Begehrte Rohstoffe Wie viel Lithium braucht Deutschland - und woher?
Der Bedarf an Lithium ist groß und wächst weiter. Doch Deutschland ist abhängig von ausländischen Märkten - trotz eigener Vorkommen. In Bitterfeld startet jetzt die erste Lithiumhydroxid-Raffinerie Europas.
Es ist keine Frage: Lithium wird gebraucht - für Smartphones und für Laptops, vor allem für die Akkus, die in Elektrofahrzeuge eingebaut werden. Und der Bedarf wird weiter steigen. Dem metallisch glänzenden, silbrig-weißen Leichtmetall wird längst eine Schlüsselstellung zugeordnet, wenn es darum geht, von fossilen Energieträgern wegzukommen.
Lithium-Vorkommen gibt es vor allem im sogenannten "Lithium-Dreieck" zwischen Bolivien, Argentinien und Chile, aber auch in China. Das Problem für Deutschland und für viele andere europäische Staaten ist, dass dieser wertvolle Rohstoff deshalb zu fast 100 Prozent importiert werden muss. China spielt in dem Geschäft eine Schlüsselrolle, vor allem, was die Verarbeitung betrifft. "In China kann man zu günstigeren Bedingungen produzieren", sagt Marco Schwarzbach. Er ist Rohstoffexperte bei der DekaBank. "Das liegt unter anderem am Arbeitsschutz, an den Umweltauflagen. Die wären im europäischen Bereich wesentlich höher. Weshalb die Abhängigkeit von China so hoch ist momentan."
Förderung ist teuer
Dabei könnten die Europäer durchaus auf eigene Lithium-Vorkommen zurückgreifen. Die gibt es etwa in Finnland, Großbritannien, Portugal oder in der Tschechischen Republik. Auch in Österreich ist man seit Jahren dabei. Große Vorkommen lagern in Wolfsberg in Kärnten.
Doch Lithium zu fördern ist teuer - zu teuer, sagen viele. Dass in den vergangenen beiden Jahren die Preise eingebrochen sind, macht die Sache nicht einfacher. Viele Projekte werden deshalb auf Eis gelegt oder dorthin ausgelagert, wo die Produktionskosten niedriger sind.
Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung nicht besonders hoch ist, was den Lithiumabbau betrifft. Viele fürchten Umweltzerstörungen im großen Stil. Dass solche Sorgen nicht aus der Luft gegriffen sind, zeigen Beispiele aus Australien oder aus Südamerika. Dort wurden Böden teilweise komplett umgepflügt, um neue Brunnen oder Transportwege zu bauen. Der Wasserverbrauch ist hoch. "Das heißt, hier kommt es durchaus in sehr trockenen Regionen zu noch knapperen Trinkwasserständen", so Experte Schwarzbach. "Und das ist dann tatsächlich etwas, wo die Wasserverschwendung immer mal wieder angeführt wird."
Mehr Rohstoffe aus Europa?
Ungeachtet dessen drängt Bundeskanzler Olaf Scholz darauf, von den wenigen großen Rohstofflieferanten und Rohstoff-Verarbeitern unabhängiger zu werden. Er setzt auf Rohstoffe aus der EU.
Wenn wir uns nicht dazu bekennen, dass, wenn man Rohstoffe haben will, sie nicht nur aus Ländern kommen, wo Diktaturen die Probleme mit der Öffentlichkeit auf eigenwillige Weise lösen, dann muss man in Demokratien hingehen und sagen, wir wollen nicht nur Rohstoffe von woanders, wir wollen sie auch bei uns.
Im Erzgebirge und im Oberrheingraben lagert der wertvolle Rohstoff. In Bitterfeld-Wolfen nimmt jetzt die erste Lithiumhydroxid-Raffinerie Europas die Arbeit auf. "Das Lithium, das wir in Bitterfeld verarbeiten, kommt im Wesentlichen aus unserer eigenen Mine in Brasilien", erklärt Stefan Scherer, der Geschäftsführer von AMG Lithium. "Das wird dann weiter verarbeitet zu einem Intermediat, kommt dann nach Bitterfeld und wird dann in batterietaugliches Lithiumhydroxid umgewandelt."
Könnte Deutschland oder Europa komplett unabhängig von Lithium-Importen werden? Wohl kaum. Dazu ist der Bedarf in den Industrieländern zu hoch. Solche Projekte wie jetzt in Bitterfeld-Wolfen können aber dazu beitragen, die Importabhängigkeit zu reduzieren. Es wird darum gehen, an neuen Techniken zu arbeiten. Und: Das Recycling von Rohstoffen sollte man nicht unterschätzen.