EU-Spitzenpolitiker zu Krisengesprächen in Athen Griechenland vor der "Woche der Entscheidung"
Auf annähernd 300 Milliarden Euro wird die griechische Staatsverschuldung geschätzt. Das raubt auch in Brüssel vielen den Schlaf. Heute reisen EU-Währungskommissar Rehn und der Fraktionschef der Sozialdemokraten, Schulz, nach Athen, um auf einen harten Sparkurs zu drängen.
Von Ulrich Pick, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Glaubt man der griechischen Zeitung "Ethnos", so beginnt für Athen die "Woche der Entscheidung". In der Tat könnten die kommenden Tage für Griechenland zu einer heißen und vor allem entscheidenden Phase in der Bewältigung seiner Wirtschafts- und Finanzkrise werden.
Denn am heutigen Montag wird EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn erwartet. Auch der Brüsseler Fraktionschef der Sozialdemokraten, Martin Schulz, will kommen. Er soll ausgesprochen gute Kontakte in die griechische Hauptstadt haben. Beide Politiker werden auch mit Ministerpräsident Giorgos Papandreou zusammentreffen.
Rätsel um Ackermann-Visite
Bereits am vergangenen Freitag hatte es unerwarteten Besuch gegeben: Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann flog an die Ägäis. Auch wenn sämtliche Beobachter davon ausgingen, dass sein Treffen mit dem Regierungschef eine Art Ouvertüre zum Besuch Papandreous in Berlin gewesen sein dürfte, wollte Ackermann den wartenden Journalisten nichts Konkretes mitteilen: "Ich bin regelmäßig in Griechenland, weil ich Griechenland auch liebe. Es ist ein wunderschönes Land." Er habe in dem Land mit Kunden und Parlamentariern gesprochen und die "Ehre" gehabt, auch den Ministerpräsidenten zu treffen. "Wir hatten ein sehr produktives Gespräch über die gesamte Situation."
Griechen sollen mit "Hagel von Sparmaßnahmen" rechnen
Als Schlüsselsituation wird das Treffen Papandreous mit Kanzlerin Angela Merkel in Berlin am Freitag gewertet. Seit Tagen spricht der Athener Regierungschef immer wieder von einem "schmerzhafen und qualvollen" Weg zur Genesung der griechischen Finanzen. Gleichzeitig stimmt die Presse die griechische Bevölkerung auf einen "Hagel von Sparmaßnahmen" ein. In Berlin und Paris, so heißt es, werde zur Zeit fieberhaft nach Möglichkeiten gesucht, wie man Griechenland helfen könne, ohne dabei die EU-Regeln zu verletzen.
Frankreichs Wirtschaftsministerin Christine Lagarde betonte am Wochenende in diesem Zusammenhang, dass es einen Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone nicht geben werde. Bei den vorgeschlagenen Hilfen sollten sowohl private als auch staatliche Partner beteiligt werden.
Ein "enges Korsett" aus Brüssel
Unterdessen forderte Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, Griechenland müsse die Bemühungen, sein Defizit zu drücken, noch einmal intensivieren. Anderenfalls könnten Sanktionen verhängt werden, sagte er der Athener Zeitung "Elefterotypia".
Allerdings sieht deren leitender Wirtschaftsredakteur Kostas Tsouropoulos hinter den Forderungen auch gewisse Schwierigkeiten: "Die EU hat uns ein enges Korsett verpasst. Sie zwingt uns, innerhalb von drei Jahren unser Defizit unter drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu drücken. Es ist ein sehr ambitioniertes Programm, das die griechische Regierung entworfen hat." Er fürchte aber, dass es sehr schwierig werde, dieses auch einzuhalten. Denn seine Umsetzung bringt Arbeitslosigkeit und Depression in der Wirtschaft in einem Moment, in dem die Ökonomie Wachstum braucht.
Griechenland hat mehr als 300 Milliarden Euro Schulden - rund 125 Prozent des griechischen Bruttoinlandsproduktes.