Proteste in Straßburg Tausende Hafenarbeiter kämpfen gegen EU-Richtlinie
Zwei Tage vor der Abstimmung über die Hafenrichtlinie im EU-Parlament haben 6000 Hafenarbeiter in Straßburg gegen die umstrittene Liberalisierung protestiert. Dabei kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei. In vielen europäischen Häfen legten Beschäftigte erneut die Arbeit nieder.
Etwa 6000 Hafenarbeiter aus ganz Europa haben in Straßburg vor dem EU-Parlament gegen die geplante europäische Hafenrichtlinie demonstriert. Dort steht am Mittwoch das so genannte Port Package II zur Abstimmung. Allein aus Belgien waren 3000 Hafenarbeiter zu dem Protesten angereist. Auch aus Deutschland waren etwa 300 Arbeiter gekommen.
Während des Protestmarsches gerieten Teilnehmer und Polizei gewaltsam aneinander. Demonstranten warfen Steine und Bierflaschen auf Polizisten, die ihrerseits Tränengas und Wasserwerfer einsetzten. Zahlreiche Arbeiter schleuderten auch Feuerwehrskörper und Leuchtraketen in den Hof vor dem Eingang des Europaparlaments, der von der Polizei mit zahlreichen Mannschaftswagen abgeriegelt worden war. Mehrere Fensterscheiben des Parlamentgebäudes gingen zu Bruch.
Stillstand in vielen Häfen
Gleichzeitig mit den Protesten in Straßburg legten, wie schon vergangenen Mittwoch, in vielen europäischen Ländern tausende Hafenarbeiter die Arbeit nieder. In Griechenland, Frankreich Spanien und Belgien kam der Betrieb vielerorts größtenteils oder komplett zum Erliegen. In Antwerpen, Brüssel, Gent und Seebrügge wurde kein Schiff entladen. In Marseille streikten praktisch alle Hafenarbeiter im Logistikbereich und in den Reparaturwerften, im zweitgrößten französischen Hafen Le Havre waren es alle Schauerleute und die meisten Mitarbeiter der Hafenverwaltung.
Während die EU-Kommission sich von der Neuregelung mehr Wettbewerb erhofft, befürchten die Gegner der Richtlinie Sozialdumping und den Verlust von Arbeitsplätzen. Die umstrittene Richtlinie sieht unter anderem vor, dass Lotsendienste, Schleppdienste und das Löschen von Ladung an zeitlich befristete Konzessionen gebunden werden. Außerdem sollen Reedereien ihre Schiffe selbst be- und entladen dürfen. Das ist bisher den Unternehmen vorbehalten, die in den Häfen ansässig sind.
Tiefensee befürwortet eine Ablehnung
Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee warnte vor der geplanten Liberalisierung der Hafendienste. Die EU-Kommission, die die Hafenrichtlinie erarbeitet hat, berücksichtige nicht den "gnadenlosen Wettbewerb", den es bereits unter den Häfen gebe, sagte Tiefensee in Deutschlandradio Kultur. Ein Nein des EU-Parlaments wäre "das Beste".
Tiefensee warnte vor Wettbewerbsverzerrungen. Die EU habe sich mit der Lissabon-Strategie eine größere Konkurrenz zu internationalen Häfen in Asien und Nordamerika auf die Fahnen geschrieben. "Hier ein weiteres Dumping von Preisen in Gang zu setzen oder sogar Arbeitsplätze und das, was an Investitionen an europäischen Häfen vorgenommen werden muss, zu gefährden, das wäre absolut kontraproduktiv", betonte der Minister.