Griechenland braucht Geld bis 19. Mai Gezerre um Auflagen für Kredite
Es bestehen kaum Zweifel, dass deutsche Milliardenhilfen bald nach Griechenland fließen. Doch über die Bedingungen wird gestritten. Kanzlerin Merkel beharrt auf einem Sparprogramm Athens, SPD-Fraktionschef Steinmeier fordert die Beteiligung der Banken. Die EU-Kommission macht weiter Druck.
In Deutschland verschärft sich der Streit über die Bedingungen der geplanten Milliardenkredite an das vom Staatsbankrott bedrohte Griechenland. Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte am Abend bei einem Wahlkampfauftritt in Soest erneut die grundsätzliche Bereitschaft zur Unterstützung der Regierung in Athen. "Wir können nicht sehenden Auges zusehen, wie unsere Währung in Gefahr gerät", sagte sie. Ein stabiler Euro habe absoluten Vorrang. Zugleich knüpfte sie die Hilfe aber an Bedingungen.
"Griechenland muss seine Aufgaben zu allererst erst einmal selbst erledigen", sagte die Bundeskanzlerin. Zusammen mit der EU-Kommission und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) solle nun ein Programm ausgearbeitet werden, aus dem deutlich werde, was Griechenland in den nächsten Jahren tun will, um seine Finanzen in den Griff zu bekommen. "Erst will ich das Programm sehen, und dann reden wir darüber was wir tun müssen".
Steinmeier fordert Banken-Beteiligung
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier sagte, dass seine Partei die Hilfspläne der Bundesregierung nur unter bestimmten Voraussetzungen unterstützen wolle. "Es wird keine Zustimmung der SPD zu einem Gesetz geben, wenn private Banken nicht ebenfalls zur Hilfe herangezogen werden", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Die Bundesregierung müsse Vorschläge machen, wie Devisenspekulationen eingedämmt werden könnten. Zudem müsse "erkennbar werden, dass die Bundesregierung endlich aktiv wird, um die Finanzmärkte zu regulieren". Die Regierung müsse dem Parlament auch nachweisen, dass die Stabilität der Eurozone gefährdet sei und mit dem Hilfspaket stabiler gemacht würde, sagte Steinmeier.
Er forderte zugleich eine Sondersitzung des Bundestags. Innerhalb von drei Tagen, wie die Regierung plane, könne das Gesetzgebungsverfahren im Bundestag nicht beendet werden. Steinmeier forderte stattdessen eine "ordentliche Anhörung" des Finanzausschusses.
Union sieht Steinmeiers Forderung skeptisch
Unions-Fraktionsvize Michael Meister sprach sich gegen Steinmeiers Forderung aus, Finanzhilfen grundsätzlich an die Beteiligung von Banken zu knüpfen. "Die wichtigste Position ist die Stabilisierung der Euro-Währungsgemeinschaft. Man muss aufpassen, dass man sich nicht auf Nebenkriegsschauplätze begibt", sagte Meister der Nachrichtenagentur dpa. Es spreche sicher einiges dafür, eine Bankenbeteiligung zu prüfen. Man müsse aber auch sehen, ob sie mit dem Internationalem Währungsfonds (IWF) und den anderen Euro-Staaten durchsetzbar sei. "Ich glaube, dass das in der jetzigen Lage extrem schwierig umzusetzen ist."
Die Bundesländer verlangten von der Bundesregierung umfassende Informationen über die Kreditpläne. "Es müssen alle Fakten auf den Tisch, damit wir nicht in den griechischen Treibsand reinstolpern, aus dem wir nicht mehr herauskommen", sagte der Berliner Finanzsenator Ulrich Nußbaum, der zurzeit Vorsitzender der Finanzministerkonferenz der Länder ist. So lange diese Informationen fehlten, stelle sich die Frage nicht, ob der Bundesrat einem beschleunigten Gesetzgebungsverfahren für die Nothilfe zustimme, erklärte er gegenüber der "Berliner Zeitung".
EU-Kommission macht Druck
Die EU-Kommission erhöhte unterdessen der Druck auf Deutschland. EU-Justizkommissarin Viviane Reding verlangte in der "Welt", jetzt nicht zu zaudern, "sondern beherzt stabilisierend in Griechenland" einzugreifen. Sie unterstrich jedoch, dass strenge Auflagen nötig seien. Eine Art staatliche Lehman-Brothers-Pleite könne aber eine Kettenreaktion erzeugen und hätte katastrophale wirtschaftliche Auswirkungen für ganz Europa, warnte Reding. Das gelte vor allem für Deutschland.
EU-Energiekommissar Günther Oettinger wertete die Nothilfen für Athen im "Tagesspiegel" als "eine notwendige Entscheidung". Auch der Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europaparlament, Martin Schulz, sieht keine Alternative zu Krediten an Griechenland. "Die Spekulationen auf den Devisenmärkten richteten sich nicht nur gegen das Land, sondern gegen den Euro insgesamt. Hätten sie Erfolg, wären die nächsten Opfer wohl Spanien, danach vielleicht Italien oder Portugal", sagte Schulz. "Einen solchen Flächenbrand müssen wir verhindern. Das ist absolut im deutschen Interesse."
"19. Mai ist das kritische Datum"
Griechenland braucht nach eigenen Angaben die Hilfen bis zum 19. Mai. Finanzminister Giorgos Papakonstantinou bezeichnete diesen Termin am Abend im Parlament als "kritisches Datum". An diesem Tag seien Verbindlichkeiten in Höhe von neun Milliarden Euro fällig. Zugleich verhinderten "unerschwingliche" Konditionen an den Finanzmärkten, dass Griechenland sich dort frisches Geld verschaffen könne.