Letzter Arbeitstag beim IWF Lagarde zieht weiter nach Frankfurt
Nach acht Jahren an der Spitze des Internationalen Währungsfonds zieht Lagarde weiter nach Frankfurt. Die Europäische Zentralbank erwartet eine Chefin, die in allem Potenziale sieht - und sich für freien Welthandel einsetzt.
Acht Jahre lang war Christine Lagarde die Chefin des Internationalen Währungsfonds IWF. Heute räumt sie ihren Schreibtisch in Washington, weil sie in Zukunft die Europäische Zentralbank leiten soll.
Eine machtvolle Position - denn der IWF beeinflusst mit den Milliarden seiner fast 200 Mitgliedsstaaten die Weltwirtschaft. Und gleichzeitig ist der Posten ein Puzzlestück in ihrem Lebenslauf, der immer wieder als Beweis dient, dass Lagarde ihren Job als Teamplayerin versteht: Sie war einmal Mitglied der französischen Nationalmannschaft für Synchronschwimmen. Kaum eine Sportart baut mehr auf absolutes Vertrauen und Verlässlichkeit auf.
Sie sieht das Potenzial - auch im US-Handelsstreit
Gleichzeitig vertritt sie klare Positionen und kann notfalls allein kämpfen. Für freien Welthandel zum Beispiel - weil niemand einen Handelskrieg gewinnen könne, unter dem am Ende jeder leide, sagt sie.
Lagarde schaut differenziert auf das, was passiert. Nie käme sie auf den Gedanken, die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump einfach zu verdammen, sondern sie sucht in allem die Chancen: Wenn der amerikanische Druck in Sachen Handel am Ende Gutes bewirke beim Schutz des geistigen Eigentums oder einem besseren Verständnis von Subventionen, dann werde es für alle besser, meint sie.
Durchlässigere Märkte, auf denen zum Beispiel mehr Dienstleistungen international angeboten werden könnten, wären ein Schub für mehr Wachstum.
Christine Lagarde setzt auf Zusammenarbeit - äußert aber deutlich ihre Meinung, wenn sie Differenzen sieht.
Kritik an Deutschlands Politik der "Schwarzen Null"
Bei allem Bekenntnis zur freien Marktwirtschaft hat Lagarde kein Problem damit, massiv einzugreifen, wenn Gefahr für die Weltwirtschaft droht. Genau darin sieht sie ihre Aufgabe: Zu steuern.
Damit ist sie zum Beispiel während der Eurokrise auf Konfrontationskurs mit dem damaligen deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble geraten: Der wollte Griechenland zum Sparen zwingen, sie aber wollte die Schulden erlassen und mit frischem Geld für Aufschwung sorgen.
Den unterschiedlichen Umgang mit Schulden hält sie bis heute für eines der großen Probleme. Zwischen einem hohen Haushaltsdefizit der USA und der deutschen Position, einen Überschuss zu schaffen, entstehe ein gefährliches Ungleichgewicht.
Und Lagarde ist der Überzeugung, dass Deutschland zu wenig investiere, um die Wirtschaft anzukurbeln.
Ihr Anliegen: Frauenförderung als Wirtschaftsmotor
Ein Thema war ihr während ihrer Zeit beim IWF immer besonders wichtig: Frauen in der Finanzwelt zu fördern und dafür zu sorgen, dass sie weltweit eine größere Rolle in der Wirtschaft spielen. Sie ist fest davon überzeugt, dass die Bankenkrise so nicht passiert wäre, wären die Vorstände nicht fast reine Männerclubs:
Wenn man sich anschaut, wie Banken mit Risikomanagement umgehen, die Frauen in Führungspositionen haben, dann sieht man, dass sie besser dastehen.
Für mehr Frauen als Unternehmerinnen und in verantwortlichen Positionen hat sie sich immer eingesetzt - nicht als Förderprogramm für Frauen, sondern als Treibstoff für Wachstum und eine stabilere Weltwirtschaft.