Ifo-Umfrage Selbstständige leiden unter Dominoeffekt
Viele Großunternehmen leiden unter Auftragsmangel. Das hat negative Folgen für die Auftragslage bei den Selbstständigen - was wiederum die Sorgen vor der zukünftigen Geschäftsentwicklung schürt.
Selbstständige geraten in Deutschland zunehmend in den konjunkturellen Abwärtsstrudel. Das ifo-Barometer für das Geschäftsklima sank im Juni um 4,0 auf minus 12,6 Punkte, wie das Münchner Institut zu seiner monatlichen Umfrage mitteilte. "Es ist eine Art Domino-Effekt", sagte ifo-Expertin Katrin Demmelhuber. "Da vielen Großunternehmen Aufträge fehlen, vergeben sie auch weniger Aufträge an die Selbstständigen." Die Sorgen um die weitere Geschäftsentwicklung nahmen daher erneut deutlich zu.
Auch mit ihren laufenden Geschäften waren die Selbstständigen unzufrieden. "In der Gesamtwirtschaft zeigten die Indikatoren ebenfalls nach unten, allerdings gilt hier die Geschäftslage insgesamt noch als günstig", erklärte das ifo-Institut.
Industrieaufträge fehlen
Bei den Dienstleistern, auf denen der Schwerpunkt der Umfrage unter Soloselbstständigen und Kleinstunternehmen mit weniger als neun Mitarbeitern liegt, gaben die Erwartungen spürbar nach. Die aktuelle Lage wurde zudem weniger gut beurteilt. Der Umsatz ging zurück, die Auftragsbestände schrumpften weiter.
Unternehmensnahe Dienstleister wie IT- oder Unternehmensberatungen spürten danach die fehlenden Aufträge aus der Industrie. "Auch viele Privathaushalte halten sich aufgrund der weiterhin hohen Inflation mit Aufträgen zurück", sagte Demmelhuber.
Im Einzelhandel hat sich das Geschäftsklima ebenfalls stark eingetrübt. "Die Branche bewertete vor allem die momentane Situation deutlich schlechter, aber auch für die Zukunft sind die Unternehmen pessimistischer als im Vormonat", erklärten die Münchner Forscher.
Deutschland steckt in einer Rezession
Die ifo-Umfrage spiegelt die aktuelle konjunkturelle Lage in Deutschland wider: Das Bruttoinlandsprodukt ist zuletzt zwei Quartale in Folge geschrumpft, womit die Bundesrepublik offiziell in einer Rezession steckt. Zum Jahresende 2022 sank das BIP in Deutschland um 0,5 Prozent, in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres um 0,3 Prozent. Viele Ökonomen rechnen auch im Gesamtjahr mit einer leicht schrumpfenden Wirtschaft.
Hinzu kommt, dass zuletzt auch die chinesischen Wirtschaftsdaten darauf hindeuteten, dass China in konjunkturellen Problemen steckt. Fachleute halten bei der für die exportorientierte deutsche Industrie so wichtigen Volkswirtschaft eine Deflation nicht mehr für ausgeschlossen.
Zahl der Firmenpleiten steigt deutlich
Mittlerweile schlägt sich die konjunkturelle Flaute auch in der Zahl der Firmenpleiten nieder. Insgesamt 1050 Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften seien im Juni registriert worden, teilte das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) unlängst mit. Das seien 16 Prozent mehr als im Mai und 48 Prozent mehr als im Juni 2022. Damit sei der höchste Wert seit Juni 2016 gemessen worden.