel etwas zurück. Dabei dürfte auch die Warnung des russischen Präsidenten Wladimir Putin vor dem weit verbreiteten Schürfen von Kryptowährungen in seinem Land eine Rolle gespielt haben. Derzeit würden "fast 1,5 Prozent des gesamten Stromverbrauchs" auf das Konto des sogenannten Krypto-Minings gehen, erklärte Putin. Dessen unkontrolliertes Wachstum könne "zu Stromausfällen in gewissen Regionen" führen. Das russische Parlament beschäftigt sich derzeit mit einem Gesetz, das dieses Mining beschränken soll.
Angetrieben von der Hoffnung auf eine Zinssenkung in den USA im September erreichte der Goldpreis ein frisches Rekordhoch. Der Preis für eine Feinunze des gelben Edelmetalls zog in der Spitze auf 2.482 Dollar an, fiel dann aber wieder zurück.
"Der Preisbereich von 2.500 Dollar ist das nächste unmittelbare Ziel, aber wenn die derzeitige Dynamik anhält, könnten wir noch vor Jahresende mit Preisen rechnen, die noch weiter nach oben gehen", sagte Tim Waterer, Analyst von KCM Trade. Die Attraktivität von renditelosen Edelmetallen steigt, wenn die Zinsen fallen.
Am Rohstoffmarkt machten die Ölpreise ihr gestriges Minus wieder wett. Am späten Abend kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 85 Dollar und damit 1,5 Prozent mehr. Die wöchentlichen Lagerbestandsdaten aus den USA verstärkten die Bewegung. Die Bestände an Rohöl sanken im Vergleich zur Vorwoche um 4,9 Millionen auf 440,2 Millionen Barrel. Analysten hatten nur mit einem Rückgang um 1,1 Millionen Barrel gerechnet. Die Ölpreise waren zuletzt rückläufig, da es Anzeichen für eine schwächere Nachfrage aus China gibt.
An der Wall Street war die Aktie von Johnson & Johnson gefragt, obwohl der Pharma- und Medizintechnikkonzern sein Gewinnziel für das laufende Jahr senkte. Für die Umsatzentwicklung wurde der Konzern aufgrund der milliardenschweren Übernahme des Medizintechnikherstellers Shockwave optimistischer. Das Unternehmen erwartet nun für 2024 ein bereinigtes operatives Ergebnis von 10,00 bis 10,10 Dollar je Aktie. Bereinigt um Sondereffekte legte der Gewinn je Aktie im zweiten Quartal um zehn Prozent auf 2,82 Dollar zu. Das war mehr, als Analysten erwartet hatten. Der Umsatz kletterte in den drei Monaten bis Ende Juni im Jahresvergleich um 4,3 Prozent auf gut 22,4 Milliarden Dollar. Für das Gesamtjahr peilt Johnson & Johnson nun einen Erlösanstieg auf 89,2 bis 89,6 Milliarden Dollar an.
Im DAX war die Adidas-Aktie einer der größten Gewinner. Sie stieg zeitweise auf den höchsten Stand seit Februar 2022. Nach einem besser als erwarteten zweiten Quartal hat der Sportartikelhersteller seine Prognosen für das laufende Jahr erneut erhöht. So soll das Betriebsergebnis nun rund eine Milliarde Euro erreichen. Zuletzt hatte Adidas 700 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Auch der Umsatz soll stärker als bislang erwartet zulegen. Der Nike-Konkurrent hatte bereits nach dem ersten Quartal den Ausblick angehoben.
Dagegen rangierte die Aktie von Daimler Truck unter den größten DAX-Verlierern. Der Nutzfahrzeughersteller stellt nach einer Abschreibung in China seine Prognose für das Gesamtjahr auf den Prüfstand. Der Ausblick für das Gesamtjahr werde aktuell überprüft.
Volkswagen legt eine neue Elektro-Marke für China auf. Unter der neuen Submarke ID. Unyx soll bereits im Sommer das erste Auto auf den Markt kommen, sagte ein Sprecher anlässlich der Weltpremiere des ersten Modells in Anhui, wo es produziert wird. Vier weitere sollen bis 2026 folgen. Damit will VW vor allem bei der in China boomenden Elektromobilität Boden gutmachen. Bisher geben hier lokale Herausforderer wie BYD den Ton an.
