Konjunkturelle Lage Bundesregierung erwartet keine schnelle Trendwende
Bundesregierung und Industrie erwarten keine schnelle Erholung der deutschen Wirtschaft. Auch in der Eurozone insgesamt sieht es düster aus: Die Industrieproduktion ging überraschend deutlich zurück.
Das Bundeswirtschaftsministerium rechnet nicht mit einer schnellen Trendwende bei der Konjunktur. "Insgesamt deuten die aktuellen Konjunkturindikatoren noch keine nachhaltige Belebung in den kommenden Monaten an", hieß es in einem heute veröffentlichten Bericht. "Die konjunkturelle Entwicklung dürfte damit auch im dritten Quartal nur sehr schwach bleiben und voraussichtlich erst um die Jahreswende an Fahrt gewinnen."
Dabei verweist die Bundesregierung auf Frühindikatoren wie Auftragseingänge und Geschäftsklima, aber auch auf die verhaltende Entwicklung der Weltkonjunktur. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) senkte heute ebenfalls seine Konjunkturprognose.
Ministerium erwartet baldige Erholung des Konsums
Die deutsche Wirtschaft war zuletzt drei Quartale in Folge nicht mehr gewachsen, weil steigende Zinsen und hohe Inflation belasten. Doch vor allem die außenwirtschaftlichen Perspektiven sehen ungünstig aus: "Die globale Wirtschaft hat zuletzt an Dynamik verloren." Die wirtschaftliche Abschwächung des wichtigsten Handelspartners China habe zuletzt ihre Spuren hinterlassen. Für die kommenden Monate sei daher noch keine Trendwende zu erwarten.
Allerdings macht das Ministerium auch Lichtblicke aus - etwa die kräftigen Lohnerhöhungen, zu denen der gestiegene Mindestlohn, höhere Tarifabschlüsse sowie steuerfreie Inflationsausgleichsprämien beigetragen haben. "Dieser Trend dürfte sich bei nachlassender Inflationsdynamik auch im weiteren Jahresverlauf fortsetzen und zu einer schrittweisen Erholung des privaten Konsums führen", so das Haus von Robert Habeck (Grüne).
Die Bundesregierung ging in ihrer Frühjahrsprojektion für dieses Jahr noch von einem Plus des Bruttoinlandsprodukts um 0,4 Prozent aus. Dies dürfte aber bei der Herbstprojektion nach unten korrigiert werden.
BDI erwartet 2023 schrumpfende Wirtschaft
Der BDI schraubte seine Prognose bereits nach unten. Der Verband rechnet für das gesamte Jahr mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent. Im Juni war er noch von einer Stagnation ausgegangen.
Die Wachstumsimpulse aus dem Außenhandel seien deutlich schwächer geworden, hieß es zur Begründung. Zudem bremse der private Konsum das Wachstum aus. "Die deutsche Wirtschaft tritt nach der Rezession im Winterhalbjahr auf der Stelle." Nicht nur die aktuelle Stimmung in den Unternehmen sei im Keller. "Auch auf mittlere Frist ist noch keine Besserung in Sicht", so der BDI.
Dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge dürfte die deutsche Wirtschaft dieses Jahr als einzige große Industrienation nicht wachsen, sondern schrumpfen. Habeck warnte zwar davor, trotz der aktuellen Schwäche den Standort Deutschland schlechtzureden. Doch auch die EU-Kommission blickte jüngst deutlich skeptischer auf die Konjunktur hierzulande.
Industrieproduktion in Eurozone fällt unerwartet deutlich
Derweil sieht auch die konjunkturelle Lage im gesamten Euroraum alles andere als rosig aus. So hat die Industrie ihre Produktion zu Beginn der zweiten Jahreshälfte überraschend deutlich zurückgefahren. Im Juli ging die Fertigung im Vergleich zum Vormonat um 1,1 zurück, wie das Statistikamt Eurostat heute mitteilte.
Experten hatten lediglich mit einem Rückgang um 0,9 Prozent gerechnet. Im Vergleich zum Vorjahresmonat sank die Produktion um 2,2 Prozent. Besonders kräftig zurück ging im Monatsvergleich die Produktion von Investitions- und Gebrauchsgütern. Der Anstieg der Energieproduktion konnte diese Entwicklungen in der Eurozone nicht ausgleichen.
In Irland (-6,6 Prozent) und in Litauen (-4,4 Prozent) schrumpfte die Produktion am stärksten. Den größten Zuwachs verbuchte Malta (+3,4 Prozent). In Deutschland gab die Industrieproduktion um 1,6 Prozent nach.