Verhandlungen mit EU und Kiew abgesagt Russland hat keine Zeit für Gasgespräche
Seit Juni erhält die Ukraine keine Gas-Lieferungen mehr aus Russland. Nun klagen auch EU-Länder darüber, dass plötzlich weniger russisches Gas durch die Pipelines fließt. Darüber wollten Moskau, Kiew und die EU nächste Woche sprechen. Doch nun sagte Russland ab.
Eigentlich sollten Russland und die Ukraine nach dem Willen der EU am kommenden Samstag versuchen, ihren Streit um Gaslieferungen beizulegen. Doch daraus wird vorerst nichts - Moskau sagte ab. Das Land habe der EU-Kommission mitgeteilt, dass der 20. September nicht in den Terminplan passe, sagte eine Sprecherin von EU-Energiekommissar Günther Oettinger in Brüssel. Man werde nun nach einem neuen Datum suchen. Die EU-Kommission hatte den russischen und ukrainischen Energieminister zu den Dreiergesprächen nach Berlin eingeladen.
Russland liefert seit Mitte Juni kein Gas mehr an die Ukraine. Zuvor hatte Kiew sich geweigert, höhere Preise zu akzeptieren. Die EU versucht, in dem Konflikt zu vermitteln. Ende vergangener Woche hatte sie ihrerseits jedoch die Sanktionen gegen Russland wegen der Ukraine-Krise verschärft. Die Moskauer Regierung drohte mit Gegensanktionen. Unter anderem war von einer Beschränkung der Überflugrechte für westliche Fluggesellschaften und für die Einfuhr von Gebrauchtwagen die Rede. Einige EU-Länder befürchten aber, dass Russland auch seine Gaslieferungen an weitere EU-Länder einschränken könnte.
Offenbar kommt in der EU bereits weniger Gas aus Russland an
Hierzu scheint zu passen, dass nach eigener Aussage mehrere Länder weniger Gas aus Russland erhielten als üblich. So klagte der slowakische Energieimporteur SPP, er habe den sechsten Tag in Folge rund zehn Prozent weniger Gas aus Russland bekommen als benötigt. Auch Polens Pipeline-Betreiber Gaz-System erklärte, das Land habe am Sonntag vom russischen Energiekonzern Gazprom weniger Gas erhalten als vom staatlich kontrollierten Importeur PGNiG nachgefragt. "Die erhöhten Bedarfsanforderungen von PGNiG sind noch nicht erfüllt worden", sagte eine Sprecherin von Gaz-System.
Rumäniens Energieminister Razvan Nicolescu erklärte, Gazprom habe angekündigt, seine täglichen Gaslieferungen an das Land ab Dienstag für eine Sechs-Tages-Periode um zehn Prozent zu kürzen. Gleichfalls geringere Gaslieferungen aus Moskau beklagte Österreich. "Wir bekommen nach wie vor rund 15 Prozent weniger als bestellt", sagte ein Sprecher des Energiekonzerns OMV.
"Kein Grund zur Sorge", sagen EU und die Bundesregierung
Unklar ist jedoch, ob dies tatsächlich außerhalb der Norm liegt. Österreich teilte mit, die geringeren Mengen lägen innerhalb der üblichen Schwankungsbreiten. Ähnlich äußerte sich der deutsch-russische Gashändler Wingas. "Auch bei uns kamen in den letzten Tagen geringere Mengen an, wie offenbar auch bei anderen Importeuren wie zum Beispiel E.ON ", sagte Wingas-Vertriebschef Ludwig Möhring. Das sei aber auch in den vergangenen Jahren in den Sommermonaten der Fall gewesen. Es sei nicht ungewöhnlich, wenn vor dem anstehenden Winter noch Wartungsarbeiten durchgeführt würden.
Die EU-Kommission bemühte sich ebenfalls darum, die Lage zu beruhigen. Nach einigen Schwankungen in der Versorgung "haben wir wieder normale Gasströme", sagte die Sprecherin von Oettinger in Brüssel. "Die Mengen der Gaslieferungen aus Russland, Weißrussland und der Ukraine waren über das Wochenende stabil." Und auch eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums sagte, die Gasflüsse aus Russland bewegten sich "innerhalb der üblichen Bandbreite". Etwaige Schwankungen könnten gut ausgeglichen werden. "Es besteht kein Anhaltspunkt zur Besorgnis."
Doch trotzdem will Deutschland besser vorsorgen
Dennoch will die Regierung bessere Vorsorgemöglichkeiten in Deutschland prüfen. "Es gibt verschiedene Optionen, um langfristig für ausreichende Füllstände in den Speichern zu sorgen", so die Sprecherin weiter. Das Wirtschaftsministerium habe dazu eine Studie in Auftrag gegeben. Deutschland deckt über ein Drittel seines Gasbedarfs aus Russland. Da die deutschen Gasspeicher zu knapp 92 Prozent randvoll sind, könnte die Bundesrepublik einen möglichen Lieferstopp voraussichtlich bis zum Frühjahr überbrücken.