Verhandlungen über Opel-Rettung Die Entscheidung liegt bei Detroit und Washington
Wegen der Beratungen über die Zukunft von Opel schaut momentan alles auf Berlin. Doch die eigentliche Entscheidung wird woanders getroffen: Das letzte Wort liegt in den USA. Und dort sieht man sich die Bewerber für eine mögliche Übernahme genau an.
Von Ralph Sina, WDR-Hörfunkstudio Washington
Er prüfe die Angebote der Opel-Interessenten mit der Lupe und Präzision eines Uhrmacher, pflegt Boss Fritz Henderson, Chef von General Motors (GM), zu sagen: Alles wird in seine Einzelteile zerlegt, dann kommt der Blick aufs GM-Ganze.
Unter der Lupe des GM-Bosses schneidet Fiat derzeit am schlechtesten ab. Henderson kann sich noch gut an die fünfjährige Kooperation mit dem italienischen Autobauer erinnern. Die Fiat-Manager hätten viel Technologie versprochen, wenig geliefert und am Ende von GM noch zwei Milliarden Dollar Abfindung kassiert, heißt es in der Detroiter Konzernzentrale. Zudem sei Fiat nach der Übernahme von Chrysler ein Konkurrent auf dem amerikanischen Markt, den man nicht noch durch eine Opel-Übernahme stärken wolle. Außerdem will Fiat sich an GM Europe nur beteiligen, wenn es das profitable Lateinamerika-Geschäft noch im Paket dazu bekommt.
Das letzte Wort hat Washington
"Das ist im Moment wirklich eine sehr harte Phase", sagt GM-Boss Henderson, der Fiat nicht will, aber genau weiß, dass der Fiat-Chef sehr gute Drähte zu Obamas Team hat. Alle GM-Entscheidungen fallen letztlich im Weißen Haus und nicht in Detroit. Schon spotten die Republikaner, GM bedeute mittlerweile "General Government".
Fiat ist also trotz aller Detroit-Bedenken nicht chancenlos, auch wenn GM-Boss Henderson eindeutig den kanadisch-österreichischen Autozulieferer Magna bevorzugt. Der gilt als exzellenter Autoentwickler und sitzt in dem Land, das für die GM-Zukunft eine zentrale Rolle spielt: Ohne Kanada und die Milliardenhilfen der kanadischen Regierung gibt es kein runderneuertes General Motors.
Ripplewood will Opel bei GM belassen
Auch der dritte Opel-Interessent im Bunde, der amerikanische Finanzinvestor Ripplewood, ist für den GM-Boss nicht ohne Reiz, denn die Investmentgesellschaft will den Europa-Zweig von General Motors im GM-Verbund belassen. Und das ist aus Sicht für Henderson eine wichtige Zukunftssicherung für die Zeit nach dem Konkurs: "Wir haben bereits ein Spezialistenteam für ein schnelles Insolvenzverfahren", sagte der GM-Boss dem US-Nachrichtensender CNN. Voraussichtlich Ende nächster Woche will Henderson nach US-Medienberichten den Konkurs der Opel-Mutter bekannt geben.
Ist die Pleite in einem Monat Geschichte?
Das Wall Street Journal berichtet, Henderson wolle das imageschädliche Insolvenzverfahren in der Rekordzeit von einem Monat hinter sich bringen. "Ja, so könnte es laufen", sagt der GM-Chef. Mit den Gewerkschaften hat er sich bereits auf Milliardeneinsparungen geeinigt. Voraussichtlich 20.000 der insgesamt 60.000 US-Arbeiter werden ihren Job verlieren. Die Opel-Mutter wird nicht nur drastisch verkleinert, sondern auch zweigeteilt. Der unprofitable Unternehmenszweig wird zur Not jahrelang einem Konkursverwalter überlassen und das so genannte "gute GM" mit Hilfe von zusätzlichen 30 Milliarden Dollar Nothilfe aus Washington blitzschnell runderneuert, so der Stand der Planung.
Die Insolvenz als bessere Form der Sanierung
"Die Krise sei eine Chance, den Konzern ein für allemal neu zu strukturieren", betont Henderson. Sein Konzept, den privaten GM-Geldgebern als Ausgleich für ihre Milliardenkredite GM-Aktienpakete anzubieten ist gescheitert: Weil man sich auf den Deal "Aktien gegen Schulden" nicht habe einigen können, sei der Konkurs wohl unvermeidlich, gibt der Henderson zu. Die Hedge-Fonds-Manager reiben sich schon jetzt die Hände. Die Insolvenz wird ihnen nach amerikanischer Rechtslage viel Geld in die Kassen spülen - viel mehr als jede außergerichtliche Sanierung.