Am Tag vor der Abstimmung Wachsender Widerstand in Athen
Nach der Einigung in Brüssel steht der griechische Regierungschef Tsipras nun vor massiven Problemen im eigenen Land. Dutzende Abgeordnete seiner Syriza-Partei und des Koalitionspartners wollen dem Reformkompromiss nicht zustimmen. Die Staatsbediensteten planen einen 24-Stunden-Streik - und dann gibt es da noch die nicht gezahlte IWF-Rate.
Den Griechen steht der nächste schwere Tag bevor. Zum einen ist da die Last, gegenüber dem Internationalen Währungsfonds (IWF) noch tiefer in Zahlungsverzug geraten zu sein, denn die nächste fällige Kreditrate von 456 Millionen Euro wurde bis Montag 24 Uhr nicht beglichen. Der Zahlungsrückstand summiert sich laut IWF nun auf rund 2,0 Milliarden Euro.
Zum anderen muss der in Brüssel erzielte Reformkompromiss jetzt im Eiltempo durch das Parlament in Athen gebracht werden. Doch wie die Abstimmung dort morgen ausgehen wird, ist ungewiss, denn der Rückhalt für Ministerpräsident Alexis Tsipras ist gefährdet. Eine eigene Mehrheit wird immer unwahrscheinlicher, angesichts der Äußerungen mehrerer Syriza-Abgeordneter, die erwägen, die Vereinbarung abzulehnen.
Auch der rechte Juniorpartner der Regierungskoalition mit 13 Abgeordneten im Parlament sprach sich dagegen aus. "Wir können dem Vorschlag aus Brüssel nicht zustimmen", erklärte der Vorsitzende der rechtspopulistischen Anel-Partei, Panos Kammenos. Die griechische Regierung sei von den Euro-Partnern erpresst worden, erklärte Kammenos, der auch Verteidigungsminister ist: "Es war ein Putsch seitens Deutschlands, Finnlands, der Niederlanden und Staaten des Baltikums."
Tsipras will wohl Kabinett umbilden
Griechische Medien berichteten, dass Tsipras als Reaktion eine Kabinettsumbildung plant. Zu den Ressortchefs, die gehen sollten, zählen demnach Energieminister Panagiotis Lafazanis und der Minister für Soziales, Dimitris Stratoulis. Sie gelten als die Anführer des linken Flügels von Syriza und sollen eine große Gruppe von bis zu 40 Abgeordneten hinter sich haben.
Syriza hat insgesamt 149 Sitze im Parlament in Athen. Der stellvertretende Außenminister, Nikos Chountis, trat bereits aus Protest gegen die Abstimmung über die Sparauflagen zurück.
Rückenwind bekommt Tsipras dagegen von der Opposition. Die Vorsitzenden der Parteien Nea Dimokratia und der liberalen Partei Potami wollen die Regierung von Tsipras dabei unterstützen, die zugesagten Sparvorhaben durch das Parlament zu bringen. Sollten die eigenen Abgeordneten Tsipras die Gefolgschaft verweigern und die Opposition ihn unterstützen, stünde Tsipras de facto einer Minderheitsregierung vor.
Protestkundgebungen und Streik
Parallel zur Parlamentsentscheidung am Mittwoch wollen die griechischen Staatsbediensteten in einen 24-stündigen Streik treten. Die Gewerkschaft Adedy rief dazu auf - und zum Protest am Montagabend auf dem Syntagma-Platz. Nach Angaben der Polizei versammelten sich dort etwa 700 Demonstranten, die auf Spruchbändern forderten: "Streichung der Austerität, Erlass der Schulden" sowie ein "Nein zur neuen Einigung". Ein paar Demonstranten verbrannten eine Fahne der Regierungspartei Syriza, wie eine AFP-Fotografin berichtete.
Angesichts der Krise bleiben die griechischen Banken mindestens bis einschließlich Mittwoch geschlossen. Die EZB will mit neuen Notkrediten offenbar warten, bis die Abgeordneten die Reformen beschlossen haben. Die geltenden Kapitalverkehrskontrollen waren Anfang voriger Woche in Kraft getreten. Pro Tag können die Griechen auch weiterhin höchstens 60 Euro von ihren Konten abheben. Überweisungen ins Ausland sind nur nach einer Genehmigung der Zentralbank und des Finanzministeriums möglich.