Schwankende Börsenkurse Deutscher Staatsfonds erleidet Milliardenverlust
Deutschland hat einen Staatsfonds: den Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung, Kenfo. Auch er litt zuletzt unter der Entwicklung an den Finanzmärkten. Die Folge: mehr als drei Milliarden Euro Wertverlust.
Der deutsche Staatsfonds musste im vergangenen Jahr einen Wertverlust von rund 3,1 Milliarden Euro hinnehmen. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Minus von 12,2 Prozent. Die bislang noch unveröffentlichte Jahresbilanz des Kenfo liegt Report Mainz vor. Demnach schrumpfte das Gesamtvermögen des Fonds zum Stichtag 31. Dezember 2022 auf 21,7 Milliarden Euro.
Der Kenfo wurde 2017 als Stiftung des öffentlichen Rechts gegründet. Das Stiftungsvermögen speist sich aus den rund 24 Milliarden Euro, die die Betreiber der Atomkraftwerke in Deutschland damals überwiesen hatten. Mit dem Geld will der deutsche Staat über mehrere Jahrzehnte hinweg die sichere Entsorgung der radioaktiven Abfälle finanzieren. Nach den Plänen von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) soll die Stiftung in Zukunft auch für die Verwaltung und Geldanlage der sogenannten Aktienrente zuständig sein.
Portfolio mit mehr als 9000 Einzelwerten
Seit seiner Gründung hat der Kenfo das Geld der Kraftwerksbetreiber in einem breit gestreuten Portfolio angelegt, in dem vor allem Staats- und Unternehmensanleihen, Aktien sowie geldmarktnahe Anlagen stecken. Laut eigener Darstellung besteht das Vermögen inzwischen aus mehr als 9000 Einzelwerten, der Kenfo investiert in mehr als 90 Länder weltweit.
Laut Jahresbilanz 2022 hat der Fonds bei Staatsanleihen von Industrienationen 16,5 Prozent an Wert verloren, bei Aktien und sogenannten REITs (also börsennotierten Immobilien-Investmentgesellschaften) liegt das Minus bei 15,7 Prozent. Zum Vergleich: Im DAX sanken die Kurse im vergangenen Jahr um 12,3 Prozent, der breiter gefasste MSCI World verlor 12,8 Prozent an Wert. Zumindest bei seinen Aktien-Investments hat der deutsche Staat damit etwas schlechter abgeschnitten.
Deutlich weniger Geld ausgezahlt
Im vergangenen Jahr hat der Kenfo 648 Millionen Euro an das Bundesumweltministerium ausgezahlt, das unter anderem für die nukleare Entsorgungssicherheit zuständig ist. 2021 waren es noch mehr als eine Milliarde Euro gewesen. Insgesamt hat der Staatsfonds seit Bestehen gut drei Milliarden Euro an das Ministerium überwiesen.
Laut Bilanz veräußerte der Kenfo 2022 erstmals in seiner Geschichte Anteile aus seinem Fondsvermögen. Genauso führte "die negative Entwicklung an den Finanzmärkten" dazu, dass die stillen Reserven deutlich abschmolzen, von rund 3,4 Milliarden Euro (Ende 2021) auf nur noch 51 Millionen Euro (Ende 2022).
Diskussion über Nachhaltigkeit des Staatsfonds
Positiv bewertet der Fonds in seiner Jahresbilanz die eigenen Anstrengungen, seine Anlagepolitik nachhaltiger als bislang auszurichten. Bis 2025 wolle man die CO2-Intensität des Aktien- und Unternehmensanleihe-Portfolios um 20 Prozent reduzieren. Der Kenfo geht davon aus, dass dieses Ziel erreicht wird.
In der Vergangenheit hatte der Staatsfonds mehrfach Kritik auf sich gezogen, weil sich unter den rund 9000 Einzelwerten auch Investments befinden, die als wenig klima- und umweltfreundlich gelten. So besaß der Kenfo Ende 2021 zum Beispiel Anteile an Ölkonzernen wie BP, Shell und auch an der russischen Lukoil. Genauso wurden 20 Millionen Euro in aserbaidschanische Staatsanleihen angelegt. Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew steht seit Jahren wegen Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen in der Kritik. Eine aktuellere Auflistung seines Portfolios hat der Kenfo bislang noch nicht veröffentlicht.