Streit mit China Nervöse Wall Street
Über der Wall Street schwebte heute die Sorge um eine Eskalation des Taiwan-Streits mit China. Entsprechend nervös reagierten die Anleger, die Märkte fanden keine klare Richtung.
Die US-Märkte haben mit Verlusten auf die Eskalation im Streit um den Inselstaat Taiwan reagiert. Bei nervösem Handel fanden sie lange keine klare Richtung und schlossen am Ende nachgebend. Während der Leitindex Dow Jones stärker um 1,23 Prozent auf 32.396 Punkte absackte, hielt sich die Technologiebörse Nasdaq besser.
Der Composite-Index ging bei 12.348 Zählern aus dem Handel, ein leichter Tagesverlust von 0,16 Prozent. Der Auswahlindex Nasdaq 100 fiel um 0,3 Prozent, der marktbreite S&P-500-Index um 0,67 Prozent auf 4091 Zähler.
Trotz scharfer Drohungen aus Peking besuchte die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, am Abend wie geplant den Inselstaat Taiwan. Das sorgte den ganzen Tag über für Nervosität auf dem Parkett und dämpfte die Aktivitäten der Anleger. China betrachtet die Insel als Teil des Landes, de facto ist sie aber unabhängig und wird von den USA auch militärisch unterstützt. Der Besuch Pelosis ist der ranghöchste Besuch eines US-Politikers seit einem Vierteljahrhundert in Taiwan.
Die Börse reagiere immer noch recht gelassen auf die Reise der Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, sagte ein Marktbeobachter. "Natürlich, falls China überreagiert mit einer sehr aggressiven Antwort, wird der Aktienmarkt und auch andere Märkte mit Sicherheit stärker reagieren. Im Moment aber schauen die meisten Anleger auf Quartalszahlen, die Inflation und darauf, wie diese in den nächsten sechs bis neun Monaten die US-Notenbank beeinflussen wird."
Aktien chinesischer Firmen, die an der Wall Street gelistet sind, gaben nach. Auch chinalastige börsennotierte Fonds (ETF) von iShares und KraneShares fielen zurück. Im Gegenzug stiegen Aktien von Rüstungsfirmen wie Lockheed Martin, Northrop Grumman und Raytheon.
"Ein Cocktail der Unsicherheit überschattet die zuletzt gute Stimmung an den globalen Aktienmärkten", kommentierte Timo Emden vom Analysehaus Emden Research. "Geopolitische Risiken, Konjunkturängste und die damit im Zusammenhang stehenden Rezessionssorgen lassen Anleger Wertpapiere mit spitzen Fingern anfassen."
Unter den Einzelwerten rutschten die Aktien von Caterpillar ans Ende des Kurszettels im Dow und gaben um 5,8 Prozent nach. Der Baumaschinen- und Nutzfahrzeughersteller enttäuschte den Markt mit seinem Umsatz im zweiten Quartal. Wegen geringerer Baumaschinen-Erlöse in China war er hinter der durchschnittlichen Analystenschätzung zurückgeblieben. Caterpillar-Ergebnisse werden an der Börse gerne auch als Konjunkturindikator genutzt und finden stets Beachtung.
Als ob der heiße Krieg in der Ukraine nicht schon genug wäre - mit der neuen Krise um den fernöstlichen Inselstaat Taiwan loderte heute ein neues Feuer auf, das geeignet sein kann, die Märkte negativ zu beeinflussen. Im Mittelpunkt stand auch hierzulande die Reise von Nancy Pelosi nach Taiwan, die für so manche Sorgenfalte sorgte.
Die Mehrheit der Investoren gehe zwar nicht von einer militärischen Eskalation zwischen den USA und China aus, sagte Jochen Stanzl, Analyst vom Brokerhaus CMC Markets. "Es könnte trotzdem ein Fehler sein, die Situation zu verharmlosen. Ein Angriff Russlands auf die Ukraine wurde im Vorfeld auch mehrheitlich als nicht wahrscheinlich angesehen."
So plötzlich die neue Krise in Fernost die Märkte auch erreicht hat, der erste Schock zog sich nicht durch den ganzen Tag. Der DAX grenzte seine Verluste am Nachmittag ein, zu mehr reichte es aber nicht. Am Ende blieben die Anleger zurückhaltend, der deutsche Leitindex schloss bei 13.449 Punkten um 0,23 Prozent leicht im Minus. Im Tageshoch war er bis auf 13.484 Punkte geklettert, das Tagestief lag bei 13.335 Zählern.
Derweil ging das eigentliche Brot- und Buttergeschäft der Börse weiter: die Bewertung neuer Unternehmensergebnisse und damit der zukünftigen Gewinnaussichten. Die Berichtssaison zum abgelaufenen zweiten Quartal nimmt nun auch in Deutschland Fahrt auf, zahlreiche Firmen haben schon heute ihre Bücher geöffnet, u.a. die DAX-Mitglieder Symrise und Covestro.
