Internet-Knotenpunkt Frankfurts Rechenzentren boomen
Online-Angebote wären ohne Rechenzentren nicht möglich. Besonders viele davon stehen in der hessischen Finanzmetropole Frankfurt am Main. Doch das hat seinen Preis.
Eine Stadt, die sich in den vergangenen Jahren zur Rechenzentrums-Hauptstadt Europas entwickelt hat, ist die Finanzmetropole Frankfurt am Main. In keiner anderen Stadt Europas stehen so viele Rechenzentren, und durch keinen anderen Internetknoten auf der ganzen Welt laufen so viele Daten.
Luftbild des neuen Rechenzentrums FRA15 von Interxion in Frankfurt am Main.
Daten fressen Strom
Doch der Titel "Internet-Hauptstadt Europas" hat seinen Preis: Durch die Datenzentren wächst der Stromverbrauch in Frankfurt rasant. Die Stadt macht sich nun Gedanken, wie sie den Rechenzentren-Boom möglichst nachhaltig gestalten kann.
Derzeit gibt es in Frankfurt knapp 60 Colocation-Rechenzentren, in denen ein Betreiber mehreren Kunden Rechenzentrumsfläche anbietet. In den riesigen Hallen stehen zahlreiche Rechner, die die Daten der Unternehmen verarbeiten. Für die Bearbeitung müssen die Rechner gut gekühlt sein. So werden die Rechenzentren daher auch "große und gut gesicherte Kühlschränke" genannt.
Größter Internetknoten der Welt sitzt in Frankfurt
Der Hauptgrund, warum sich so viele "große Kühlschränke" in Frankfurt ansiedeln, ist der Standort des weltweit größten Internet-Knotens DE-CIX in der Mainmetropole. An der Datendrehscheibe DE-CIX sind etwa 1000 Netze, vor allem aus dem europäischen Raum, zusammengeschaltet. Das garantiert eine hohe Bandbreite und Kontrolle über den Verlauf des Datenverkehrs - was spätestens seit Corona für Firmen enorm wichtig ist.
Ein anderer Grund ist die hohe Nachfrage vor Ort: Die Finanzbrache in Frankfurt mit Deutscher Börse und Europäischer Zentralbank (EZB) braucht die Rechenzentren, um ihre Daten schnell transferieren zu können. Und auch datenschutzrechtliche Gründe sorgen dafür, dass Kapazitäten in Deutschland aufgebaut werden. Denn die Datenschutzgrundverordnung verlangt, dass Daten vermehrt in Deutschland gespeichert werden und nicht in Gebieten mit anderer Rechtslage.
In Europas Internet-Hauptstadt Frankfurt am Main laufen alle Kabel zusammen.
Versandhändler wird zum Rechenzentrum
Die Rechenzentren seien ein "Standortvorteil" für Frankfurt, so der Planungsdezernent Mike Josef (SPD). Immer mehr Unternehmen komme es darauf an, dass sie ihre Daten schnell transferieren könnten und suchten daher die Nähe von Rechenzentren. Um die steigende Nachfrage zu decken, werden jedes Jahr mehrere Hundert Millionen Euro im Rhein-Main-Gebiet in neue Datacenter investiert.
Die drei großen Rechenzentrums-Anbieter Equinix, E-Shelter und Interxion überbieten sich quasi darin, wer mehr Datacenter in Frankfurt betreiben kann. Im Juli kündigte Interxion an, den ehemaligen Sitz des Versandhändlers Neckermann in Frankfurt zu einem großen IT-Standort mit Rechenzentren zu entwickeln. Bis zum Jahr 2028 soll im Digital Park Fechenheim mehr als eine Milliarde Euro investiert werden, sagt der Interxion-Geschäftsführer Jens Prautzsch. Und auch im Frankfurter Osten nahe der EZB baut das Unternehmen aktuell ein 175 Millionen Euro teures Rechenzentrum.
Rechenzentren verbrauchen mehr Strom als Frankfurter Flughafen
Doch je mehr Rechenzentren in Frankfurt in die Höhe schießen, umso mehr rücken auch die Nachteile des Rechenzentrumsausbaus in den Fokus: Da die Datenverarbeitung sehr energieintensiv ist, haben die Rechner einen sehr hohen Stromverbrauch und geben viel Wärme ab. Die Kühlung bedarf ebenfalls viel Strom.
Im Jahr 2018 machten die Rechenzentren mit 1,3 Terawattstunden etwa ein Fünftel des Gesamtstromverbrauchs in Frankfurt aus. Sie verbrauchen mittlerweile sogar mehr Strom als der Frankfurter Flughafen und sind damit der größte gewerbliche Stromabnehmer in Frankfurt.
Um den steigenden Energiebedarf der Rechenzentren zu decken, haben drei Konzerne Tennet, Mainova und Avacon Ende August angekündigt, 750 Millionen Euro bis 2027 in das Frankfurter Stromnetz zu investieren. Das Projekt soll das weitere Wachstum des weltweit größten Internetknotenpunkts sichern.
Das Rechenzentrum FRA15 bietet laut Interxion eine hochmoderne, sichere und skalierbare lnfrastruktur.
Rechenzentren sollen grüner werden
Das Land Hessen will außerdem verstärkt Projekte zur Effizienzsteigerung und Abwärmenutzung der Rechenzentren fördern. Bis 2050 will das Bundesland klimaneutral sein. Die Rechenzentren mit ihrem hohen Strombedarf könnten dem Land da einen Strich durch die Rechnung machen.
Die Grünen in Hessen fordern, dass die Rechenzentren nur noch mit Ökostrom betrieben werden. Laut Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir geht es aber nicht nur darum, dass Rechenzentren ihren Strombedarf aus Erneuerbaren Energien decken, sondern auch um den effizienten Einsatz von Energie: "Dazu zählt etwa der integrative Ansatz, die Abwärme eines Rechenzentrums als Heizwerk für umliegenden Gewerbe- oder Wohngebiete zu nutzen", so Al-Wazir.
Grüne Rechenzentren wie das Cloud&Heat im Frankfurter Bankenviertel, das bis zu 90 Prozent der entstehenden Abwärme für Gebäudeheizung nutzt, sollen kein Einzelfall bleiben. Auch Interxion will für seinen neuen Digital Park Fechenheim die Abwärme der Rechenzentren nutzen, um Bürogebäude und Wohnblocks in der Umgebung zu beheizen.
Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammen denken
Der Boom der Rechenzentren zeigt, wie wichtig es ist, dass Digitalisierung und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen. Einerseits werden die Datacenter gebraucht, um die Digitalisierung weiter voranzubringen und die Wirtschaft nachhaltiger zu gestalten. Umgekehrt verbrauchen gerade die Rechenzentren sehr viel Energie.
Es ist also entscheidend, dass alle Akteure - Rechenzentren-Betreiber, Energieversorger, Netzbetreiber, Stadtplaner und Wissenschaft - an einem Strang ziehen, damit Rechenzentren die produzierte Abwärme nutzen und dabei so wenig Energie wie möglich verbrauchen.