Öllieferungen aus Russland unterbrochen Merkel und EU fordern Ende des Ölstreits
Die EU-Kommission und Bundeskanzlerin Merkel haben sich in den Energiestreit zwischen Russland und Weißrussland eingeschaltet und eine sofortige Wiederaufnahme der Öllieferungen nach Westeuropa gefordert. Verhandlungen zwischen Weißrussland und Russland über ein Ende des Konflikts kommen in Moskau nicht richtig in Gang.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso haben den unerwarteten Lieferstopp russischen Erdöls nach Westeuropa scharf verurteilt. Merkel sagte, es werde immer wieder Vertrauen zerstört, wenn ohne Konsultationen ein derartiger Schritt erfolge. Barroso sprach nach einem Treffen mit der Bundesregierung von einem "inakzeptablem und beunruhigendem" Vorgang.
Merkel kritisiert russische Informationspolitik
Die amtierende EU-Ratspräsidentin Merkel kritisierte, dass die EU von der Unterbrechung der Öllieferungen aus Russland nach Deutschland durch das benachbarte Weißrussland nicht informiert worden sei: "Konsultationen sind das Mindeste, wenn es Schwierigkeiten gibt." Merkel betonte aber zugleich, dass Russland grundsätzlich ein verlässlicher Partner sei. Selbst in Zeiten des Kalten Krieges seien die Russen ihren Verpflichtungen nachgekommen.
Bundeskanzlerin fordert neue Energiestrategie
Merkel bekräftigte die Notwendigkeit, von Energieimporten unabhängiger zu werden. Dabei sei wichtig, dass kein Land der Europäischen Union im Stich gelassen werde. Wichtig sei der Ausbau erneuerbarer Energien und der Energieeffizienz. Zu Einzelheiten des von der EU-Kommission geplanten Aktionsplans zu Energie und Klimaschutz wollte sich die Kanzlerin nicht äußern. Sie sei davon überzeugt, dass die Kommission eine "weise Entscheidung " treffen werde, sagte Merkel.
Beratungen über Nutzung strategischer Reserven
Ein EU-Krisenstab soll am Donnerstag über das mögliche Anzapfen strategischer Öl-Reserven beraten. Die EU-Kommission berief Experten der 27 Mitgliedstaaten in dieser "dringenden Angelegenheit " nach Brüssel ein, wie ein Sprecher von EU-Energiekommissar Andris Piebalgs sagte. An dem Treffen nehmen womöglich auch Vertreter Russlands oder Weißrusslands teil. Die Internationale Energiebehörde (IEA) forderte Russland und Weißrussland ebenfalls auf, ihren Streit über Erdöllieferungen nach Europa umgehend beizulegen. IEA-Chef Claude Mandil sagte jedoch im Gespräch mit tagesschau.de, dass der Konflikt nur sehr geringe Folgen für den europäischen Energiemarkt haben werde.
Putin will Lieferungen nach Westeuropa garantieren
Russlands Präsident Wladimir Putin forderte angesichts der Blockade sein Kabinett auf, alles zur Garantie der Öllieferungen nach Westeuropa zu tun. Während des derzeitigen Konflikts mit seinem Nachbarn sei Russland möglicherweise gezwungen, seine Ölförderung zu drosseln, wurde Putin von der Nachrichtenagentur Itar Tass zitiert. Beobachter werteten die Anweisung als Zeichen dafür, dass Moskau mit einem längeren Energiestreit rechnet.
Bisher keine Verhandlungen in Moskau
Zur Beilegung des Disputs über die Erdöllieferungen von Russland nach Europa reiste eine ranghohe weißrussische Delegation unter der Leitung des stellvertretenden weißrussischen Ministerpräsidenten Andrej Kobjakow nach Moskau. Geplant waren Gespräche mit russischen Regierungsvertretern, um die Unterbrechung der Erdöllieferungen zu beenden. Kobjakow forderte Gespräche ohne Vorbedingungen. Aus Delegationskreisen verlautete allerdings, es sei nicht gelungen, Verhandlungen mit Russland aufzunehmen. Russische Vertreter erklärten, die Gespräche könnten erst beginnen, wenn Weißrussland die angekündigte Transitgebühr für Öl zurückziehe.
Seit dem Wochenende keine Lieferungen
Wegen eines Streits mit Weißrussland hatte Russland am Wochenende eine wichtige Ölleitung durch das Nachbarland geschlossen und damit auch die Versorgung Deutschlands beschnitten. Der russische Pipeline-Betreiber Transneft begründete dies damit, dass Weißrussland sich illegal mit Öl aus der Pipeline versorge. Weißrussland wies die russischen Vorwürfe zurück.
Streit schwelt seit Monaten
Der Energiestreit zwischen Weißrussland und Russland begann bereits vor mehreren Monaten. Minsk muss seit Jahresbeginn 100 Dollar je 1000 Kubikmeter Erdgas an den russischen Konzern Gazprom zahlen - doppelt so viel wie bisher. Zudem führte Russland einen Exportzuschlag von 180 Dollar pro gelieferte Tonne Öl ein. Die Regierung in Minsk reagierte darauf mit der Ankündigung, rückwirkend zum 1. Januar eine Transitgebühr in Höhe von 45 Dollar pro Tonne russischen Öls zu erheben, das über ihr Gebiet Richtung Westen gepumpt wird.