Im weiteren Wochenverlauf wird die Zahlenflut noch zunehmen. Anleger erhoffen sich Hinweise darauf, ob die jüngsten Kursgewinne im DAX und den anderen Indizes fundamental gerechtfertigt sind. Vor allem die Ausblicke der Unternehmen sind in dem weiterhin von Rezessionsängsten geprägten schwierigen Marktumfeld dabei entscheidend.
Die Furcht vor einer Eskalation der Spannungen zwischen China und den USA ließ Anleger unmittelbar zu als "sicherer Hafen" angesehenen Staatsanleihen greifen. Im Gegenzug fiel die Rendite der als Benchmark für den Euroraum angesehenen zehnjährigen deutschen Bonds in der Spitze auf 0,72 Prozent, am Abend lag sie dann wieder bei 0,77 Prozent.
Auch der Dollar legte zum Euro heute wieder zu. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0224 (Montag: 1,0233) Dollar fest. Im US-Handel wurden 1,0178 Dollar bezahlt. Der Goldpreis gab mit dem starken Greenback leicht nach auf 1766 Dollar.
Der Hersteller von Duft- und Geschmacksstoffen sowie anderer Lebensmittelzusätze, Symrise, erhöht nach deutlichen Zuwächsen im ersten Halbjahr die Umsatzprognose. Das Unternehmen profitiert insbesondere von einer regen Nachfrage nach Anwendungen für Kosmetika, Feinparfümerie und Heimtiernahrung. Symrise-Chef Heinz-Jürgen Bertram rechnet für 2022 nun mit einem Umsatzwachstum aus eigener Kraft von deutlich über sieben Prozent. Bisher wurde ein Plus von fünf bis sieben Prozent avisiert. Im ersten Halbjahr erzielte der DAX-Konzern ein organisches Umsatzplus von gut zehn Prozent.
Wie die gesamte Chemiebranche bereitet sich auch der Kunststoffkonzern Covestro auf einen möglichen Erdgasmangel in Deutschland vor. Zur kurzfristigen Senkung des Gasbedarfs in Deutschland seien verschiedene Maßnahmen wie etwa die Umstellung auf ölbasierte Generatoren zur Dampferzeugung getroffen worden. Zudem werde weiter an den Produktionsprozessen gearbeitet, um den Gas- und Energieverbrauch zu senken. Der Umsatz stieg im zweiten Quartal um fast ein Fünftel auf 4,7 Milliarden Euro, was allerdings an höheren Verkaufspreisen und dem schwachen Euro lag. Der Absatz ging im zweiten Quartal zurück. Der Überschuss hat sich mit 199 Millionen Euro mehr als halbiert.
Die Aktien von Rheinmetall haben heute an ihren positiven Wochenauftakt angeknüpft. Am nachmitag verbuchen sie unter den größten Gewinnern im MDAX Zuwächse von knapp drei Prozent. Zuletzt standen sie noch drei Prozent höher. In der vergangenen Woche waren sie dem steigenden Gesamtmarkt noch hinterhergelaufen. Nun aber belasten den Markt zunehmende geopolitische Spannungen, was wiederum Aktien von Rüstungskonzernen tendenziell hilft.
Die Lufthansa Gruppe testet in Skandinavien die Einführung eines Sondertarifs für CO2-neutrales Fliegen. Die sogenannte Green Fare beinhalte einen vollständigen Ausgleich der durch den Flug entstehenden Treibhausgasemissionen, erklärte das Unternehmen. Der Tarif stehe ab sofort im Rahmen eines Pilotprojektes neben den bekannten Tarifen als zusätzliche Option in der Online-Buchungsmaske für Flüge aus Schweden, Norwegen und Dänemark zur Auswahl.
"Der Ausgleich erfolgt dabei zu 80 Prozent über hochwertige Klimaschutzprojekte und zu 20 Prozent über den Einsatz nachhaltiger Flugkraftstoffe, so genannter Sustainable Aviation Fuels (SAF)", erklärte der Konzern, zu dem neben der Lufthansa auch die Fluggesellschaften Swiss, Austrian Airlines und Brussels Airlines gehören.
Das Prinzip, bei der Flugbuchung einen Aufpreis zum Ausgleich von Treibhausgasemissionen zu zahlen, gibt es schon seit einiger Zeit. Nach eigenen Angaben ist die Lufthansa das erste Unternehmen, welches den Ausgleich in seine Tarifstruktur aufnimmt.
Der britische Öl-Multi BP hat wie seine Wettbewerber Shell, ExxonMobil und TotalEnergies vom gestiegenen Ölpreis und hohen Raffineriemargen profitiert und im zweiten Quartal das beste Ergebnis seit 14 Jahren eingefahren. BP verdreifachte seinen Gewinn im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahr auf 8,5 Milliarden Dollar und übertraf damit die Analystenschätzungen von 6,8 Milliarden deutlich.
