Börsen-Start-Up in der Kritik GameStop-Hype bremst Trade Republic aus
Für das vor zwei Jahren gestartete Börsenportal Trade Republic ging es bislang nur steil bergauf - bis zum GameStop-Flashmob vergangene Woche. Das Start-Up steht seither unter Beschuss.
Als sich das Börsen-Start-Up Trade Republic vor zwei Jahren ganz klassisch in einem Berliner Hinterhof gründete, war die Idee dahinter einfach: Kapitalmarktvorsorge in die Mitte der Gesellschaft zu transportieren - gebührenfrei. "Republik kommt von 'res publica', also 'die Sache des Volkes', und das ist, was wir wollen: den Handel zu einer Sache für alle machen", erklärt Gründer Christian Hecker gegenüber tagesschau.de.
Hecker hatte zuvor Philosophie studiert; das wirke offenbar noch bei ihm nach, gibt er zu. "Uns war klar, dass wir dafür eine Bank gründen mussten". Mit "Uns" meint er seinen heutigen Geschäftspartner Thomas Pischke, einen ehemaligen Physikstudenten.
Eine verwegene Idee bringt großen Erfolg
Der Plan klang kühn, doch inzwischen gelten sie nach eigenen Angaben als "einer der größten Broker Deutschlands mit mehreren Hunderttausend Kunden". Tatsächlich ist die App selbst für Laien leicht zu bedienen. Mit dem Download und einer persönlichen Identifikation können sehr einfach Aktien gekauft werden - für kleine Summen und ohne weitere komplizierte Zwischenschritte.
Hecker kommt ursprünglich aus München. Er ist leger gekleidet und würde so an der philosophischen Fakultäten auch heute nicht besonders auffallen. Dem Klischee eines knallharten Bankers widerspricht er nicht nur optisch, sondern weist es auch ansonsten von sich. Doch seit den Ereignissen der vergangenen Woche steckt er in Erklärungsnot.
Die Drei hinter Trade Republic: Thomas Pischke, Marco Cancellieri und Christian Hecker. Das Image des Start-Up hat nach einem kometenhaften Aufstieg Kratzer bekommen.
GameStop-Hype bringt Rekordzugriffe
Es begann am Mittwoch. Der Tag sei einer der besten gewesen, die Trade Republic in seiner kurzen Geschichte erlebt habe, sagt Hecker: "Wir haben doppelt so viele Trades gemacht wie jemals zuvor." Es sei eine beeindruckende Zahl gewesen: Mehrere Tausend Order gingen ein - pro Minute. "Die Intensität war beispiellos. Das hat es in der Kapitalmarktgeschichte noch nie gegeben", so Hecker. Im Fokus der Anleger: Aktien des Spielehändlers GameStop.
Die positive Handelsbilanz von Mittwoch schien sich auch am Donnerstag zu wiederholen. Die Kleinanleger, die sich über das Internet-Portal "Reddit" zum Kauf der Aktie verabredet hatten, trieben das Handelsaufkommen noch einmal enorm nach oben. Ihr Plan war es vor allem, Hedgefonds, die auf den Kursfall der GameStop-Aktie gesetzt hatten, in die Parade zu fahren. Zunächst mit Erfolg.
Doch dann brach der Börsenpartner von Trade Republic - schicksalhafter Name: Lang und Schwarz - sogar unter der Last der Transaktionen zusammen. Und in der Tat sollte es noch ein sehr langer und durchaus auch schwarzer Tag für die Jungunternehmer werden. "Wir sind dann auf einen anderen Handelsplatz ausgewichen", so Hecker. Doch auch hier habe die Masse an Anfragen technisch nicht mehr bewältigt werden können.
Ein böser Verdacht stand im Raum
Hecker und sein Team hätten in einer schwierigen Situation gesteckt. Es sei ihnen nicht leicht gefallen, beteuert er. Sie hätten sich dazu entschieden, das System zu entlasten und keine Kauforder mehr für die GameStop-Aktie anzunehmen. "Uns war klar, dass das nicht gut ankommen wird", sagt Hecker im Nachhinein.
Der Ärger der meist kleinen Anleger war groß. Es habe eine Flut an Protest-Mails gegeben. Auch im Netz riefen Nutzer sogar dazu auf, vor dem Firmensitz in Berlin Mitte zu protestieren. Doch das Team von Trade Republic stellt klar: Der Verdacht vieler Nutzer, das Portal habe Hedgefonds, die auf GameStop-Leerverkäufe gewettet hätten, schützen wollen, sei absolut falsch. "Wir haben überhaupt nichts mit Hedgefonds zu tun", sagt Hecker. Es gebe weder Geschäftsbeziehungen mit solchen Fonds, noch seien diese an Trade Republic in irgendeiner Form beteiligt.
Zweifelhafte Bevormundung?
Ihnen sei wichtig zu betonen, dass die Entscheidung zum Handelsstop nicht von sachfremden Interessen geleitet gewesen sei, sagt Hecker. "Sie haben in diesen Foren mehrere Tausend Junganleger, die diese hoch riskante GameStop-Aktie halten. Kein Mensch konnte voraussagen, wie sich die Kurse am Donnerstagabend entwickeln." Es habe das Risiko bestanden, dass die Kunden nach einem neuerlichen Systemausfall ihre Aktien nicht mehr hätten verkaufen und damit Geld verlieren können. Man habe das verhindern wollen, betont Hecker. Dass dass als Bevormundung der Anleger wahrgenommen werde, daran trage man aber durchaus eine Mitschuld.
"Unsere Kundenkommunikation ist auf jeden Fall ausbaufähig und war hier sicherlich nicht optimal", räumt Hecker ein. Doch die Entscheidung sei unausweichlich gewesen. "Wir nehmen unsere Community sehr ernst". Mit einer weiteren Mail hat sich Trade Republic daher noch einmal an seine Nutzer gewendet, um ihre Entscheidung besser zu erklären. Den Machern der App ist klar, dass GameStop kein Einzelereignis bleiben wird. "Wir investieren gerade massiv in die Anpassung unserer Systeme und sind gewappnet für solche Anstürme". Man habe aus der vergangenen Woche gelernt. Auch Kleinanleger haben gemeinsam viel Kraft und können - ähnlich wie Aktienkurse - unberechenbar sein.