Wirtschaftliche Auswirkungen der Katastrophe Erste Lieferprobleme auch außerhalb von Japan
Autobauer haben weltweit erste Lieferprobleme, die Luftfahrtbranche rechnet mit einem "größeren Abschwung", einige elektronische Bauteile werden knapp: Eine Woche nach dem Erdbeben in Japan werden auch die internationalen wirtschaftlichen Auswirkungen der Katastrophe langsam deutlich.
Eine Woche nach dem Jahrhundertbeben in Japan werden die Auswirkungen für die Weltwirtschaft immer sichtbarer. Betroffen sind bislang Auto- und Luftfahrtbranche und Chiphersteller. Wegen der Lieferprobleme bei elektronischen Bauteilen könnten aber bald auch weitere Branchen vor Schwierigkeiten stehen.
Die Katastrophe vor einer Woche hat vor allem Japans Wirtschaft schwer getroffen. Verkehrswege sind zerstört, Rohstoff- und Energielieferungen unterbrochen. Honda kündigte an, seinen Produktionsstopp für drei weitere Tage bis Mittwoch zu verlängern. Dem "Wall Street Journal" zufolge warnte der Konzern seine US-Händler zudem, eine Rückkehr zur vollen Fertigung in einigen Werken Japans noch vor Mai sei ungewiss. Toyota und Subaru hatten die Produktion in ihren US-Werken bereits gedrosselt, um länger mit den Lagerbeständen von Bauteilen auszukommen. Toyota will seine Teileproduktion für die ausländischen Fabriken nun als erstes wieder ans Laufen kriegen; der Neustart ist für Montag geplant.
GM-Werk für eine Woche geschlossen
Daimler lässt seine Lastwagenproduktion in Japan bis mindestens Dienstag ruhen. Die Sicherheit der knapp 13.000 Mitarbeiter an den elf Standorten habe oberste Priorität, begründete Daimler-Nutzfahrzeugvorstand Andreas Renschler den Produktionsstopp. Sobald es die Sicherheitslage erlaube, werde die Tochter Mitsubishi Fuso den Betrieb wieder aufnehmen. "Aber natürlich sind auch bei Fuso einige Gebäude und Anlagen beschädigt", sagte Renschler. Nach derzeitigem Kenntnisstand sei bisher kein Mitarbeiter persönlich von größeren Schäden betroffen.
Wegen fehlender Bauteile muss die Opel-Mutter GM kommende Woche in einer Fabrik im US-Bundesstaat Louisiana den Betrieb komplett einstellen. Ebenfalls aufgrund von Lieferengpässen will Renault die Produktion in Südkorea um bis zu ein Fünftel zurückfahren. Volkswagen und BMW können die Folgen der Japan-Krise noch nicht abschätzen. VW-Chef Martin Winterkorn hatte erklärt, in dieser und der nächsten Woche seien die Lieferungen abgesichert, "vielleicht auch übernächste Woche". Danach gebe es "eine gewisse Unsicherheit". Ähnlich hatte sich sein BMW-Kollege Norbert Reithofer geäußert. Die österreichische Magna Steyr, die zum international tätigen Autozulieferer Magna gehört, befürchtet Lieferausfälle bei japanischen Komponentenherstellern.
Fehlende Chips könnten Probleme bereiten
Im Technologiesektor rechnen Experten mit Schwierigkeiten für den Technologiekonzern Apple. Apple greift für seine neue Version des Tablet-PC iPad auf Bauteile aus Japan zurück. Für manche davon lasse sich womöglich kein Ersatz aus anderen Ländern finden, erklärten die Marktforscher von IHS iSuppli. Experten vermuten, dass fehlende elektronische Bauteile auch für den Produktionsstopp bei GM in Louisiana verantwortlich sind. Die Probleme in diesem Bereich könnten bald auch andere Branchen treffen. Der Branchenverband der deutschen Maschinenbauer, VDMA, befürchtet, dass es in den nächsten Wochen vor allem bei Einzelkomponenten und elektronischen Steuerungen zu Engpässen kommen könnte.
Luftfahrt rechnet mit "größerem Abschwung"
Der Fluggesellschaften-Verband IATA sagte wegen der Katastrophe in Japan für die Branche einen "größeren Abschwung" voraus. Davon werde sie sich wohl erst ab der zweiten Jahreshälfte erholen. Der Sektor hat die Nachwirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise noch nicht ganz überstanden und muss zudem den gestiegenen Ölpreis verkraften. Der japanische Luftfahrt-Markt mit einem Volumen von 62,5 Milliarden US-Dollar steht nach Verbandsangaben für 6,5 Prozent des weltweiten Luftverkehrs und zehn Prozent der Branchenumsätze. Im Ausland am stärksten davon abhängig sind China und andere Länder Asiens. Firmen aus der Volksrepublik sind mit 23 Prozent ihres internationalen Geschäfts im japanischen Luftfahrt-Markt engagiert. Für die USA beträgt der Anteil zwölf Prozent, für Deutschland sechs Prozent. Die Lufthansa erwartet auf kurze Sicht keine negativen Belastungen.
Neben den Störungen im Flugverkehr droht der Branche ein weiterer negativer Effekt. Japan produziert drei bis vier Prozent des weltweiten Flugzeug-Treibstoffs. "Teile der Raffinerie-Kapazität sind ausgefallen durch Schäden infolge des Erdbebens", erläuterte IATA. "Diese Versorgungsbeschränkung könnte zu höheren Treibstoffpreisen führen."
Auch dem Flugzeugbauer Boeing drohen Produktionseinschränkungen, weil er zahlreiche Teile aus Japan bezieht. So baut etwa die Firma Jamco für den bereits um Jahre verspäteten 787 "Dreamliner" die Bordküchen. Deren Zustellung könnte sich verzögern, weil Jamco nach eigener Auskunft derzeit nicht genügend Benzin für den Transport zur Verfügung hat.