Wertminderungen im Russland-Geschäft haben den Gewinn des italienischen Versicherers Generali gedrückt. Der Nettogewinn sank im ersten Halbjahr um neun Prozent auf 1,4 Milliarden Euro. Die Bilanz belasteten Wertminderung russischer Forderungen mit 138 Millionen Euro. Dennoch lag der Überschuss über den Erwartungen der Analysten, die lediglich 1,33 Milliarden Euro prognostiziert hatten. "Wir waren in der Lage, diese Ergebnisse in einem zunehmend unsicheren geopolitischen und makroökonomischen Umfeld zu erzielen", erklärte Generali-Chef Philippe Donnet. Er kündigte aber auch an, dass der Versicherer seine Preise erheblich erhöhen wird, um die Folgen der Inflation zu mildern.
Der Vakuumpumpen-Hersteller Pfeiffer Vacuum hat dank guter Geschäfte in allen Bereichen und Regionen einen Rekordumsatz erzielt. Die Erlöse stiegen im zweiten Quartal um fast 13 Prozent auf 225 Millionen Euro. Neben einer hohen Nachfrage habe Pfeiffer Vacuum dabei auch von günstigen Wechselkurseffekten profitiert. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) kletterte um knapp 13 Prozent auf 28,7 Millionen Euro. Unter dem Strich blieb ein Gewinn von 20,4 Millionen Euro hängen und damit 2,5 Millionen mehr als im Vorjahr.
Im dritten Quartal litt der Windanlagenbauer Siemens Gamesa unter hohen Rohstoffkosten, Störungen in der Lieferkette sowie Ausgaben für die neue, problembehaftete Landturbine 5.X. Dazu kamen Projektverzögerungen im Zusammenhang mit Qualitätsmängeln sowie Kosten für die Reparatur mangelhafter Komponenten bei älteren Windkraftanlagen an Land. Der Konzern weitete den Verlust mit 446 Millionen Euro kräftig aus. Ein Jahr zuvor hatte der Verlust 314 Millionen Euro betragen. Nun erwägt Siemens Gamesa Insidern zufolge den Abbau von rund 2500 Arbeitsplätzen.
Der Luxussportwagenbauer Ferrari erwartet dank des schwachen Euro und besserer Geschäfte mit Wunschausstattungen in diesem Jahr etwa mehr Umsatz und Ergebnis als bisher. So wollen die Italiener den Umsatz von 4,3 Milliarden Euro im Vorjahr auf nun rund 4,9 Milliarden steigern, wie das Unternehmen heute in Maranello mitteilte.
Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen dürfte zwischen 1,7 und 1,73 Milliarden Euro landen. Zuvor hatte Ferrari mit rund 4,8 Milliarden Euro Umsatz gerechnet und sich davon einen operativen Gewinn von im besten Fall bis zu 1,7 Milliarden Euro versprochen. Analysten hatten bereits etwas mehr operatives Ergebnis auf dem Zettel als bisher avisiert. An der Mailänder Börse drehte die Ferrari-Aktie nach den Zahlen ins Plus.
Der Taxi-Rivale Uber ist im zweiten Quartal trotz Inflations- und Rezessionssorgen stark gewachsen. Der Umsatz stieg im Jahresvergleich um 105 Prozent auf 8,1 Milliarden US-Dollar (7,9 Mrd. Euro), wie der Konzern heute mitteilte. Das bereinigte Betriebsergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen legte um 873 Millionen auf 364 Millionen Dollar zu.
Wertberichtigungen auf Beteiligungen an anderen Unternehmen verursachten trotzdem einen Nettoverlust von 2,6 Milliarden Dollar. Aber die Zahlen übertrafen die Erwartungen der Experten klar. Die Aktie steigt um rund 15 Prozent. Im laufenden Quartal erwartet Uber ein bereinigtes Betriebsergebnis zwischen 440 Millionen und 470 Millionen Dollar.
Mitten im Rechtsstreit zwischen Twitter und Tesla-Chef Elon Musk hat der Hedgefonds Greenlight Capital seinen Einstieg bei dem Kurznachrichtendienst bekanntgegeben. Man habe im vergangenen Monat die Aktien bei einem Kurs von durchschnittlich 37,24 Dollar gekauft, hieß es in einem Brief des Gründers David Einhorn an Investoren, in den die Nachrichtenagentur Reuters Einblick erhielt. Wenn Twitter sich bei dem Verfahren durchsetze, könne der Kurs relativ dazu um 17 Dollar steigen. Wenn der Deal jedoch platze, dürfte ein Minus von 17 Dollar die Folge sein. "Also haben wir eine 50-50 Chance auf etwas, das zu mehr als 95 Prozent eintreten sollte," schrieb Einhorn.
Der aktivistische Investor Elliott ist nach eigenen Angaben größter Aktionär von Pinterest. Die Foto-Onlineplattform sei ein "hoch strategisches Unternehmen mit erheblichem Wachstumspotenzial." Man sei so von der Wertschöpfungschance bei Pinterest überzeugt, dass man größter Investor des Unternehmens geworden sei. Wie groß der Anteil genau ist, gab Elliott nicht bekannt. Die Zeitung "Wall Street Journal" hatte Mitte Juli berichtet, es seien mehr als neun Prozent. Fast zeitgleich zu der Ankündigung legte der US-Konzern seine Geschäftszahlen für das zweite Quartal vor. Dabei verfehlten Gewinn und Umsatz die Erwartungen der Analysten.