Deutsche Handelskammer in China Investitionen schrumpfen, Probleme wachsen
Nach den Wirtschaftszahlen des ersten Halbjahres scheint China die Krise hinter sich zu lassen. Doch ausländische Investoren halten sich zurück. Gründe dafür gibt es viele, unter anderem die Angst vor Korruption oder vor überraschenden Regeländerungen.
Von Astrid Freyeisen, ARD-Hörfunkstudio Schanghai
Ausländische Firmen halten sich immer mehr mit Investitionen in China zurück: Der Juli brachte einen Rückgang von knapp 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch bei deutschen Firmen bestätigt sich der Trend. Dies zeige die jüngste Umfrage der deutschen Handelskammer Schanghai, sagt deren stellvertretender Geschäftsführer Bernd Reitmeier.
"Mehr als zwei Drittel der Firmen haben ihre Investitionserweiterungen 'on hold' gelegt", so Reitmeier. Natürlich sei dieses dadurch begründet, dass die Mutterhäuser eine mögliche Expansion in China unterbinden wollten. "Das ist vom Prinzip her die falsche Strategie, weil China sicherlich noch einer der Märkte ist, in denen wir auch heute noch Wachstum haben", kritisiert Reitmeier.
Kein Zusammenhang mit Rio-Tinto-Affäre
Im zehnten Monat in Folge muss China rückläufige Investitionen aus dem Ausland hinnehmen. In den vergangenen 13 Jahren war der Einbruch im Juli nie so gravierend gewesen. Mit den Festnahmen und Betrugsvorwürfen gegen Schanghaier Manager des australischen Bergbaukonzerns Rio Tinto habe dies nichts zu tun, beteuern chinesische Ökonomen.
Auch Reitmeier sieht das so. Er könne sich nicht vorstellen, dass mittelständische Firmen verängstigt seien: "Rio Tinto ist ein hochpolitischer Fall. Das ist eine Schlüssel-Industrie, ein möglicher Übernahmekandidat für chinesische Firmen. Ich glaube, die meisten deutschen Firmen sind weder beängstigt noch haben sie wirklich einen Grund, Angst zu haben."
Artikel über illegale Geschäftsmethoden
Dennoch erscheinen immer mehr Artikel in chinesischen Zeitungen, die sich mit angeblich illegalen Geschäftsmethoden in multinationalen Konzernen beschäftigen. Reitmeier weiß von einem Fall, bei dem eine deutsche Firma in Schwierigkeiten geriet, als sie Korruption auf die Spur kam: "So etwas gibt es nicht wirklich häufig, aber ich würde sagen in den letzten Monaten zunehmend. Die lokalen Behörden sind offen und natürlich bemüht, deutsche Firmen zu unterstützen." In diesem Fall gehe der Druck jedoch vor allem von der Provinz aus, so Reitmeier. "Es gibt jetzt ein offizielles Gerichtsurteil und das müssen wir abwarten."
Unterschiedliche Gesetzesauslegungen
Reitmeier sieht solche Prozesse mit gemischten Gefühlen. Zu oft hat er erlebt, dass die Gesetze bei Chinesen weniger streng ausgelegt werden als bei Ausländern. Die Probleme sieht er anderswo. Vor allem beim Zoll: Hier beobachtet er vermehrt überraschende Änderungen von Standards - zu überraschend für Importe aus Deutschland:
EU ist "nicht abhängig von China"
Die Europäische Kommission bemühe sich um einen Konsens mit China, betont Alexander McLachlan, politischer Berater der EU-Kommission in Peking. Wenn China gesund aus dieser Krise herauskommt, sei das auch gut für die EU, sagt er: "Das ist absolut klar. Aber wir sind nicht abhängig von China. China ist ein bedeutender Teil der wirtschaftlichen Gleichung. Dazu gehören aber auch offene Handelsbeziehungen, darüber sind wir uns beide einig. Wenn wir uns einig sind, wie man gesund aus der Krise kommt, fördert das auch unsere politischen Beziehungen." Insofern, so McLachlan, sei die Krise auch eine Chance.