Wirtschaft und Politik reagieren gemischt Geteiltes Echo auf Vorschläge der EU-Kommission
Die Pläne der EU-Kommission zur Reduzierung der Treibhausgase sowie zur Trennung der Strom- und Gasnetze von den Versorgungsfirmen sind bei Politik und Industrie auf ein geteiltes Echo gestoßen. Die Bundesregierung sieht nach Angaben von Regierungssprecher Thomas Steg eine Reihe positiver Ansätze. Für eine umfassende Bewertung sei es noch zu früh, da das komplette Vorschlagspaket der Regierung noch nicht vorliege. "Unser Eindruck ist, dass die Vorstellungen der Kommission eine gute Grundlage sind, um den Frühjahrsgipfel vorzubereiten und die energiepolitische Diskussion beim Frühjahresgipfel zu führen", sagte Steg.
Oberstes Ziel: Versorgungssicherheit
In den Grundzielen seien sich die Bundesregierung, die derzeit die EU-Präsidentschaft innehat, und die Kommission einig, unterstrich Steg. Hierbei gehe es um die Sicherstellung der Versorgungssicherheit, die Schaffung von mehr Wettbewerb, mehr Transparenz und letztlich auch günstigere Energiepreise für die Verbraucher. "Dieses Ziel wollen wir erreichen, und da gibt es auch keinen Dissens", sagte der Sprecher. Mit welchen Instrumenten das zu erreichen sei, welche eigentumsrechtliche Fragen dabei auftauchten, "das wird man sehen".
Gabriel betont Bedeutung der Klimaziele
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel begrüßte die Kommissionsvorschläge zum Klimaschutz: "Mit diesen Zielen ist die EU-Kommission Vorreiter im Klimaschutz", sagte er." Die EU-Staaten seien die ersten, die sich weltweit zu einer 30-Prozent-Verringerung beim Kohlendioxid-Ausstoß (CO2) bis 2020 gegenüber 1990 verpflichten wollten. "Das wird andere unter Zugzwang setzen." Dazu gehörten etwa die Staaten Ostasiens wie Japan aber auch Kanada. "Und dann natürlich die USA." Gabriel bekräftigte, wenn die EU 30 Prozent leiste, werde Deutschland 40 Prozent CO2-Kürzung bis 2020 anstreben.
Bedenken zu Netz-Plänen der Kommission
Sowohl Wirtschafts- als auch Umweltministerium verwiesen jedoch auch auf rechtliche Probleme einer erzwungenen Trennung von Netz und Versorgern. "Wir müssen erst einmal prüfen, ob das verfassungsmäßig kompatibel mit dem Recht auf Eigentum ist", sagte Wirtschaftsminister Michael Glos. Der CSU-Politiker wollte aber eine solche Trennung auch nicht ausschließen. "Für mich stehen vor allem die Interessen der Verbraucher im Vordergrund", sagte er. Bisher hatte die Bundesregierung eine Trennung von Netz und Versorgern strikt angelehnt.
Der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, lehnte eine vollständige Trennung ab: "Wir sollten prüfen, ob die bereits eingeleitete Entflechtung, die Ausgliederung der Netztöchter in rechtlich eigenständige Firmen, nicht schon ausreicht", sagte er dem "Handelsblatt". Der Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW) warnte vor einer faktischen Enteignung der Unternehmen. Außerdem bestehe die Gefahr eines zusätzlichen Bürokratismus, der den Wettbewerb behindere.
Grünen mit Vorschlägen unzufrieden
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast, kritisierte ebenfalls die Empfehlung, dass die Energiekonzerne ihre Netze abgeben sollen. Das sei eine "windige Konstruktion, die am Ende die Erzeuger noch immer im Besitz der Netze lässt", sagte die ehemalige Bundesverbraucherministerin. Die Absicht der Kommission, den Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid bis 2020 um 20 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken, nannte sie ein "sehr, sehr unehrgeiziges Ziel".
BDI begrüßt EU-Vorstöße
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hält die Vorschläge der EU-Kommission für mehr Wettbewerb bei Strom und Gas grundsätzlich für richtig. "Die Absichten der Kommission zielen insgesamt in die richtige Richtung. Wir müssen aber aufpassen, dass mit dem guten Willen zu mehr Wettbewerb keine neuen bürokratischen Strukturen aufgebaut werden", sagte BDI-Präsident Jürgen Thumann.