US-Senat nimmt Bank-Manager in die Mangel "Ihnen ging es gut, als ihre Kunden Geld verloren"
Die US-Investmentbank Goldman Sachs steht für ihr Verhalten in der Finanzkrise am Pranger. Senatoren nahmen mehr als zehn Stunden lang den Führungszirkel des Wall-Street-Hauses in die Mangel. Als Letzter musste sich Bankchef Blankfein selbst vor dem Ausschuss verantworten.
Von Klaus Kastan, BR-Hörfunkstudio Washington
Es war ein seltsames Schauspiel, das da gestern im US-Kongress stattgefunden hat: Da saßen sieben Goldman-Sachs-Manager vor dem Senatsausschuss, und man hatte fast den Eindruck, hier seien die Opfer der weltweiten Finanzkrise versammelt. Zum Beispiel Michael Swenson, einen der Top-Mitarbeiter des Bankhauses. Er glaube nicht, dass man zum Zeitpunkt, als die Entscheidungen getroffen wurden, irgendetwas falsch gemacht habe, sagte Swenson den überraschten Senatoren. Es war der selbe Michael Swenson, der, als der amerikanische Immobilienmarkt im Jahr 2007 gerade dabei war, zusammenzubrechen, in einer E-Mail an einen Kollegen schrieb: "Es scheint so, dass wir richtig Geld machen!"
"Kunden als Objekte angesehen"
Nur zu dumm für die Goldman-Sachs-Manager, dass am vergangenen Wochenende Auszüge ihres elektronischen Schriftverkehrs bekannt wurden. Die Mitglieder des Senatsausschusses waren gestern nach der Anhörung überzeugt davon: Goldman Sachs hat nicht nur Geld mit der Immobilienkrise verdient, sondern auch Finanzpapiere verkauft, die ihr Geld nicht wert waren. Der Vorsitzende des Senatsausschusses, Carl Levin, sagte Richtung Bank-Manager: "Goldmans Handeln zeigt, dass sie oft ihre Auftraggeber nicht als wichtige Kunden angesehen haben, sondern als Objekte für ihre eigenen Gewinne. Goldman Sachs ging es gut, als ihre Kunden Geld verloren haben."
Einer der Kunden war die Deutsche Mittelstandsbank IKB. Sie hat bei Goldman Sachs hohe Summen in die Schuldverschreibung Abacus investiert – und hoch verloren, nach Expertenangaben rund 150 Millionen Euro.
Was wusste der Händler?
Die amerikanische Börsenaufsicht SEC ist überzeugt davon, dass der Goldman-Sachs-Händler Fabrice Tourre beim Verkauf des Papieres wusste, dass es sich dabei um eine Luftnummer gehandelt habe. In einer E-Mail schrieb er über Abacus: "Das ist ein Ding, das absolut für nichts gut ist." Tourre hatte dieses Finazprodukt gemeinsam mit dem Hedgefonds-Händler Paulson entwickelt. Paulson selbst wettete große Summen auf einen Wertverlust des Papiers. Die Anleger von Abacus verloren schließlich alles, Paulson gewann Millionen. Die SEC und viele Senatoren unterstellen Tourre jetzt betrügerische Absichten.
Der Wertpapier-Händler selbst wehrte sich gestern gegen die Vorwürfe: Er weise die Anschuldigungen der SEC kategorisch zurück und werde sich selbst vor Gericht gegen die Klage zur Wehr setzen. Warum er besagte E-Mail geschrieben habe, wurde Tourre gefragt. Seine Antwort: Er bedaure, dass er dies so formuliert habe.
Goldman-Sachs-Chef weist Anschuldigungen zurück
Auch Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein bestritt gestern Abend alle Vorwürfe, man habe Kunden getäuscht. Je länger die Anhörung dauerte, desto entsetzter waren die Ausschussmitglieder über die Uneinsichtigkeit der Goldman-Sachs-Manager. "Die denken doch, dass das alles so kompliziert ist und dass sie so gescheit sind. Ich will Ihnen eins sagen: Kein kleiner Straßenspieler würde bei Leuten Wetten abschließen, die solche Geschäftspraktiken haben wie Sie", schimpfte die Senatorin Claire McCaskill.
Im Laufe der Anhörung wurden die Bank-Mitarbeiter immer verunsicherter. So wollte ein Senator von dem Manager Daniel Sparks wissen, ob er glaube, dass Banken wie Goldman Sachs mit schuld an der Finanzkrise 2008 seien. Nein, sagte er. Über so eine Frage hat der frühere Chef der Hypothekenabteilung von Goldman Sachs noch nicht nachgedacht.