Verhandlungen mit Griechenland Entschiedene Meinungen zu einem Gerücht
Steht Griechenland vor einem neuen Schuldenschnitt? Zwischen der Troika und Athen scheint es einen neuen Verhandlungsstand zu geben. Noch sind nur Spekulationen bekannt. Was Vertreter von deutscher Regierung und Opposition aber nicht daran hinderte, sich bereits zu äußern.
Von Wolfgang Landmesser, WDR-Hörfunkstudio Brüssel
Nicht viel Neues zu Griechenland hatte EU-Kommissionssprecher Simon O’Connor mitzuteilen. Wie immer wieder in den vergangenen Wochen. Worum es sich in den zähen Verhandlungen zwischen den Experten der Troika und der griechischen Regierung jetzt noch dreht, wollte er auch nicht sagen: "Es gibt keine genaue Angabe, wie lange es noch dauern wird, eine Einigung zu erzielen. Alles andere wäre spekulativ. Ich werde nicht in irgendwelche Spekulationen einsteigen. In der Richtung passiert bereits genug."
Spekulationen gibt es vor allem darüber, wie Griechenland die Finanzlücke schließen könnte, die im Staatshaushalt klafft. Zwei Jahre mehr Zeit soll die griechische Regierung herausgehandelt haben, um das vorgegebene Sparziel zu erreichen: Drei Prozent Neuverschuldung gemessen an der Wirtschaftsleistung müsste sie demnach erst 2016 vorweisen können, statt im Jahr 2014.
Klar ist: Dann bräuchte Griechenland zusätzliche finanzielle Hilfen der internationalen Kreditgeber. Unklar dagegen: Wie könnten solche finanziellen Hilfen aussehen?
Regierung Merkel strikt gegen Schuldenschnitt
Der Internationale Währungsfonds hat offenbar einen weiteren Schuldenerlass für Griechenland ins Gespräch gebracht, diesmal für die öffentlichen Gläubiger. Im März verzichteten bereits die privaten Geldgeber auf mehr als die Hälfte ihres in Griechenland investierten Kapitals. Jetzt wären auch die Euroländer dran, einen großen Teil der bereits überwiesenen Hilfsmilliarden abzuschreiben.
Insbesondere die Bundesregierung lehnt einen solchen Schritt ab, wie Regierungssprecher Steffen Seibert klar macht: "Das deutsche Haushaltsrecht sagt, dass Kredite nur vergeben werden können, wenn der Schadenseintritt als unwahrscheinlich gilt. Also: Einem Gläubiger, der seine Schulden nicht zurückzahlt, können wir nicht unmittelbar danach neue Kredite oder Garantien geben. Und deswegen kommt die Maßnahme eines öffentlichen Schuldenschnitts aus unserer Sicht nicht in Frage."
Gegenvorschlag schon auf dem Tisch
Ähnlich hatte sich davor bereits der Bundesfinanzminister geäußert. Stattdessen brachte Wolfgang Schäuble ein Schuldenrückkaufprogramm ins Gespräch: Der Europäische Rettungsfonds würde Griechenland dann Geld zur Verfügung stellen, um damit eigene Staatsanleihen vom Markt zu saugen.
"Nicht zum Nulltarif"
Auch das würde aber zusätzliche Kosten für die Euroländer mit sich bringen. Sagt nicht nur Grünen-Chef Cem Özdemir: "Wenn man Griechenland in der Eurozone halten möchte, dann ist der nächste Schritt zwingend: Dass man sagt, alternative Schuldenschnitt oder Rückkauf von Anleihen, beide sind nicht zum Nulltarif zu haben. Die öffentliche Hand muss in beiden Fällen mit Kosten rechnen."
In Griechenland gibt es derweil weiter Streit um einzelne Punkte des neuen Spar- und Reformpakets der Regierung. 13,5 Milliarden Euro will Ministerpräsident Antonis Samaras damit einsparen. In den Verhandlungen mit den Experten von EU und Internationalem Währungsfonds sträubt sich vor allem die kleine Koalitionspartei "Demokratische Linke" gegen Einschnitte bei den Arbeitnehmerrechten.
Die Zeit drängt
Als Deadline für die Verhandlungen in Athen gilt jetzt das nächste Treffen der Euro-Finanzminister, Anfang nächster Woche. Im Laufe des Monats November braucht Griechenland über 30 Milliarden Euro aus dem laufenden Rettungsprogramm, um nicht Pleite zu gehen.
Zuvor muss die Einigung mit der Troika über die technischen Details stehen. Und die Finanzminister müssen dann auch noch ihren Segen dazu geben.