Vor Beratungen über Dienstleistungsrichtlinie Zehntausende demonstrieren vor EU-Parlament
Mindestens 30.000 Gewerkschafter aus ganz Europa haben in Straßburg gegen die geplante Dienstleistungsrichtlinie der EU protestiert. Die Demonstranten zogen in Richtung Europaparlament, wo eine Debatte über das umstrittene Vorhaben zur Marktöffnung für grenzüberschreitende Dienstleistungen stattfindet.
Arbeitnehmer aus ganz Europa haben in Straßburg gegen die geplante Liberalisierung von EU-Dienstleistungen demonstriert. Die Organisatoren schätzen die Zahl der Teilnehmer aus ganz Europa auf knapp 40.000, die Polizei spricht von 30.000. Am Nachmittag sollte der Marsch am Sitz des Europäischen Parlaments ankommen. Die Abgeordneten wollen dort über den Entwurf beraten und am Donnerstag darüber abstimmen. Nach Polizeiangaben wurden die Demonstranten mit 500 Bussen und sieben Charterflugzeugen in die elsässische Stadt gebracht. Allein aus Deutschland reisten laut einem DGB-Sprecher an die 17.000 Demonstranten an. Das Gelände rund um das Europaparlament, wo im Januar randalierende Hafenarbeiter erhebliche Schäden verursacht hatten, war von mehreren hundert Polizisten weiträumig abgeriegelt.
Herkunftslandprinzip eigentlich vom Tisch
Die Richtlinie sah ursprünglich vor, dass Dienstleister künftig in ganz Europa tätig werden können, ohne dabei die vor Ort geltenden Bestimmungen einhalten zu müssen. Stattdessen sollten sich die erforderlichen Genehmigungen nach den Auflagen im Heimatstaat des Dienstleisters richten. Dieses so genannte Herkunftslandprinzip löste bei Gewerkschaften in Westeuropa die Sorge aus, dass damit Sozialdumping gefördert würde.
Ein Kompromiss der beiden größten Fraktionen im Parlament, Christdemokraten und Sozialisten, sieht vor, das Herkunftslandprinzip in wesentlichen Punkten abzuschwächen. So sollen für Dienstleister auch weiterhin die nationalen Vorschriften des Ziellands gelten, wenn dies der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, dem Umwelt- oder dem Gesundheitsschutz dient. Weitergehende Forderungen der Sozialdemokraten, dies auf die Sozialpolitik und den Verbraucherschutz auszuweiten, stoßen im Parlament auf Widerstand, vor allem bei Abgeordneten aus den osteuropäischen Ländern.
Hoffnung auf neue Arbeitsplätze
Die Angst der Beschäftigten vor einer Öffnung der Märkte war einer der Gründe, warum die Franzosen und Niederländer die geplante EU-Verfassung im vergangenen Jahr bei zwei Referenden abgelehnt hatten. Der Kompromissentwurf soll dem jetzt Rechnung tragen. Studien gehen davon aus, dass eine Öffnung der Dienstleistungsmärkte in Europa bis zu 600.000 neue Arbeitsplätze schaffen würde. Befürworter der Richtlinie argumentieren, dass nach der Öffnung der Märkte für den Warenverkehr die Liberalisierung von Dienstleistungen ein logischer Schritt wäre.