Binnenschifffahrt auf dem Rhein Niedrigwasser erschwert Frachtverkehr
Am Rhein sind die Pegelstände so niedrig, dass der Transport etwa von Kohle erschwert wird. Der Frachtkosten steigen, weil Rohstoffe oder Waren auf viele Schiffe verteilt werden müssen.
Eigentlich ist es derzeit am Rhein bei Köln sehr idyllisch. Die Strände sind durch das Niedrigwasser besonders groß und bei der prallen Sonne gut besucht. Den Binnenschiffern aber bereitet das wenige Wasser in der Fahrrinne große Sorgen. Zu Beginn der Woche steht der Pegel bei 94 cm - außergewöhnlich niedrig für den August. Im Mittel liegt er sonst in dieser Jahreszeit bei zwei bis drei Metern.
Schwieriges Manöver für jeden Kapitän
Die Schubschiffe liegen hoch auf dem Wasser. Auch ein Laie kann erkennen, dass sie nicht voll beladen sind. "Wenn man bedenkt, dass die Schiffe normalerweise 2700 bis 3000 Tonnen laden können, ist das natürlich eine ziemliche Einbuße", sagt Rolf Nagelschmidt vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt der Stadt Köln, der regelmäßig den Frachtverkehr auf dem Rhein beobachtet.
Das Amt ist für die Befahrbarkeit und Sicherheit unter anderem des Rheins rund um Köln zuständig. Wichtig sei, so Nagelschmidt: Der Pegelstand entspricht nicht dem Wasserstand. Die tatsächliche Wassertiefe am Pegel Köln ist 1,11 Meter größer als der angezeigte Pegel. Aber für jeden Kapitän sei es derzeit schwierig in der Fahrrinne zu manövrieren, sagt der Wasserbaumeister. Um nicht auf den Grund zu fahren, müssten die Schiffsführer die Geschwindigkeit entsprechend reduzieren.
Gedrosselte Produktion, höhere Frachtkosten
Für große Logistikunternehmen wie die HGK Group in Duisburg sind es derzeit ziemliche Herausforderungen. Mit ihren Schubschiffen mit großem Tiefgang könnten sie Häfen wie in Köln oder Leverkusen, aber auch Ludwigshafen und Mannheim nicht mehr anfahren, sagt Martina Becker, die den schweren Schiffsverkehr bei der HGK Group verantwortet. "Dadurch wird es schwierig, manche Kunden zu versorgen." Manche hätten schon ihre Produktion angepasst und gedrosselt.
Gleichzeitig muss die Fracht auf immer mehr Schiffe verteilt werden. "Somit reißen sich quasi alle um den kleinen verfügbaren Schiffraum im Wasser", so Becker. Und die Frachtkosten steigen. Halbe Fracht bedeutet ein zweites Schiff, und damit verdoppelten sich automatisch die Frachtkosten. Dazu kommt: Auch wenn die Pegelstände nicht so niedrig sind wie im Hitzesommer 2018, in dem es zu historischen Tiefständen kam - die Dieselpreise sind heute deutlich höher als damals.
Und das bekommen alle Branchen zu spüren: Autofabriken, Chemiewerke, Stahlwerke werden mit Rohstoffen oder etwa Lacken über den Rhein versorgt. Die Unternehmen müssen die Kosten tragen. Außerdem steigt der Bedarf nach Kohle, da Kohlekraftwerke wieder hochgefahren werden. Auch da sei es derzeit schwierig, die Halden vor den Kraftwerken zu füllen, wie es eigentlich jetzt geplant sei, sagt Becker.
Der Rhein gehört zu den wichtigsten Schifffahrtswegen in Deutschland. Auf ihm werden Rohstoffe wie Getreide, Chemikalien, Mineralien, Kohle und Ölprodukte per Frachtschiff transportiert.
Ökonomen fürchten nun weitere Einbußen für die ohnehin schon schwächelnde deutsche Wirtschaft. Sinken die Wasserstände weiter, nimmt laut Experten der Deutschen Bank, der Landesbank Baden-Württemberg und des Kieler Instituts für Weltwirtschaft die Gefahr einer Rezession zu. Denn vor allem die Versorgung der Kohlekraftwerke ist gefährdet. Sie werden für die Stromproduktion verstärkt benötigt, weil Russland die Gaslieferungen gedrosselt hat.
Müssen Wasserstraßen vertieft werden?
In den vergangenen Jahren häufen sich die niedrigen Wasserstände, das beobachtet auch Rolf Nagelschulte. Er ist für den Aushub der Deutzer Platte vor Köln zuständig, so dass die Fahrrinne auch befahrbar bleibt. Regelmäßig sammelt sich hier das Geröll.
Dass Engpässe angesichts der niedrigen Pegelstände beseitigt werden, fordert der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB). Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sprach sich dafür aus, bis 2030 den Bundesverkehrswegeplan umzusetzen und wichtige Wasserstraßen zu vertiefen.
In Duisburg bei der HGK Group plant man derzeit mit neuen Schiffen, die speziell auf besonders niedrigen Wasserstand ausgerichtet sind - mit weniger Tiefgang, aber trotzdem viel Laderaum. Zwei sind bereits auf dem Wasser unterwegs.