Vor Vertrauensfrage über Sparkurs Berlusconi verliert offenbar politische Mehrheit
Vor gerade einmal drei Wochen hat Italiens Ministerpräsident Berlusconi die 51. Vertrauensabstimmung gewonnen. Die 52. kündigte er bereits an, doch diesmal könnte er scheitern. Beim Gipfel in Cannes erfuhr er, dass zwei Abgeordnete seine Partei verlassen haben.
Von Stefan Troendle, ARD-Hörfunkstudio Rom
"Il governo è senza maggioranza" schreibt die römische Zeitung "Repubblica", die Regierung hat keine Mehrheit mehr. Gestern Abend haben zwei Abgeordnete der Berlusconi-Partei PdL ihren Austritt erklärt. Sie sind zur oppositionellen Zentrumspartei gewechselt. Zudem gibt es einen dritten Parlamentarier, der angekündigt hat, beim Antikrisenpaket gegen Ministerpräsident Silvio Berlusconi stimmen zu wollen.
Gerüchte um einen Brief
Außerdem gibt es nun Klarheit über einen Brief von PdL-Abgeordneten an Italiens Regierungschef. Seit einer Woche kursierten Gerüchte über dieses Schreiben, in dem die Abgeordneten Berlusconi zum Rücktritt auffordern und andernfalls drohen, der Regierungspartei ihre Unterstützung zu entziehen.
Inzwischen ist bekannt, dass bisher sechs Parlamentarier den Brief unterzeichnet haben. Falls diese ihre schriftlich angekündigte Drohung wahrmachen, ist die Regierung von Berlusconi am Ende. Deren Mehrheit im Abgeordnetenhaus des Parlaments ist äußerst knapp und betrug bei der letzten Vertrauensabstimmung nur vier Stimmen Vorsprung.
Nach der Vertrauensfrage ist vor der Vertrauensfrage
Das nächste derartige Votum dürfte wohl nicht lange auf sich warten lassen. Berlusconi selbst hat beim G20-Gipfel in Cannes angekündigt, eine Abstimmung über seine Sparmaßnahmen erneut mit einer Vertrauensabstimmung verbinden zu wollen. Diese könne in zehn bis 15 Tagen stattfinden. Zunächst soll zwar der Senat abstimmen, beim dann nötigen Votum im Abgeordnetenhaus dürfte das Vorhaben aber wohl scheitern.
Wann stürzt die Berlusconi-Regierung?
Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano sprach seit Mittwoch mit Vertretern aller Parteien, ganz offensichtlich, um die Bereitschaft zu einer Übergangsregierung zu sondieren. Die Frage in Italien lautet also inzwischen nicht mehr, ob die Regierung Berlusconi durchhält, sondern wann sie stürzt.