FDP attackiert Union wegen Griechenlandhilfe "Honigtopf in die Mitte des Tisches gestellt"
Die FDP wirft der Union schwere Fehler beim Schnüren des Hilfspakets für Griechenland vor. Finanzminister Schäuble habe "den Honigtopf von Anfang an in die Mitte des Tisches" gestellt, sagte FDP-Finanzexperte Solms. Richtig wäre gewesen, kein Hilfsangebot zu machen. Ähnlich äußerte sich FDP-Chef Westerwelle.
Der Finanzexperte der FDP, Hermann Otto Solms, hat scharfe Kritik an Finanzminister Wolfgang Schäuble geübt: "Es war falsch, den Honigtopf von Anfang an in die Mitte des Tisches zu stellen. Das war das Signal an die Griechen, dass sie nur zugreifen müssen." Es wäre richtig gewesen, kein Hilfsangebot zu machen und Griechenland nur an den Internationalen Währungsfonds zu verweisen, sagte er der "Passauer Neuen Presse". "Hier hat Herr Schäuble einen Fehler gemacht", unterstrich Solms.
Zwar schließe die FDP Finanzhilfen nicht grundsätzlich aus, jedoch dürfe die Entscheidung "nicht überstürzt werden", sagte Solms. "Wir werden nicht jede Lösung akzeptieren."
Das Geld im Schaufenster
FDP-Chef Guido Westerwelle zufolge könnte Deutschland Griechenland die Hilfe noch verweigern. "Die Bundesregierung hat noch nicht entschieden. Das heißt, dass eine Entscheidung auch in verschiedene Richtungen ausfallen kann", sagte er am Rande eines Treffens der EU-Außenminister in Luxemburg. Westerwelle warnte davor, "das Geld zu früh ins Schaufenster" zu legen.
Union verteidigt Hilfen für Athen
Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte für den Nachmittag eine Stellungnahme zum weiteren Umgang mit dem Hilfsantrag Griechenlands an. Der Fraktionschef der Union im Bundestag, Volker Kauder, verteidigte Hilfen für Athen am Morgen grundsätzlich. Im ARD-Morgenmagazin forderte er von Griechenland aber weitere Sparanstrengungen, bevor Deutschland Hilfen für das hoch verschuldete Land freigibt. "Wir werden helfen müssen, aber die Bedingungen sind noch nicht erfüllt", sagte Kauder im ARD-Morgenmagazin. Vor einer Entscheidung müsse "konkret geprüft werden, dass Griechenland auch die Sparbemühungen voranbringt", betonte er.
Unionsfraktions-Vize Michael Fuchs knüpfte die Griechenlandhilfe ebenfalls an Bedingungen. "Sie müssen uns nachvollziehbar sämtliche Maßnahmen benennen, mit denen sie das Staatsdefizit senken wollen", sagte Fuchs der "Süddeutschen Zeitung" mit Blick auf die schwere Finanzkrise Athens. "Dazu gehört unter anderem, die Steuern zu erhöhen, die Lebensarbeitszeit zu verlängern und die Rentenansprüche zu senken", sagte Fuchs.
SPD für schnelle Gesetzesvorlage
Die SPD fordert indes eine schnelle Gesetzesvorlage für Hilfe für Griechenland. Dies erleichtere es, "auch in der Öffentlichkeit transparent machen, welches die Alternativen sind", sagte die Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Bundestag, Petra Merkel, im ARD-Morgenmagazin. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte, ihre Partei knüpfe die Zustimmung an klare Bedingungen, wozu auch die Beteiligung der Banken an einen abzusehenden Schuldenerlass gehöre.
Künast: Bundestag an Entscheidung beteiligen
Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast sagte, Schäuble müsse erklären, wie er sich das Verfahren vorstelle. Grundsätzlich hätten die Grünen aber eine "positive Grundhaltung" zu möglichen Hilfen. Zugleich zeige die Krise Griechenlands, dass die Kontrollen in Europa nicht ausreichend sind. Künast forderte, dass die Entscheidung über Hilfen nicht wie beim Bankenrettungspaket in Hinterzimmern getroffen werde, sondern im Rahmen eines parlamentarischen Verfahrens. Zudem müsse Schäuble sagen, wer bei einem möglichen Forderungsausfall zahle.
Treffen der Fraktionsspitzen
Schäuble trifft sich heute mit den Fraktionsspitzen, um über die vorgesehene deutsche Hilfe von 8,4 Milliarden Euro für Griechenland zu beraten. SPD und Grüne fordern eine Beteiligung der Banken an den Rettungskosten. Auch in der Union gibt es große Bedenken bei der möglichen Milliardenhilfe. Es wird befürchtet, das Athen auch über das Jahr 2010 hinaus weitere Notkredite braucht.
Hilferuf aus Athen
Griechenland hatte die Staaten der Euro-Zone am Freitag um Milliardenhilfen gebeten. Ein zuvor vereinbarter Hilfsmechanismus sieht vor, dass das Land bis zu 30 Milliarden Euro Notkredite von den Euro-Ländern erhält. Deutschland würde dazu bis zu 8,4 Milliarden Euro beitragen. Weitere bis zu 15 Milliarden Euro könnten vom Internationalen Währungsfonds (IWF) kommen.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) wurde 1944 in Bretton Woods (USA) gegründet. Er überwacht weltweit die Finanzsysteme, um bei Zahlungsbilanzproblemen von Regierungen oder drohendem Staatsbankrott einzugreifen. Seine Kredite sind oft an Auflagen geknüpft: So fordert der IWF häufig die Sanierung der Staatsfinanzen durch Preiserhöhungen und Subventionskürzungen. Der IWF ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen.
Der IWF hat 186 Mitgliedsländer, deren Kapitaleinlagen (Quoten) sich nach der Stärke ihrer Volkswirtschaft und ihrer Währungsreserven richten. Jedes Land muss entsprechend seinem Anteil an der Weltwirtschaft eine Einlage leisten und verfügt über entsprechende Stimmrechte. Die reichsten Länder haben damit den größten Einfluss. Die USA sind größter Anteilseigner mit rund 17 Prozent, Deutschland hat etwa sechs Prozent.