Proteste gegen Subventionsabbau Wie es den Landwirten in Deutschland geht
An vielen Orten protestieren die Bauern gegen Kürzungen. Was bedeuten die gestrichenen Subventionen für die landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland in Zahlen? Und welche Subventionen fließen weiter?
Am Donnerstag demonstrieren erboste Landwirte in Kassel. Vor Weihnachten gab es Aufmärsche in Berlin und in mehreren weiteren Städten Verkehrsblockaden. Das hat in den Regierungsparteien zu Diskussionen über den Sinn des geplanten Endes für zwei Agrarsubventionen geführt.
Dem Deutschen Bauernverband reichen Diskussionen nicht. Er fordert, die Subventionen wie gehabt in vollem Umfang beizubehalten. "Wer eine gesamte Branche und den ländlichen Raum so massiv vor den Kopf stößt, muss sich über eskalierenden Widerstand nicht wundern", erklärt Verbandspräsident Joachim Rukwied. Für Mitte Januar sind weitere Proteste angekündigt. Sie kommen aus einer Branche, deren Gewinne steigen und die viele staatliche Subventionen bekommt.
Autosteuer in der Landwirtschaft
Die aktuelle Diskussion dreht sich um Agrardiesel und die Autosteuer. Wer Diesel in landwirtschaftlichen Maschinen verbrennt, bekommt einen Teil der Energiesteuer zurück: 21,48 Cent pro Liter. Pro Betrieb macht das im Durchschnitt jährlich knapp 2.900 Euro. Das zeigt der amtliche Lagebericht des Bundeslandwirtschaftsministeriums.
Komplizierter ist es bei der Autosteuer. Bisher sind Trecker und Mähdrescher von der Steuer befreit. Bei Privatautos fällt die Autosteuer nicht sonderlich ins Gewicht. Landwirtschaftliche Fahrzeuge sind etwas ganz anderes: Die Motoren haben leicht zwölf Liter Hubraum und bringen 500 PS auf den Acker. Fahrzeuge wiegen oft deutlich mehr als zehn Tonnen. Der Steuerrechner des Finanzministeriums zeigt: Bei regulärer Besteuerung kämen schnell 1.200 Euro pro Jahr Autosteuer zusammen.
Was heißt das für den einzelnen Betrieb?
Wie viel landwirtschaftliche Fahrzeuge hat ein Betrieb? Das Kraftfahrt-Bundesamt nennt für die Landwirtschaft knapp 450.000 Fahrzeuge, davon 340.000 Zugmaschinen. Nicht alle Fahrzeuge sind steuerfrei. Wenn das landwirtschaftliche Unternehmen ein Auto hat, zahlt es auch Autosteuer.
Auch beziehen sich die Daten nicht nur auf Bauern, sondern auch auf Förster und Fischer. Der Großteil der Fahrzeuge dürfte aber in Scheunen von Unternehmen der Landwirtschaft stehen. Davon gibt es gut 260.000. Daraus lässt sich kalkulieren, dass das durchschnittliche Unternehmen ein bis zwei steuerbefreite Fahrzeuge selbst betreibt.
40.000 Euro Subvention soll bleiben
Wenn die Subventionen von Agrardiesel und Autosteuer gestrichen werden, läuft das also auf eine jährliche Belastung von 4.000 bis 5.000 Euro pro durchschnittlichem Betrieb hinaus. Der Bauernverband veröffentlicht selbst keine Zahlen. Sein Präsident Rukwied nannte die Pläne "unzumutbare Vorschläge".
Im Wirtschaftsjahr 2021/22 erhielten Unternehmen der Landwirtschaft im Durchschnitt knapp 48.000 Euro Subventionen. Davon dürften etwa 5.000 Euro auf Coronahilfen entfallen sein, die nicht dauerhaft fließen. Nicht eingerechnet sind Subventionen, die den Unternehmen helfen, ohne dass sie in ihre Kasse fließen. So zahlt der Staat jährlich 100 Millionen Euro Zuschuss an die landwirtschaftliche Unfallversicherung, was die Beiträge der Unternehmen mindert.
Zieht man all diese Daten zusammen, ergibt sich, dass nach den geplanten Subventionskürzungen Landwirtschaftsunternehmen noch immer langfristig mit um die 40.000 Euro subventioniert werden.
Gewinne sprudeln
Trotz starker Schwankung bessert sich die Gewinnlage der deutschen Landwirtschaft seit Jahren. Blieben vor 20 Jahren noch 42.000 Euro übrig, waren es vor zehn Jahren 56.000 Euro und 82.000 Euro im Wirtschaftsjahr 2021/22.
Das ist einerseits einem guten Markt für Produzenten zu verdanken. Zwar stiegen die Kosten für Futter, Dünger und sonstige Betriebsmittel zuletzt drastisch. Doch konnte die Landwirtschaft das an ihre Kunden weitergeben - und zusätzlich noch die Preise erhöhen: Die wesentlichen Produkte Milch, Getreide und Rindfleisch sind nach Berechnungen des Landwirtschaftsministeriums im abgelaufenen Wirtschaftsjahr um ein Viertel teurer vom Hof gegangen als in der Saison 2020/21.
Größere Betriebe
Andererseits wirtschaften Unternehmer für Viehzucht und Ackerbau immer besser. Die genutzte Fläche ist seit Jahren gleich groß. Sie wird aber von immer weniger Unternehmen bearbeitet. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gab es vor 20 Jahren noch knapp 440.000 Unternehmen gegenüber 260.000 im Jahr 2020.
Die amtliche Erhebung belegt, dass Betriebe mit 50 oder mehr Hektar Maschinen, Gebäude und Personal viel wirtschaftlicher einsetzen können als kleine und mittlere Bauern.