Irland stimmt über EU-Fiskalpakt ab Die europäische Angst vor dem irischen No
Die Iren haben begonnen, über den Fiskalpakt abzustimmen. Sollte Irland nein sagen, wäre der Pakt zwar nicht gescheitert - es reicht, wenn zwölf Länder den Vertrag für mehr Schuldendisziplin verabschieden. Für die Eurozone wäre es trotzdem eine empfindliche Niederlage.
Von Wolfgang Landmesser, WDR-Hörfunkstudio Brüssel
Sagt Irland Nein? Dann wäre Irland das erste Euroland, das den Fiskalpakt ablehnt. Mit einem solchen Ergebnis will sich Richard Bruton eigentlich gar nicht auseinandersetzen. Gegen eine Niederlage will er bis zum Schluss kämpfen, sagte der irische Wirtschaftsminister am Vorabend des Referendums in Brüssel.
Sollten die irischen Wähler die neuen europäischen Regeln zum Schuldenabbau zurückweisen, würde sein Land abseits stehen, befürchtet Bruton. Dabei wolle Irland doch im Herzen der Eurozone bleiben - mit einem Ja zum Fiskalpakt.
Aber auch für die Eurozone insgesamt wäre ein irisches Nein ein klarer Rückschlag. Als Zeichen der Geschlossenheit wertete Bundeskanzlerin Angela Merkel den Vertragsabschluss nach dem EU-Gipfel Anfang März: "Ich glaube, dass es gelungen ist, diesen wesentlichen Schritt zu einer Stabilitätsunion und zu Elementen einer politischen Union in sehr kurzer Frist zu gehen. Das zeigt die Verpflichtung, der sich alle untergeordnet haben, jetzt die richtigen Lehren aus der Krise zu ziehen."
Verhandlungen in Deutschland noch nicht abgeschlossen
Die Staats- und Regierungschefs unterschrieben den Vertrag für nationale Schuldenbremsen und sollen die neuen Vorschriften jetzt in ihren Gesetzen verankern. Großbritannien und Tschechien waren von Anfang an nicht dabei. In den anderen Ländern müssen die Parlamente zustimmen - und in Irland gibt es die Volksabstimmung.
Ausgerechnet Griechenland hat den Fiskalpakt als erstes Land zu Hause absegnen lassen, es folgten die Euroländer Zypern, Slowenien und Portugal. In Italien, den Niederlanden und auch Deutschland ziehen sich die Verhandlungen noch hin.
Und in Frankreich haben sich mit der Präsidentschaftswahl die Vorzeichen geändert. Francois Hollande hatte im Wahlkampf angekündigt, den Vertrag neu zu verhandeln und den Schwerpunkt auf das Wirtschaftswachstum zu legen. Zu einseitig sei die Eurozone auf Sparen und Schuldenabbau geeicht. Dagegen seien Wachstumsimpulse bisher viel zu kurz gekommen, sagte der neue französische Präsident vergangene Woche nach seinem ersten EU-Gipfel. Nur durch mehr staatliche Investitionen würden die Länder wieder zu höheren Wachstumsraten kommen.
Eine Neuverhandlung des Fiskalpakts lehnen andere Euroländer vehement ab, vor allem Deutschland. Das würde das Vertrauen in die Reformkräfte des Euroraums nachhaltig schwächen. Zusätzlicher Druck der Finanzmärkte wäre die Folge. So wird wohl auch Francois Hollande auf die Vertragslinie einschwenken. Parallel dazu will der EU-Gipfel Ende Juni einen Plan für mehr Wachstum beschließen.
Keine Finanzspritzen mehr für Irland?
Bei einem möglichen Nein im Referendum befürchtet auch die irische Regierung einen empfindlichen Rückschlag. Seit eineinhalb Jahren bekommt Irland Milliardenhilfen vom Internationalen Währungsfonds und den anderen Euroländern. Um die Auflagen der internationalen Geldgeber zu erfüllen, muss Irland schon jetzt massiv sparen.
Zusätzliche Einschnitte wären bei einem negativen Ergebnis nicht zu vermeiden, meint Wirtschaftsminister Bruton: "Das würde kurzfristig ganz klar bedeuten, dass wir unseren Haushaltsplan für das kommende Jahr überarbeiten müssten. Wir müssten noch strenger sparen. Die Zinsen für irische Staatsanleihen würden steigen, und damit unsere Finanzierungskosten höher, wenn wir es schaffen, an die Finanzmärkte zurückzukehren."
Das Land hätte außerdem keinen Anspruch mehr auf weitere europäische Finanzspritzen. Der Fiskalpakt schreibt nämlich auch fest: Nur wer die strengen Schuldenregeln einführt, darf um Hilfen aus dem Europäischen Rettungsfonds bitten.