Immer mehr Kreditkarten müssen ausgetauscht werden "Der Kunde haftet auf keinen Fall"

Stand: 18.11.2009 10:49 Uhr

Wegen einer Sicherheitslücke im Ausland haben deutsche Banken bereits mehr als 100.000 Kreditkarten umgetauscht - und die Aktion weitet sich weiter aus: Auch die Volks- und Raiffeisenbanken wollen rund 60.000 Karten einziehen. Fragen zur Umtauschaktion beantwortet tagesschau.de.

In Deutschland besitzen laut Branchenschätzungen zwischen 15 und 17 Millionen Menschen eine oder mehrere Kreditkarten. In den vergangenen Wochen haben Zehntausende von ihnen Post von ihrer Bank bekommen. Ihre Kreditkarte werde vorsichtshalber ausgetauscht, hieß es darin. Hintergrund ist eine Sicherheitslücke bei Kreditkartenzahlungen in Spanien.

Wer ist betroffen?

Bei den betroffenen Karteninhabern handelt es sich offenbar um Kunden, die im Ausland mit Kreditkarte bezahlt haben. Während Mastercard von "Verdachtsmomenten bei einem Unternehmen in Europa" spricht, heißt es von Visa und dem Bankenverband, die Sicherheitslücke befinde sich in Spanien.

Kreditkarten in einem Portemonnaie.

Die Sicherheitslücke beschränkt sich wohl nicht auf einzelne Kreditkartengesellschaften.

Bislang wurden Zehntausende Karten von Barclaycard, KarstadtQuelle, Lufthansas "Miles&More" und der Deutschen Kreditbank ausgetauscht. Zudem kündigten die Volks- und Raiffeisenbanken an, etwa 60.000 Kreditkarten - Visa- und Masterkarten - aus dem Verkehr zu ziehen.

Auch bei der Citibank ist nach eigenen Angaben "ein ganz kleiner Teil" betroffen. Dort werden die entsprechenden Karten aber nicht ausgetauscht, sondern genau überwacht; sollten verdächtige Transaktionen auftauchen, würde der Kunde informiert werden.

Es ist zudem damit zu rechnen, dass zahlreiche weitere Institute Kreditkarten tauschen werden.

Wie viele Menschen sind betroffen?

Wahrscheinlich sind nicht nur Kunden der genannten Unternehmen betroffen. Das Problem sei nämlich nicht, mit welcher Karte von welcher Bank oder welcher Kreditkartengesellschaft bezahlt wurde, sondern wo bezahlt wurde, sagt Mastercard-Sprecher Thorsten Klein gegenüber tagesschau.de. Infrage kommen damit Kunden jeder Bank, die Karten herausgebe. Visa und Mastercard wollen unter Verweis auf die laufenden Ermittlungen keine genauen Zahlen nennen. Die gefährdeten Kartennummern seien aber bekannt.

Wann trat die Sicherheitslücke auf?

Ein genauer Zeitraum für die Sicherheitslücke wird nicht genannt, entdeckt wurde sie laut Mastercard allerdings bereits im Oktober. Zu dem Zeitpunkt sei auch eine Warnung an die Banken herausgegangen. Bankenverbandssprecher Lars Hofer zufolge sind Menschen betroffen, die erst kurz vorher in Spanien waren. tagesschau.de sind allerdings auch Fälle von Beginn des Jahres bekannt.

Was genau ist in Spanien passiert?

Offenbar sind während des Zahlungsprozesses Daten in falsche Hände gelangt. Mastercard-Sprecher Klein spricht von einem möglichen "Datenabgriff", wollte aber nicht bestätigen, dass dieser in Spanien stattfand. Wenn ein Kunde beim Händler mit einer Karte bezahle, wird eine Informationskette in Gang gesetzt, um die Zahlung unter den Banken abzugleichen, heißt es vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Irgendwo auf diesem Weg muss es eine Schwachstelle gegeben haben. "Es gibt eine kriminelle Industrie, die versucht, alle Lücken auszuschöpfen", sagt vzbv-Bankenexperte Frank-Christian Pauli.

Gibt es Schadensfälle?

Dem Bundeskriminalamt zufolge sind "bislang keine deutschen Geschädigten bekannt". Allerdings gibt es tagesschau.de-User, die von verdächtigen Abbuchungen berichten. Ob diese aber mit der jetzt entdeckten Sicherheitslücke zusammenhängen, ist unklar. Den Instituten zufolge ist der Austausch der Kreditkarten eine rein präventive Maßnahme. Der stellvertretende Direktor des Instituts für Finanzdienstleistungen, Achim Tiffe, hält es jedoch für sehr wahrscheinlich, dass Betrüger die Sicherheitslücke genutzt haben. Wenn Kreditkarten im großen Stil ausgetauscht werden, "dann muss schon sehr viel passiert sein", sagt er.

Kreditkarte mit einem Abrechnungsbeleg

Kunden sollten ihre Abrechnungen genau überprüfen.

Müssen Kunden jetzt besondere Vorkehrungen treffen?

Nein. Laut Mastercard müssen sich Karteninhaber keine Sorgen machen, sie sollten lediglich, wie gewöhnlich, ihre Kreditkartenabrechnungen genau prüfen. Der Datenabgriff werde untersucht, die Ermittlungen liefen.

Wer haftet?

Das Risiko liegt Mastercard-Sprecher Klein zufolge bei den Banken, allerdings müsse der Kunde seine Sorgfaltspflicht erfüllen. Dazu gehöre, die Abrechnung zu überprüfen und bei Unregelmäßigkeiten die Bank sofort zu informieren. Die Einspruchsfrist gegen die Abrechnung kann man auf der Kreditkartenrechnung nachlesen. "Sollte etwas passieren, der Kunde haftet auf keinen Fall", sagte Citibank-Sprecherin Tanja Janz.