Zögerliche Buchungen Omikron bremst die Reiselust
Noch vor wenigen Wochen sah es nach einem Comeback der Reisebranche aus. Nun dämpfen die neue Corona-Variante Omikron und Reiserestriktionen die Lust auf Urlaub in der Ferne.
Wo kann man noch sorgenlos hinreisen? Das fragen sich immer mehr Bürgerinnen und Bürger angesichts zunehmender Corona-Neuinfektionen und neuer (Teil-)Lockdowns in mehreren Ländern. Manche Staaten wie Israel, Australien und Japan haben ihre Grenzen wieder dicht gemacht. Andere Länder haben die Einreisebedingungen verschärft. Selbst die liberale Schweiz verlangt von allen Einreisenden, auch von Geimpften, einen negativen PCR-Test. Und die Weltgesundheitsorganisation WHO rät derzeit über 60-Jährigen ganz vom Reisen ab.
Die Kundinnen und Kunden reagieren verunsichert. "Die Ungewissheit, wie sich die Situation weiter entwickelt, führt zu einer spürbaren Zurückhaltung bei den Buchungsentscheidungen", hat Norbert Fiebig, Präsident des deutschen Reiseverbands DRV, festgestellt. Er rechnet erst mit einer deutlichen Belebung der Nachfrage ab dem zweiten Quartal 2022. Das Reiseanalysehaus TDA prophezeit der Branche einen harten Winter. Schon in den beiden ersten November-Wochen habe es bei Neubuchungen einen leichten Abwärtstrend gegeben, wissen die Experten. Dass die hohen Corona-Infektionszahlen und Omikron die Nachfrage für die Wintermonate weiter bremsen werden, sei absehbar.
Easyjet sieht erste Bremsspuren
Fluggesellschaften vermelden erste negative Auswirkungen der Reiserestriktionen. Der britische Billigflieger Easyjet berichtete jüngst über eine etwas nachlassende Nachfrage. "Bei kurzfristigen Buchungen sehen wir auf wenigen Strecken Stornierungen", sagte ein Lufthansa-Sprecher.
Noch verbreiten die Reiseveranstalter Optimismus. Vor zwei Wochen jubelte TUI-Deutschland-Chef Stefan Baumert über die "Wintersaison, die Fahrt aufgenommen" habe. Viele Urlaubsorte, die noch vor einem Jahr aus dem Programm genommen waren, seien inzwischen wieder buchbar und gut nachgefragt. Der größte deutsche Reiseveranstalter ging von so hoher Nachfrage nach Flugreisen in den Weihnachtsferien aus, dass er sein Angebot aufstockte. Die Airline TUIfly bietet 36.000 zusätzliche Sitzplätze an - vor allem für Flüge zu den Kanarischen Inseln, aber auch zu Badezielen in Portugal und auf die Kapverden.
Kanaren, Karibik und Kapverden besonders beliebt
Laut TUI liegen die klassischen Ziele wie die Kanarischen Inseln im Winterreisegeschäft derzeit ganz vorn. Begehrt seien auch die Kapverden, die Malediven, die Seychellen, Mauritius, die Dominikanische Republik und die Vereinigten Arabischen Emirate wie Dubai. Auf die Malediven würden fast so viele Menschen reisen wie vor der Pandemie, sagt Baumert. In Ägypten sieht die TUI noch Nachholeffekte. Ähnliche Kunden-Präferenzen hat der Reiseveranstalter Alltours festgestellt Aktuell "laufen Kanaren, die Dominikanische Republik und die Malediven gut", sagte ein Konzernsprecher zu tagesschau.de.
Der Kölner Reisekonzern DER Touristic, eine Tochter von Rewe, berichtete jüngst ebenfalls über eine hohe Nachfrage: Ende Oktober lagen die Buchungen für das beliebte Winterziel Ägypten doppelt so hoch wie im Jahr 2018 vor der Pandemie, hieß es. Reisen auf die Kanaren und auf die Malediven seien auch sehr beliebt. Auch bei Reisebüros liegen Fernreise-Ziele in der Karibik und im Indischen Ozean in dieser nasskalten Jahreszeit im Trend. Sie berichteten über eine starke Nachfrage in die "DomRep", Kuba sowie einzelne Traumressorts auf den Malediven. Das Südafrika-Geschäft dagegen ist eingebrochen.
