Energiekrise Deutschland fällt beim Gassparen zurück
Nach Zahlen der Europäischen Kommission ist Deutschland beim Erdgassparen zuletzt langsamer vorangekommen als andere EU-Staaten. Das freiwillige Ziel zur Senkung des Verbrauchs wurde im September verfehlt.
Im europäischen Vergleich hat Deutschland zuletzt anteilig weniger Gas eingespart als andere Staaten. Zwar verbrauchte die Bundesrepublik im August 28 Prozent weniger Erdgas - verglichen mit dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre in dem Monat. Wie aus Daten der EU-Kommission hervorgeht, lag der Verbrauch im September jedoch nur noch 7,4 Prozent niedriger. Dagegen hat etwa Schweden seinen Gasverbrauch in beiden Monaten mehr als halbiert. Die Niederlande verbrauchten jeweils 28,9 und 32,2 Prozent weniger Gas.
Auch die baltischen Staaten, Luxemburg, Rumänien und Finnland sparten anteilig mehr. In der gesamten Europäischen Union sank der Verbrauch im August um 14 Prozent und im September um 15 Prozent.
Verbrauch soll mindestens um 15 Prozent sinken
Angesichts der Gasknappheit und der hohen Preise hatten sich die EU-Länder im Juli darauf geeinigt, ihren Gasverbrauch zwischen August und Ende März kommenden Jahres freiwillig um 15 Prozent zu senken, verglichen mit dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Bei weitreichenden Gasversorgungs-Engpässen kann ein europaweiter Alarm ausgelöst werden, wodurch die Sparmaßnahmen verpflichtend würden.
In einigen wenigen Ländern ist der Verbrauch allerdings sogar gestiegen. Keine Einsparungen im relevanten Zeitraum erzielte beispielsweise Spanien. Das Land verbrauchte im August 2,6 Prozent mehr Gas, im September 0,9 Prozent. Das Land hat einen Preisdeckel für Gas in der Stromproduktion eingeführt. Auch in der Slowakei und in Irland wurde in beiden Monaten mehr verbraucht. In Frankreich stieg der Verbrauch erst um 1,6 Prozent an, dann sank er um 2,5 Prozent. Dort sind die Preise für Verbraucher gedeckelt. Kritiker weisen immer wieder darauf hin, dass durch die Deckelung weniger Anreize bestehen, Energie einzusparen.
Energiekrise trifft Bundesländer unterschiedlich stark
Der Anteil der Industrie mit viel Gasverbrauch ist in Deutschland besonders hoch. Eine aktuelle Studie der Rating-Agentur Scope hat untersucht, wie stark die einzelnen deutschen Bundesländer von der Energiekrise betroffen sind. Demnach treffen die Folgen von teurem Gas vor allem Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt sowie mit etwas Abstand Hessen und Nordrhein-Westfalen. In diesen Ländern ist die Chemieindustrie relativ stark vertreten.
Scope hat ferner analysiert, wie hoch der Anteil der energieintensiven Branchen an der Bruttowertschöpfung in den Bundesländern ist und welche Rolle Gas im Energieverbrauch spielt. Laut Definition des Statistischen Bundesamts wird die Bruttowertschöpfung durch Abzug der Vorleistungen von den Produktionswerten errechnet. Sie umfasst nur den im Produktionsprozess geschaffenen Mehrwert.
Zu den energieintensiven Branchen zählt Scope etwa die Chemieindustrie, Basismetall-Hersteller, Öl-Raffinerien und die Papierindustrie. Ihr Anteil ist in Rheinland-Pfalz (knapp 10 Prozent) und Sachsen-Anhalt (gut 7 Prozent) besonders groß: Im pfälzischen Ludwigshafen sitzt der Chemieriese und Gasgroßverbraucher BASF. Sachsen-Anhalt hat mit Bitterfeld und Leuna bedeutsame Chemie-Standorte. Auch die Papierindustrie ist in beiden Ländern recht stark ausgeprägt.