ifo-Studie Wie wird die Sozialversicherung demografiefest?
Wie können die Sozialversicherungssysteme Deutschlands zukunftssicher gemacht werden? Laut ifo-Studie wird eine Ausweitung der Beitragspflichten nicht ausreichen.
"Die Rente ist sicher", lautete der berühmte Satz eines ehemaligen Bundesarbeitsministers. Wie aber können die deutschen Sozialsysteme tatsächlich zukunftsfest gemacht werden?
Um dies herauszufinden, haben Experten des ifo-Instituts im Rahmen einer Studie folgende Frage formuliert: Wie viel Beitragsaufkommen und welche zusätzlichen Mittel lassen sich erzielen, wenn man die Bemessungsgrundlage erweitert und zusätzliche Einkommenskomponenten zur Finanzierung hinzuzieht?
Für die ifo-Experten kommen hierfür folgende Faktoren in Frage: "Nicht-Arbeitseinkommen wie Mieteinnahmen, Zinsen oder Dividenden, die bisher gar nicht zur Finanzierung der Sozialversicherung herangezogen werden", kurz: Bestandteile des Gesamteinkommens der Beitragszahler, die bei der Berechnung bislang keine Rolle spielten.
Ständig steigende Ausgaben
Die sozialen Sicherungssysteme würden in den kommenden Jahren erhebliche zusätzliche finanzielle Mittel benötigen, lautet die Grundannahme. Auch ressourcensparende Anpassungen seien vorzunehmen, heißt es dazu im Aufsatz der ifo-Autorinnen und -Autoren Anne Steuernagel und Marcel Thum. Der demografische Wandel setze die Renten- und Pflegeversicherung unter Druck. In der Gesetzlichen Krankenversicherung führe der technische Wandel zu stetig höheren Gesundheitsausgaben.
Bei der Verbreiterung der Bemessungsgrundlage stünden zusätzliche Einkommen der bereits sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Vordergrund, heißt es im Text. Eine Ausweitung des versicherten Personenkreises etwa auf Selbständige oder Beamte und Beamtinnen wurde danach nicht untersucht.
"Verschwindend geringe Mehreinnahmen"
Die beiden Experten kommen zu dem Ergebnis, dass eine Ausweitung der Beitragspflicht ungeeignet zur Finanzierung der Sozialversicherungssysteme sei: "Aktuell wird eine Ausweitung der Beitragspflicht auf alle Einkunftsarten diskutiert, also auch auf Zins-, Gewinn- und Mieteinnahmen. Die dadurch erzielbaren Mehreinnahmen wären jedoch verschwindend gering", fasst Joachim Ragnitz von der Niederlassung des ifo-Instituts in Dresden das Resultat zusammen.
Die Ergebnisse im Einzelnen: Bei der Gesetzlichen Rentenversicherung würden laut den Berechnungen der Ökonomen die Mehreinnahmen lediglich 5,6 Milliarden Euro ausmachen, bei Gesamtausgaben in Höhe von 341 Milliarden Euro.
Auch in der Gesetzlichen Krankenversicherung seien die erzielbaren Mehreinnahmen mit 5,3 Milliarden Euro angesichts der Gesamtausgaben von 275 Milliarden Euro zu vernachlässigen. Grund hierfür sei, dass sozialversicherungspflichtig Beschäftigte typischerweise nur geringe zusätzliche Einnahmen aufweisen.
"Demografiefest durch längere Lebensarbeitszeit"
"Höhere Einnahmen ließen sich erzielen, wenn auch die Beitragsbemessungsgrenze abgeschafft würde oder weitere Personengruppen in die Sozialversicherungspflicht einbezogen würden",sagt Ragnitz. Allerdings würden dann zumindest in der Rentenversicherung mittelfristig auch die Zahlungsansprüche steigen. "Ein Beitrag zur Erhöhung der Nachhaltigkeit der Rentenversicherung ist das also nicht."
Co-Autor Thum ergänzt: "Um die Sozialversicherungssysteme demografiefest zu machen, führt kein Weg an Anpassungen auf der Ausgabenseite vorbei. Dazu gehört in der Rentenversicherung auch eine längere Lebensarbeitszeit."