Bangen um den Skiurlaub
Wer jetzt lieber innerhalb Europas verreisen möchte, der dürfte es schwer haben. Die Skisaison droht zur Zitterpartie zu werden. Österreich hat gerade erst einen mehrwöchigen Lockdown beendet. Nun hofft die Tourismusindustrie in der Alpenrepublik, dass die Saison endlich losgehen kann. Sollten die Corona-Zahlen aber wieder massiv steigen, könnte es erneut Einschränkungen geben. Klar ist, dass Ungeimpfte wohl nicht in Berghütten und Seilbahn-Gondeln hineindürfen. Wer Urlaub in Österreich machen will, braucht für Hotels, Restaurants, Skilifte und sonstige Kultureinrichtungen einen Impf- oder Genesenen-Nachweis. Die 2G-Regel gilt auch für Kinder ab zwölf Jahren.
Eine Alternative könnte Skiurlaub in der Schweiz sein. Die Eidgenossen sind deutlich lockerer. Sie lassen alle Ausländer auf Skipisten zu. Allerdings muss man bei der Einreise seit eineinhalb Wochen einen negativen PCR-Test vorweisen, selbst wenn man geimpft ist. Drei bis vier Tage nach der Einreise muss dann ein weiterer Antigen-Schnelltest gemacht werden. Das kann für Familien mit Kindern schnell ins Geld gehen, zumal die Schweiz schon jetzt als sehr teures Reiseland gilt. Der Schweizer Franken hat zuletzt deutlich aufgewertet gegenüber dem Euro.
Bayerns Skipisten nur für Geimpfte und Genesene
Billiger ist Skiurlaub in Deutschland. Doch ob dieser möglich ist, bleibt nach wie vor ungewiss. Wegen hoher Corona-Neuinfektionen hat Bayern harte Restriktionen verhängt. Für Seilbahnen wird jetzt 2G verlangt. Zwar hat vor dreieinhalb Wochen die Zugspitze die Skisaison unter 2G-Regeln gestartet, aber der große Ansturm blieb aus. Viele Skifahrer haben ein mulmiges Gefühl, wenn unten im Tal die Krankenhäuser mit Corona-Kranken überbelegt sind.
Noch wäre ein Abgesang auf den Skiurlaub verfrüht, warnt die TUI. Der Reisekonzern ist zuversichtlich, dass die Wintersaison in Österreich stattfinden kann. Die Saison laufe erst nach Weihnachten richtig an. "Die österreichischen Winterziele werden weiter gut gebucht, ebenso wie die Schweiz", hieß es noch vor zwei Wochen von der TUI.
Frühbucher können noch umbuchen oder stornieren
Wem das Risiko zu groß ist, der kann relativ flexibel umbuchen - vorausgesetzt, er hat die Reise schon lange gebucht. Die TUI bietet weiterhin den "Flex-Tarif" an: Kunden können gegen einen Aufpreis bis zwei Wochen vor Reisebeginn umbuchen oder stornieren. Noch kulanter ist Alltours: Die Aktion "Flexibel buchen" wird bis zur Sommersaison 2022 verlängert. Wer bis Ende Januar eine Klassik-Reise für die Zeit bis Ende April bucht, kann bis sieben Tage vor der Abreise eine kostenlose Stornierung oder Umbuchung machen. Ab Mai ist dann eine Umbuchung bis 14 Tage vor der Abreise möglich. Für Last-Minute-Bucher indes sind Umbuchungen deutlich schwieriger und teurer.
Erteilt das Auswärtige Amt eine Reisewarnung für ein Hochrisiko- oder Virusvariantengebiet oder kann der Veranstalter die Reise nicht wie vereinbart durchführen, dürften Kunden in der Regel kostenfrei stornieren. Wer jedoch eine Reise bucht, obwohl Einschränkungen schon absehbar waren, erhält meist kein Geld zurück, sagen Verbraucherschützer. Vor allem Individualreisende haben im Vergleich zu Pauschalreisenden deutlich weniger Rechte.