Bank of England Zentralbank muss Notkäufe ausweiten
Zwei Mal kurz hintereinander muss die Bank of England in den Anleihenmarkt eingreifen. Für bis zu zehn Milliarden Pfund am Tag will sie nun Staatsanleihen aufkaufen. Das soll Sorgen wegen der Finanzpolitik der neuen Regierung dämpfen.
Aus Sorge um die Finanzstabilität Großbritanniens weitet die Bank of England ihre Stützungskäufe am Markt für britische Staatsanleihen aus. Um Anleger zu beruhigen, hat die Notenbank des Landes eine weitere Kategorie von Papieren für Notkäufe freigegeben.
Neben langlaufenden Staatsanleihen will die Bank of England jetzt auch Staatspapiere erwerben, die an die Inflationsrate gekoppelt sind, wie die Währungshüter heute mitteilten. Bislang waren nur reguläre langlaufende Anleihen des britischen Staats aufgekauft worden.
Anleihen für bis zu zehn Milliarden pro Tag
Erst am Montag hatte die Notenbank eine Verdopplung des Gesamtumfangs der Not-Anleihekäufe bekanntgegeben. Bis Mitte des Monats will die Bank of Englang täglich bis zu zehn Milliarden Pfund in Staatsanleihen investieren. Der Maximalbetrag verteilt sich nun je zur Hälfte auf langlaufende Staatspapiere und inflationsindexierte Anleihen.
Medienberichten zufolge war es zu Wochenbeginn auf dem Markt für inflationsindexierte Papiere zu Störungen gekommen, die die Notenbank mit den Käufen offenbar eindämmen will.
Eingriffe nach Regierungsplänen nötig
Die Bank of England hatte ihre Markteingriffe Ende September gestartet. Grund war die starke Verunsicherung am Markt wegen der Steuer- und Konjunkturpläne der neuen Regierung unter Premierminister Liz Truss.
Aus Furcht vor stark steigenden Staatsschulden und noch höheren Inflationsraten waren die Kurse britischer Staatsanleihen drastisch gefallen, im Gegenzug erhöhten sich die Renditen kräftig. Dies hatte wiederum zahlreiche Pensionsfonds unter Druck gesetzt, die stark in langlaufenden Anleihen investiert sind. Der Internationale Währungsfonds (IWF) und Ratingagenturen hatten vor den Plänen der Regierung gewarnt.
Wachsende Zweifel an den "Trussonomics"
Die Bank of England sprach angesichts eines erneuten Ausverkaufs am Anleihenmarkt von einer "materiellen Gefahr" für die Finanzstabilität, der die Zentralbank mit den zusätzlichen Notmaßnahmen begegnen wolle. Vize-Premierministerin Therese Coffey sagte, sie sei "absolut zuversichtlich", dass die Renten der Menschen sicher seien.
Nach Einschätzung von Holger Schmieding, dem Chefvolkswirt der Berenberg Bank in London, zeigt die neuerliche Intervention der Notenbank, "wie verunsichert die britischen Märkte nach Trussonomics sind". "Trussonomics" wird der Versuch von Premierministerin Truss genannt, die Wirtschaft mit Steuersenkungen anzukurbeln.
In der vergangenen Woche hatte die britische Regierung die ursprünglich geplante Streichung des Spitzensteuersatzes wieder zurückgenommen. Zudem soll der Haushaltsplan statt wie geplant Ende November noch im Oktober vorgestellt werden, wie die BBC berichtete. Damit solle ebenfalls verloren gegangenes Vertrauen an den Finanzmärkten zurückgewonnen werden.
Großer Zinsschritt voraus
Auf den Kurs des britischen Pfundes hatten die Ankündigungen der Bank of England ebenfalls einen beruhigenden Effekt. Die britische Währung notiert seit gestern stabil bei rund 1,10 Dollar. Experten erwarten nun einen deutlichen Zinsschritt in Großbritannien: "Wir sind der Meinung, dass die Notenbank damit den Grundstein für eine große Zinsanpassung im November legt, die ohne derartige Maßnahmen zu einer Störung der Märkte führen könnte", so Simon Harvey, Chef-Devisenanalyst beim Brokerhaus Monex.
Investoren sehen die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung um einen vollen Prozentpunkt bei rund 75 Prozent. Einige setzen sogar auf einen Schritt von 1,25 Prozentpunkten.