Parteienstreit über Reformkurs geht weiter Zweifel am Reformwillen der Griechen
In Griechenland streiten die Parteien über die Umsetzung der Sparmaßnahmen, die das Hilfspaket verlangt. Der griechische Ministerpräsident Papademos bemüht sich weiter, die Koalitionsparteien auf einen gemeinsamen Reformkurs zu bringen. Derweil drohen die Gewerkschaften mit Streiks.
Von Reinhard Baumgarten, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Wenn Griechenland sich verpflichtet, die neuen Forderungen der Troika umzusetzen, drohe dem Land die totale Verelendung. Davon ist der Chef der rechtgerichteten Laos-Partei, Giorgos Karatzaferis, fest überzeugt. Und noch etwas glaubt der Populist zu wissen: Es drohe eine Revolution, die ganz Europa verbrennen werde.
Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos bemüht sich, das Ziel deutlich zu machen. "Ja, die Leute werden ärmer", sagt er. "Ja, wir leben in dramatischen Zeiten. Ja, es ist tragisch, Löhne und Renten kürzen zu müssen. Aber die Alternative dazu ist einfach unvorstellbar. Genau das versuchen wir doch zu verhindern."
Die Alternative ist möglicherweise der Staatsbankrott schon im März. Denn die Troika aus EU, EZB und IWF legt Athen neue schmerzhafte Daumenschrauben an: Abbau von 150.000 Arbeitsplätzen im öffentlichen Sektor bis 2015, Kürzung der Renten, Senkung des Mindestlohns um 150 Euro, Einkommenseinbußen im privaten Sektor um bis zu 25 Prozent.
Zweifel an Athens Reformwillen
Die Experten der Troika prüfen seit drei Wochen, ob und wie Athen Auflagen umgesetzt hat, die an das erste Hilfspaket geknüpft waren. Die Unzufriedenheit ist offenbar groß. Die Zweifel an Athens Reformwillen nehmen zu.
Gleichzeitig wächst in Griechenland der Unmut über die harten Maßnahmen. Die 43-jährige Staatsbedienstete Anna Giorgopoulou glaubt nicht, dass Lohnsenkungen die Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Wirtschaft erhöhen und den griechischen Markt verbessern werden. Jeder wisse das, auch die Troika, die das Land nur ins Elend stürzen wolle, sagt sie. Alexandros Kamariakis arbeitet auch im öffentlichen Dienst - und hegt Zweifel: "Das ist für niemanden gut, weder für die Arbeiter noch die Arbeitgeber. Aber was immer die Troika sagt, muss gemacht werden. Ich schätze, es ist unvermeidbar."
Unmut wächst
Der 48-jährige Lefteris Kehagioglou ist überzeugt davon, dass die griechische Regierung nicht genug Mumm hat, um den EU-Politikern Paroli zu bieten. "Die machen das doch nur, weil sie nicht den nötigen politischen Einfluss haben. Die Arbeiter sind einfach das schwächste Glied in der Kette."
Ein Krisentreffen der Regierungsparteien mit Regierungschef Lucas Papademos wurde auf Dienstag verschoben. Erklären sie nicht, dass sie die Maßnahmen der Troika mittragen, steht das zweite Hilfspaket über 130 Milliarden Euro in Frage. Griechenland droht dann pünktlich zum Frühlingsanfang die Zahlungsunfähigkeit.