Kabinett beschließt Paket zur Konjunkturstützung Milliardengeschenke gegen die Rezession
Die Bundesregierung hat ein Konjunkturpaket beschlossen. Das Kabinett stimmte den 15 Einzelmaßnahmen zu. Das Programm soll bis 2010 zu Investitionen von bis zu 50 Milliarden Euro führen. Der Staat lässt sich das viel kosten und verschiebt die Haushaltskonsolidierung.
Die Bundesregierung setzt der drohenden Rezession ein milliardenschweres Konjunkturprogramm entgegen. Das Kabinett beschloss einen Gesetzentwurf mit zahlreichen Maßnahmen, die in den nächsten zwei Jahren Investitionen von bis zu 50 Milliarden Euro auslösen und eine Million Arbeitsplätze sichern sollen. In dem Kabinettsbeschluss heißt es, die Maßnahmen seien langfristig sinnvoll, kurzfristig umsetzbar und rasch wirksam.
Die geringeren Steuereinnahmen und zusätzliche Ausgaben werden zu einer höheren Neuverschuldung führen. Bis 2012 muss der Bund laut Finanzministerium mit Kosten von 10,9 Milliarden Euro rechnen. Bund, Länder und Gemeinden werden zusammen mit 23 Milliarden Euro belastet. Das Ziel eines ausgeglichenen Bundeshaushaltes im Jahr 2011 gibt die Bundesregierung zugleich auf. Es werde "nicht zu realisieren sein". Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte gestern erklärt, dass ein Haushalt ohne neue Schulden aber "in der nächsten Legislaturperiode" erreicht werde, die voraussichtlich 2013 endet.
Glos warnt vor hohen Erwartungen
Bundeswirtschaftsminister Michael Glos warnte allerdings vor zu hohen Erwartungen an das Programm. "Mit nationalen Instrumenten lässt sich ein weltweiter Abschwung natürlich nicht aufhalten, sondern allenfalls ein wenig abfedern", sagte er dem "Handelsblatt". Merkel hatte sich gestern beim Deutschen Arbeitgebertag in Berlin zuversichtlich gezeigt, "dass es 2010 wieder besser wird". Zugleich hatte sie die Bevölkerung auf "schlechte wirtschaftliche Nachrichten" im kommenden Jahr eingestimmt.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung mit dem Titel "Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstärkung" umfasst 15 Elemente zur Förderung des Wirtschaftswachstums. Die Bundesregierung bietet damit vor allem Anreize für Investitionen. Sie stellt unter anderem zusätzlich drei Milliarden Euro für das CO2-Gebäudesanierungsprogramm bereit, verdoppelt ab 2009 die steuerliche Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen und erlässt ab dem heutigen Kabinettsbeschluss beim Kauf von Neuwagen für ein Jahr die Kfz-Steuer. Für Fahrzeuge der Schadstoffklassen Euro-5 und Euro-6 gilt die Steuerbefreiung für bis zu zwei Jahre. Sie endet aber im Dezember 2010.
Milliardenkredite für den Mittelstand
In den kommenden zwei Jahren will der Bund jeweils bis zu einer Milliarde Euro zusätzlich in die Verkehrswege investieren und damit drängende Projekte schneller umsetzen. Die staatseigene KfW-Bankengruppe soll darüber hinaus mit einem Kreditprogramm von 15 Milliarden Euro dem Mittelstand aus der Kreditklemme helfen. Auch die Europäische Entwicklungsbank soll mehr Geld erhalten, um damit insbesondere die Entwicklung schadstoffarmer Autos zu fördern. Unternehmen profitieren daneben direkt von günstigeren Abschreibungsregeln, die für zwei Jahre gelten werden.
Um Arbeitsplätze zu sichern, sieht das Programm 1000 zusätzliche Vermittler in den Agenturen für Arbeit vor. Sie sollen vor allem kürzlich gekündigten Arbeitssuchenden schnell zu einem neuen Job verhelfen. Als weitere Maßnahme wird das Kurzarbeitergeld vorübergehend bis zu 18 statt der bisherigen zwölf Monate bezahlt.
Kritik auch aus den Reihen der Union
Die Opposition lehnte das Programm der Bundesregierung ab. FDP-Chef Guido Westerwelle bezeichnete die Maßnahmen als "Flickschusterei", die keinen Plan und kein Konzept erkennen ließen. Die Grünen-Fraktionschefs Fritz Kuhn und Renate Künast sprachen von einem "blinden Konjunkturprogramm" und einem "wilden Sammelsurium an Maßnahmen". Oskar Lafontaine, Vorsitzender der Partei "Die Linke", kritisierte die Maßnahmen als unzureichend. "Das Paket verdient die Bezeichnung Konjunkturprogramm nicht", sagte er. Auch der Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU, Josef Schlarmann, bewertete das Paket als "insgesamt enttäuschend". Es handle sich "um punktuelle Maßnahmen ohne geschlossenes Gesamtkonzept und ohne die erforderliche Durchschlagskraft".