Schlechtere Prognose für Luftfahrtbranche Über den Wolken winken weniger Gewinne
Der hohe Ölpreis, die Unruhen in der arabischen Welt sowie das Erdbeben in Japan werden die Fluggesellschaften weltweit teuer zu stehen kommen. Die Unternehmen werden nach Angaben des Branchenverbandes IATA deshalb in diesem Jahr nicht einmal halb so viel Gewinn einfliegen wie bislang erwartet.
Der internationale Dachverband der Fluggesellschaften IATA hat die Gewinnerwartungen der Branche erneut deutlich gesenkt. Die aktualisierte Schätzung geht davon aus, dass die Fluglinien in diesem Jahr ein Plus von vier Milliarden Dollar erwirtschaften werden. Im März waren noch 8,6 Milliarden Dollar prognostiziert worden und im Dezember 9,1 Milliarden Dollar. Sollten sich die neuen Vorhersagen bestätigen, wäre das ein Einbruch von 78 Prozent im Vergleich mit den 18 Milliarden Dollar Gewinnen, die die Branche im vergangenen Jahr verbuchte.
Steigender Ölpreis lässt Gewinne einbrechen
IATA-Generaldirektor Giovanni Bisignani begründete die starke Korrektur der Prognose mit dem steigenden Ölpreis, den Folgen des Erdbebens und des Tsunamis in Japan sowie mit den Auswirkungen der Unruhen in vielen Staaten der arabischen Welt. Im März hatten der Luftfahrt-Dachverband für das laufende Jahr noch einen durchschnittlichen Preis von 96 Dollar pro Fass Rohöl erwartet. Inzwischen geht die IATA-Prognose von einem Durchschnittspreis von 110 Dollar je Fass aus. "Jeder Dollar Anstieg kostet die Fluggesellschaften 1,6 Milliarden Dollar", sagte Bisignani. Das habe zur Folge, dass in diesem Jahr der Treibstoff 30 Prozent der Kosten der Fluglinien ausmachen werde - 2001 seien es nur 13 Prozent gewesen.
Die Folgen der Unruhen in Nordafrika und im Nahen Osten trifft vor allem die Fluglinien der betroffenen Länder. Die Luftfahrtgesellschaften der Region werden in diesem voraussichtlich nur noch einen Gewinn von 100 Millionen Dollar verbuchen - im vergangenen Jahr waren es noch 900 Millionen Dollar. Im asiatisch-pazifischen Raum werden sich der IATA-Prognose zufolge die Auswirkungen des Erdbebens und des Tsunamis in Japan bemerkbar machen. Dennoch ist die Region mit einem erwarteten Gewinn von 2,1 Milliarden Dollar weiter die profitabelste der Welt für die Luftfahrtbranche. Vor allem das starke Wirtschaftswachstum in China und Indien wird die negativen Effekte der Katastrophen in Japan mehr als kompensieren können.
Europäer spüren Schuldenkrise
Die europäischen Fluggesellschaften können laut IATA in diesem Jahr mit einem Gewinn von 500 Millionen Dollar rechnen - nach einem Plus von 1,9 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Die Schuldenkrise mehrere Staaten werde die Nachfrage spürbar beeinträchtigen. Die Fluglinien in Nordamerika können mit deutlich besseren Erträgen rechnen. Ihnen sagt die IATA-Schätzung einen Gewinn von 1,2 Milliarden Dollar im laufenden Jahr voraus. Auch das wäre allerdings ein massiver Einbruch im Vergleich mit den 4,1 Milliarden Dollar Gewinnen aus dem Vorjahr.
Trotz der schlechteren Gewinnaussichten rechnet die Branche mit einem deutlichen Wachstum. Die Zahl der beförderten Passagiere wird laut IATA in diesem Jahr voraussichtlich um 4,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigen. Im Frachtbereich sei mit einem Plus von 5,5 Prozent zu rechnen.
In der IATA sind 230 Fluggesellschaften organisiert, die nach Angaben des Verbandes zusammen 93 Prozent des weltweiten Flugverkehrs abwickeln.