Ratingagenturen mit Negativbewertung Griechenland unter Zeitdruck
Die neue griechische Regierung um Alexis Tsipras gerät unter Zeitdruck. Ratingagenturen bewerten die Aussichten für das Land zunehmend negativ. Eurogruppen-Chef Dijsselbloem lehnt einen weiteren Aufschub ab, Deutschland verlangt konkrete Vorschläge.
Angesichts der andauernden Unsicherheiten im Schuldenstreit zwischen Griechenland und den anderen Euro-Staaten wächst der Druck der Ratingagenturen auf die Regierung in Athen. Die US-Agentur Standard & Poor's (S & P) senkte die Bonitätsnote Griechenlands am Freitagabend auf "B-" von zuvor "B". Auch die Agentur Moody's drohte mit einer Herabstufung.
Als Grund gab S & P Liquiditätsengpässe griechischer Banken an. Zudem könnten längere Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern die Finanzstabilität gefährden. Es drohten Geldabflüsse und im schlimmsten Falle Kapitalverkehrskontrollen und ein Austritt aus der Währungsunion.
Die Ratingagentur Moody's teilte mit, die Hauptursache für die Prüfung einer Herabstufung sei das hohe Maß an Ungewissheit über das Ergebnis der Verhandlungen zwischen Griechenland und seinen Kreditgebern. Als Reaktion auf die Entscheidung gab der Euro weiter nach und kostete 1,1312 Dollar.
Die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras lehnt zahlreiche Reformen ab, die Griechenland als Gegenleistung für Milliardenkredite von den Euro-Partnern und dem Internationalen Währungsfonds vereinbart hatte. Der Staat steht bei seinen Geldgebern mit rund 240 Milliarden Euro in der Kreide. Mit der Herabstufung dürfte die Rückkehr an den Kapitalmarkt in weitere Ferne rücken.
Aufschub für Griechenland abgelehnt
Zeitdruck wird aber auch von anderer Seite ausgeübt: Die Bundesregierung pocht darauf, dass die griechische Regierung bis zur Sondersitzung der Euro-Finanzminister kommenden Mittwoch konkrete Vorschläge zur Lösung der Schuldenkrise vorlegt. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums sagte, bisher sei völlig offen, wie es nach dem Ende des laufenden Hilfsprogramms Ende Februar weitergeht.
Bei dem Finanzministertreffen soll der informelle EU-Gipfel vorbereitet werden, der am Donnerstag stattfindet. Es stehen äußerst schwierige Verhandlungen bevor, denn die griechische Regierung hatte das laufende Programm faktisch für beendet erklärt. Die mit EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) vereinbarten Auflagen lehnt sie größtenteils ab.
Dijsselbloem lehnt Überbrückungskredite ab
Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem macht nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters einen Aufschub davon abhängig, ob Reformen verabschiedet werden. Länder, die gegen die Stabilitätskriterien der Euro-Zone verstießen, sollten nur dann mehr Zeit eingeräumt bekommen, wenn sie im Gegenzug in ihren Parlamenten Reformen verabschiedeten, sagte der niederländische Finanzminister in einem Interview. Dijsselbloems Äußerungen könnten die Finanzminister der Euro-Zone auf Konfrontationskurs mit der EU-Kommission bringen. Diese hatte zuletzt erklärt, dass eingehende Reformpläne der einzelnen Regierungen ausreichend seien. Zudem schloss er eine Übergangsfinanzierung aus: "Wir vergeben keine Überbrückungskredite", sagte Dijsselbloom laut der US-Nachrichtenagentur Bloomberg.
Griechenland wiederum beharrt auf seiner Forderung nach einer Überbrückungsfinanzierung. Die Regierung werde darauf bestehen, erst Finanzzusagen zu erreichen, bevor sie neue Vereinbarungen mit den Geldgebern schließe, hieß es aus griechischen Regierungskreisen. Athen verlangt demnach unter anderem die Zahlung von 1,9 Milliarden Euro, die die Zentralbanken der Eurozone mit dem Handel griechischer Staatsanleihen einnahmen. Ein solches Übergangsprogramm erlaube es allen Seiten, "ohne Druck und Erpressung zu verhandeln", sagte ein Vertreter der neuen Regierung. Nach der Einigung auf eine Übergangsfinanzierung werde Griechenland seine "endgültigen Vorschläge" auf den Tisch legen.