Einkauf auf Kredit Gezahlt wird später - oder nie
"Singles Day", "Black Friday", "Cyber Monday": Das Shoppen in diesen Tagen kann zur gefährlichen Verschuldung führen. Egal ob Kreditkarte, Ratenzahlung oder Dispokredit: Die Zinsen sind hoch.
Auf den anstehenden "Black Friday" freuen sich nicht nur die Händler, sondern vor allem Zahlungsdienstleister wie Klarna oder PayPal. "Buy now, pay later", so nennt sich das Prinzip. Gekauft wird jetzt, bezahlt wird später - oder nie.
Gerade jetzt, rund um dem "Black Friday" und mit Blick auf Weihnachten in wenigen Wochen, wird wieder kräftig eingekauft. Seit einigen Jahren passiert das zunehmend online.
TikToker machen ihre Schulden öffentlich
Eine, die dadurch tief in die Schulden abgerutscht ist, ist TikTokerin Leari Cheri. Sie shoppte gerne und viel auf Pump und verlor irgendwann die Übersicht: "Als die ersten Mahnungen kamen, habe ich schon Angst bekommen", sagt sie. Viele Mahnungen habe sie "einfach weggeschmissen" und irgendwann angefangen, "es komplett zu ignorieren". Und damit steht sie nicht alleine, wie ein fragwürdiger Trend auf der Social-Media-Plattform TikTok zeigt: Hier überbieten sich User mit gewaltigen Schuldensummen.
Und finden sich im besten Fall bei der Schuldnerberatung wieder. Zum Beispiel bei Matthias Klusmann aus Frankfurt. Wenn es zum Verzug komme, sieht Klusmann vor allem bei Bezahldienstleistern wie Klarna ein Riesenproblem: "Jeder einzelne Kauf - und wenn es sich nur um 1,99 Euro handelt - wird einzeln angemahnt und einzeln zum Inkasso gegeben. Zusätzlich fallen hohe Verzugszinsen an. Die Kosten explodieren." Anders werden die Schulden bei der Bank bearbeitet: Ein Kredit, ein Dispo, eine Kreditkarte bedeuten drei unterschiedliche Forderungen, aber nur einen Gläubiger.
Dispozinsen von mehr als 17 Prozent
Doch auch bei der Bank sind die Zinsen stark gestiegen, wie Josefine Lietzau von der Zeitschrift "Finanztip" analysiert hat. Die Dispozinsen reichen aktuell von sieben bis mehr als 17 Prozent. Der Durchschnitt liegt bei ungefähr zwölf Prozent. Besonders pikant: Der Dispozins steigt deutlich schneller als etwa die Sparzinsen, was das Beratungsunternehmen Barkow Consulting in einer Studie belegt hat. Während der durchschnittliche Tagesgeldzins um 1,38 Prozentpunkte stieg, waren es beim Dispo im Schnitt 3,62 Prozentpunkte mehr.
Diese drastischen Zinssteigerungen bekam Nicole B. (Name von der Redaktion geändert) deutlich zu spüren: Durch Kurzarbeit und Verlust Ihres Nebenjobs hatte sie von heute auf morgen plötzlich 1.000 Euro weniger auf dem Konto. Sie lebte mehr und mehr auf Pump. Doch das funktioniert eben nicht überall im Alltag. Zum Beispiel im Supermarkt. Hier könne sie eben nicht auf Rechnung kaufen, sondern müsse bar oder per Karte sofort bezahlen. Durch diese Zahlungen und auch die Miete sei sie ganz automatisch in den Dispo gerutscht, der in ihrem Fall bei 14 Prozent liegt.
Doch diese hohen Zinsen seien durchaus gerechtfertigt, sagt "Finanztip"-Redakteurin Lietzau, denn "mit dem Dispo gehen die Banken ein hohes Risiko ein, ihr Geld zurückzubekommen". Die Höhe des Dispos sei auch davon abhängig, was für Kunden die Bank hat. "Wenn eine Bank tendenziell eher schlechtere Kunden hat, dann wird auch der Dispo höher sein als bei einer anderen Bank sein."
Pünktliche Zahler sind schlechte Kreditkartenkunden
Trotz dieses Risikos ist das Leben auf Pump für viele Unternehmen ein lukratives Geschäftsmodell, wie das Beispiel Kreditkartenzinsen zeigt. Wenn ein Kunde sich etwa für eine Kreditkarte interessiert und die Voraussetzungen ideal scheinen, trügt das. Guter Verdienst, keine Schulden, keine Einträge bei der Schufa, das ist zwar absolut kreditwürdig, doch genau das macht Verbraucher zum unattraktiven Kunden für die Kreditkartenfirmen. Wer ein zu guter Kunde ist, ist eigentlich schlecht fürs Geschäft.
Denn nur wer die Karte regelmäßig einsetzt, erzeugt ausreichenden Umsatz. Wenn Kunden dann auch noch auf Funktionen wie Rahmenkredit und Ratenzahlfunktion, wohlgemerkt mit Zinsen von bis zu 24 Prozent, verzichten, flattert oft die Absage des Kreditkartenantrags ins Haus.
Die gute Nachricht zum Schluss: Die EU hat eine neue Verbraucherkreditrichtlinie verabschiedet. So soll es für jeden Einkauf mit Zahlungsaufschub und Ratenkredit zur Pflicht werden, die Zahlungsfähigkeit der Käufer zu prüfen. Heißt konkret: Wer durchfällt, kann am "Black Friday" in Zukunft nicht mehr grenzenlos auf Kredit einkaufen.