Nach einem guten Lauf im zweiten Quartal erhöhte Henkel seine Ergebnisziele erneut. Der bereinigte Gewinn je Aktie solle zu konstanten Wechselkursen um 20 bis 30 Prozent zulegen, teilte der DAX-Konzern mit. Bisher hatte Henkel mit einem Plus von 15 bis 25 Prozent gerechnet. Das operative Ergebnis und der Gewinn je Aktie des Konsumgüterkonzerns hätten die Markterwartungen im zweiten Quartal deutlich übertroffen, schrieb Analyst James Edwardes Jones von der kanadischen Bank RBC. Das Umsatzwachstum aus eigener Kraft habe hingegen leicht enttäuscht. Im ersten Halbjahr ging der Umsatz des Persil- und Pattex-Herstellers wegen der Geschäftsaufgabe in Russland und wegen negativer Wechselkurseffekte um ein Prozent auf 10,8 Milliarden Euro zurück.
Die Allianz will ihr Asiengeschäft mit einer milliardenschweren Übernahme in Singapur stärken. Für 2,2 Milliarden Singapur-Dollar (rund 1,5 Milliarden Euro) will der Versicherungskonzern mindestens 51 Prozent der Aktien von Income Insurance kaufen. Mit der geplanten Übernahme will die Allianz zum viertgrößten Schaden- und Unfallversicherer in Asien aufsteigen.
Der DAX-Konzern Bayer hat mit seinem Medikament Nubeqa gegen Prostatakrebs einen Studienerfolg erzielt. Der Wirkstoff Darolutamid erreichte den primären Endpunkt in der Phase-III-Studie Aranote bei Patienten mit metastasiertem hormonsensitivem Prostatakrebs. Anträge auf eine Erweiterung der Zulassung von Nubeqa seien nun geplant, hieß es weiter.
Im MDAX fiel Lanxess mit einem Kursgewinn von über 17 Prozent auf. Der Spezialchemiekonzern konnte sein bereinigtes operatives Ergebnis (Ebitda) im zweiten Quartal nach vorläufigen Zahlen um 69 Prozent auf 181 Millionen Euro steigern. Damit liegt das Ergebnis deutlich über den Analystenschätzungen von gut 137 Millionen Euro. "Wir profitieren davon, dass wir in den letzten Monaten konsequent unsere Kostenstrukturen angepasst haben und effizienter geworden sind", erklärte Lanxess-Vorstandschef Matthias Zachert. "Wo immer die Nachfrage weiter anziehen sollte, sind wir in einer deutlich besseren Position, um davon zu profitieren." Noch sehe Lanxess aber keine Anzeichen für eine breite Markterholung.
Die Parfümeriekette Douglas wird nach dem dritten Quartal optimistischer für das Geschäftsjahr 2023/24. Der Umsatz dürfte um rund 8,5 Prozent statt wie bisher avisiert um rund sieben Prozent wachsen. Die seit dem Börsengang im März arg gebeutelte Aktie stieg um 3,7 Prozent und war damit größter Gewinner im SDAX.
Wacker Neuson macht angesichts der schwachen Konjunktur am Bau und in der Landwirtschaft deutliche Abstriche an seiner Umsatz- und Gewinnprognose. Im schlimmsten Fall werde der Umsatz 2024 um 13 Prozent zurückgehen und sich das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) halbieren, teilte der Münchner Baumaschinenhersteller aus dem SDAX mit. Nach sechs Monaten lag der Konzernumsatz mit 1,2 Milliarden Euro um knapp zwölf Prozent unter Vorjahr, das Ebit brach um mehr als die Hälfte auf 83,8 Millionen Euro ein. "Der Gesamtmarkt und die Branche zeigen sich unverändert schwach", sagte Vorstandschef Karl Tragl. Einsparungen zeigten aber zunehmend Wirkung.
Eine robuste Nachfrage nach margenstarken Produkten hat dem Chip-Ausrüster ASML ein Quartalsergebnis über Markterwartungen beschert. Der Umsatz lag bei 6,2 Milliarden Euro und der Reingewinn bei 1,6 Milliarden Euro, wie der weltweit führende Anbieter von Maschinen zur Herstellung hochmoderner Computerchips mitteilte. Allerdings enttäuschte der Ausblick des niederländischen Technologiekonzerns.
Der Flugtaxi-Entwickler Lilium muss den bemannten Erstflug seines Senkrechtstarters verschieben. Statt wie geplant Ende dieses Jahres werde der Lilium Jet nun Anfang 2025 erstmals mit einem Menschen an Bord abheben, teilte das bayerische Unternehmen mit. Grund dafür seien Verspätungen bei Material- und Software-Lieferungen. An den Plänen, das erste Flugtaxi 2026 an einen Kunden zu übergeben, habe sich aber nichts geändert, sagte Vorstandschef Klaus Roewe. Noch steht auch die Zertifizierung durch die europäische Flugsicherheitsbehörde aus. Für Donnerstag hat Lilium Journalisten zu einer Vertragsunterzeichnung eingeladen. Insidern zufolge geht es dabei um einen Großauftrag der saudi-arabischen Fluggesellschaft Saudia.