Reform der EU-Ökoverordnung Gesunde statt schwarzer Schafe
Die EU-Kommission will künftig höhere Standards bei Bioprodukten. Produktion, Verarbeitung und Vertrieb sollen strenger kontrolliert werden, um schwarzen Schafen das Leben zu erschweren. Auch für Futter und Saatgut sind höhere Anforderungen geplant.
"Also, wenn bio drauf steht, ist mir das wirklich auch sehr wichtig, dass bio drin sein soll", sagt eine Kundin, die häufig Bioprodukte kauft. Die Auswahl in vielen Supermärkten ist mittlerweile ziemlich groß. Doch ist das wirklich alles 100 Prozent bio? Manchmal, erzählt die Kundin weiter, frage sie sich: "Stimmt die Qualität wirklich mit dem überein, was mir auf der Packung versprochen wird? Denn in den Mengen, in denen das hier verkauft wird, habe ich doch manchmal Zweifel."
Der Bio-Markt in der Europäischen Union ist in den vergangenen zehn Jahren um 300 Prozent gewachsen. 2012 ließen europäische Verbraucher sich Bioprodukte rund 21 Milliarden Euro kosten. "Nach dem Willen der EU-Kommission sollen Verbraucher in Zukunft mehr Vertrauen bei Bioprodukten haben", sagt Agrarkommissar Dacian Ciolos.
Nicht über das Ziel hinausschießen
Falsche Bio-Eier, gepanschter Wein: Die EU-Kommission will schwarzen Schafen in der europäischen Biobranche das Leben schwerer machen. Deshalb sieht der Gesetzentwurf schärfere Vorschriften und strengere Kontrollen für Produzenten vor. Künftig sollen alle Beteiligten überwacht werden: von der Produktion, über die Verarbeitung bis zum Vertrieb.
Das findet der Grünen-Europaabgeordnete Martin Häusling für große Bioproduzenten sinnvoll. Zum Beispiel wenn diese massenhaft Hühner halten. "Da muss man die Verordnung verschärfen, da muss man die Kontrollen verbessern", fordert er. "Aber das heißt nicht, dass ich jeden kleinen Schafhalter, der irgendwo zehn Bio-Schafe hält, jetzt mit den ganzen Verschärfungen konfrontiere, wo es keinen Grund gibt." Es müsse sehr genau differenziert werden, wo es ein Problem gebe und wo strengere Regeln nötig seien. Die Frage sei: "Muss ich jetzt im Grunde allen Biobauern noch schärfere Richtlinien auferlegen?"
Verlockend für Betrüger: Für Obst mit dem Bio-Siegel nach geltender Ökoverordnung können die Produzenten mehr verlangen.
Muss man nicht, finden einige europäische Agrarminister - unter ihnen der deutsche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt von der CSU. Er kann die Sorge von Biobauern angesichts von noch mehr Regeln nachvollziehen: "Nicht alles, was aus Brüssel kommt, erleichtert ja und nutzt dem Verbraucher. Wir müssen uns schon auf das konzentrieren, was Verbraucher und Erzeuger in eine vertrauensvolle Verbindung bringt."
Höhere Anforderungen an Futter und Saatgut
Auch die Anforderungen an Futter und Saatgut sollen höher werden. So muss das Futter für Tiere, dessen Fleisch mit dem EU-Biosiegel verkauft wird, künftig 100 Prozent ökologisch produziert sein. Bislang reichen 95 Prozent. Und auch das Saatgut soll nicht konventionell sein dürfen, wenn das Obst und Gemüse später als "bio" verkauft werden soll.
Ein Problem für Erzeuger, mein Stefan Swoll, Geschäftsführer des Bundes ökologischer Lebensmittelhersteller in Deutschland. "Heute ist es so, dass wir im Getreidebereich mit ökologischem Saatgut sehr gut aufgestellt sind. Aber in Spezialkulturen, wie zum Beispiel Artischocken, ist nicht ausreichend ökologisches Saatgut vorhanden.“
Was geschieht nun mit dem Vorschlag der EU-Kommission - den viele Bioverbände aber auch Landwirtschaftsminister und EU-Abgeordnete grundsätzlich gut finden, aber im Detail ändern wollen. Nicht viel, meint Häusling von den Grünen. In zwei Monaten wird in Europa gewählt. Deshalb werde der Vorschlag wohl erst einmal auf Eis gelegt. "Entscheidend ist: Wer wird Kommissar? Wie sieht das neue Parlament aus? Und dann werden wir vielleicht im Oktober mit den Beratungen anfangen."