Online-Versandhändler Grüne wollen Retouren-Vernichtung verbieten
Wem online gekaufte Ware missfällt, kann sie zurückschicken: Neuwertige Waren werden dann nicht immer wiederverkauft, sondern auch vernichtet. Die Grünen sprechen von "Perversion der Wegwerfgesellschaft" und wollen dies stoppen.
Online-Versandhändlern wie Amazon, Otto und Co. sollte nach Ansicht der Grünen verboten werden, von Kunden zurückgeschickte neuwertige Waren zu vernichten. "Wir erleben eine Perversion der Wegwerfgesellschaft", sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Hier sei der Staat gefordert. Bei den Retouren handele es sich oftmals um neuwertige Produkte, die voll funktionsfähig seien und höchstens einen Kratzer hätten. "Viele von ihnen werden nach der Rücksendung komplett vernichtet", kritisierte Göring-Eckardt.
Göring Eckardt mit Drei-Punkte-Plan
Göring-Eckardt stellte einen Drei-Punkte-Plan vor: "Erstens: Dem Online-Handel wird verboten, neuwertige Produkte, die zurückkommen, zu vernichten." Zweitens sollten zurückgeschickte Produkte, die nicht mehr in den Verkauf können, verschenkt werden - etwa über Sozialkaufhäuser. Drittens müssten die Rohstoffe zurück in den Wertstoffkreislauf.
Viele Online-Bestellungen gehen als Retoure zurück.
CDU und FDP wollen keine Verbote
CDU und FDP störten sich vor allem am Verbotsgedanken der Grünen. In der Sache an sich stimmten sie jedoch grundsätzlich zu. "Verbote braucht nur der, der sich pharisäerhaft für moralisch maßgebend hält, aber lieber bei anderen anfangen möchte", sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein der "Rheinischen Post". Trotzdem ärgere auch er sich "über Produkte, die offenbar das Umpacken nicht wert sind", fügte er hinzu.
Nüßlein regte einen "Garantiewettbewerb" an. Demnach könne der Gesetzgeber alle verpflichten, die gewerblich neue Produkte in den Markt bringen, einen Zeitrahmen zu nennen, in dem er für die Produktqualität garantiere. Dann habe der Käufer neben dem Preis einen weiteren Qualitätsindikator.
FDP-Fraktionsvize Michael Theurer warnte im "Handelsblatt" ebenfalls davor, "gleich die Verbotskeule zu schwingen". Das diene weniger dem Umweltschutz, sondern führe vor allem zu mehr Bürokratie. Onlinehändler müssten aber mehr Verantwortung übernehmen, etwa mit einer transparenten Selbstverpflichtung. Außerdem müssten die Kunden ihr Kaufverhalten hinterfragen. "Retournierte Waren einfach zu vernichten, widerspricht dem gesunden Menschenverstand", betonte Theurer.
Forscher: Jedes sechste Paket als Rücksendung
Wirtschaftswissenschaftler der Universität Bamberg fanden heraus, dass die Bundesbürger bei Bestellungen im Internet jedes sechste Paket wieder zurückschicken. Im vergangenen Jahr waren das demnach 280 Millionen Pakete und 487 Millionen Artikel gewesen.
Retouren belasten das Klima
Bei Kleidung und Schuhen geht sogar fast die Hälfte der Pakete zurück an den Absender, wie die Forscher Ende April mitteilten. Die Retouren belasten durch das zusätzliche Transportaufkommen das Klima, die Kosten müssen einerseits die Kunden durch höhere Marktpreise tragen, andererseits erzielen die E-Commerce-Händler geringere Margen.
Nach Erkenntnis der Forscher landen rund vier Prozent der zurückgeschickten Artikel im Müll. Immerhin gut 79 Prozent werden direkt wieder als A-Ware verkauft, weitere 13 Prozent als B-Ware, so die Forscher. Und drei Prozent würden an industrielle Verwerter verkauft oder an gemeinnützige Organisationen gespendet.
Marktführer Amazon hatte dazu vor wenigen Wochen erklärt, jede Rücksendung werde qualitätsgeprüft, neu verpackt und - wann immer möglich - wieder als Neuware angeboten. Zudem hätten seit 2013 mehr als 1000 soziale Einrichtungen Spenden bekommen. Eine halbe Million Menschen erhielten so laut Amazon Spielzeug, Schuhe, Kleidung oder Drogerie-Artikel.