Prozess gegen Chodorkowski Schuldig in allen Anklagepunkten
Im Strafprozess gegen den Ölunternehmer Chodorkowski sieht das Moskauer Gericht die Schuld des Angeklagten als erwiesen an. Dem Gründer des russischen Ölkonzerns Yukos wird Betrug und Steuerhinterziehung zur Last gelegt. Vor dem Gericht gab es Demonstrationen - sowohl für als auch gegen Chodorkowski.
Der Ölunternehmer Chodorkowski ist in Moskau in allen sieben Anklagepunkten schuldig gesprochen worden. Das teilte die zuständige Richterin Irina Kolesnikowa mit. Dem Gründer des russischen Ölkonzerns Yukos werden unter anderem Betrug und Steuerhinterziehung zur Last gelegt.
Das von der Staatsanwaltschaft vorgelegte Belastungsmaterial sowie Zeugenaussagen haben nach Einschätzung des Gerichts die Schuld des Angeklagten bestätigt. Nach russischem Prozessrecht ist dies aber noch kein endgültiger Schuldspruch, da das Gericht in seinem Urteil noch nicht auf die Umstände des Tathergangs eingegangen ist. Dies folgt dann morgen.
Die Verkündung des Strafmaßes für Chodorkowski und zwei seiner Geschäftspartner ist nach Ansicht der Verteidigung nicht vor Donnerstag zu erwarten. Die Staatsanwaltschaft fordert die Höchststrafe von zehn Jahren Haft. Der 41-Jährige Angeklagte hat alle Vorwürfe zurückgewiesen.
Nach russischem Strafrecht geht der Verkündung des Urteils die Verlesung der Begründung voraus. Dies kann mehrere Tage dauern, denn sie umfasst etwa 1000 Seiten.
Chodorkowskis Verteidigung beklagte, die Richterin habe in ihrer Urteilsbegründung Wort für Wort die Staatsanwaltschaft zitiert. Die Beweisführung der Verteidigung habe sie vollkommen ignoriert, sagte Anwalt Juri Schmidt.
Demonstranten vor dem Gericht
Vor dem Gericht gab es auch am Dienstag wieder Demonstrationen - sowohl für als auch gegen Chodorkowski. Einige Demonstranten hielten Plakate hoch, auf den denen stand: "Chodorkowski, gib uns unser Geld wieder." Dies spiegelt die Gefühle vieler Russen wieder, die den Geschäftsleuten, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zu Beginn der 90er Jahre riesige Reichtümer anhäuften, tief misstrauen.
Die USA kritisierten mit Blick auf Chodorkowskis Prozess erneut das russische Rechtssystem."Die Handhabung der Chodorkowski-Yukos-Affäre hat Russlands Ruf untergraben und das Vertrauen in Russlands richterliche und juristische Institutionen geschwächt", sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums. Es sei im Interesse der russischen Regierung, dass die durch den Prozess deutlich gewordenen institutionellen Defizite möglichst bald und direkt angegangen würden.Das Verfahren gegen den Unternehmer hat das Vertrauen ausländischer Investoren in den Standort Russland angekratzt.
Politisch motiviertes Verfahren?
Chodorkowskis Anhänger halten das Verfahren für politisch motiviert. Sie sehen in dem Prozess einen Versuch des Kremls, Chodorkowski wegen seiner Unterstützung der Opposition zu bestrafen. Der Gründer von Yukos war im Oktober 2003 verhaftet worden. Die wichtigste Yukos-Tochter Yuganskneftegas wurde wegen Steuerschulden zwangsversteigert.