Debatte über gemeinsame Staatsanleihen Regierung will von Elite-Bonds nichts wissen
Eurobonds lehnt die Bundesregierung beharrlich ab. Laut einem Zeitungsbericht sind nun als neue Variante Elite-Bonds im Gespräch: gemeinsame Anleihen der sechs Euro-Staaten mit der besten Kreditwürdigkeit. Die Bundesregierung dementierte solche Pläne, Eurogruppenchef Juncker ist strikt dagegen.
Im Vorfeld des Treffens der EU-Finanzminister rückt eine neue Variante gemeinsamer europäischer Staatsanleihen ins Blickfeld. Es handelt sich um die Idee sogenannter Elite-Bonds. Im Gegensatz zu den bisher von Deutschland abgelehnten Eurobonds sollten sie nicht von allen 17 Euro-Staaten ausgegeben werden, sondern nur von den sechs Ländern der Eurozone mit der höchsten Kreditwürdigkeit. Neben Deutschland verfügen derzeit noch Frankreich, Finnland, die Niederlande, Luxemburg und Österreich über die beste Bonitätsnote "AAA" (Triple-A).
Schutzwall für kreditwürdigste Länder
Die "Welt" berichtete unter Berufung auf Diplomaten, dass die Bundesregierung die Einführung solcher Elite-Bonds erwäge. Die Pläne seien Teil eines Konzepts, bei dem sich im Rahmen eines Euro-Sondervertrags zunächst nur wenige Euro-Staaten auf eine strengere Haushaltskontrolle und eine stärker verzahnte Finanzpolitik verständigten. Bundeskanzlerin Angela Merkel wolle diese Pläne aber nur umsetzen, wenn nicht alle 27 EU-Staaten der von ihr geforderten Änderung der EU-Verträge verbindlich zustimmen. Ziel der neuen Bonds sei es, die Lage der Triple-A-Länder zu stabilisieren und zugleich "einen glaubwürdigen Schutzwall zu errichten, der die Finanzmärkte beruhigt", berichtete die Zeitung. Mit diesem Geld könnten nicht nur die Schulden der Triple-A-Länder finanziert werden, sondern gegen strenge Auflagen auch Hilfen für Krisenländer wie Italien und Spanien, hieß es.
Die Bundesregierung dementierte den Bericht. "Es gibt keine Planungen für 'Triple A"-Bonds' oder 'Elite-Bonds', wie in dem Artikel dargestellt", erklärte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums. Planungen für "Elite-Bonds" seien auch nicht Thema des Treffens von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mit seinen Amtskollegen aus Finnland und den Niederlanden am vergangenen Freitag gewesen. "Derartige Diskussionen gibt es auch nicht mit unseren britischen Kollegen."
Schäuble hält Eurobonds-Debatte für schädlich
Gestern hatte Schäuble im Bericht aus Berlin betont, dass er die Debatte über Eurobonds für "schädlich" halte. Im Kampf gegen die Schuldenkrise strebe die Bundesregierung eine Änderung der EU-Verträge an, um Vertrauen zu schaffen. Die Staaten müssten demnach die Verschuldungsgrenzen einhalten und ihre Haushaltsentwürfe in Brüssel vorlegen - "und wenn sie das nicht tun, kann die EU-Kommission sie zurückweisen, dann werden sie nicht genehmigt". Das Bundesfinanzministerium betonte, dass all dies nichts mit Elite-Bonds zu tun habe.
Elite-Bonds stoßen auf Ablehnung
FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle schloss Elite-Bonds in einer ersten Reaktion nicht kategorisch aus. Diese seien etwas anderes als Eurobonds, weil eine gleiche Bonität der beteiligten Länder zusammenkomme, sagte Brüderle. Deutschland, die Niederlande, Österreich und Finnland hätten das gleiche Ranking. Später ließ er über seine Sprecherin allerdings erklären: "'Elite-Bonds' mögen zwar nach einem anderen Mechanismus laufen. Aber alles, was auf eine Vergemeinschaftung der Schulden hinausläuft, ist genauso falsch wie Euro-Bonds und lehnen wir deshalb ab."
Auch FDP-Generalsekretär Christian Lindner wandte sich strikt gegen Elite-Bonds. Die Partei lehne gemeinsame Anleihen europäischer Staaten generell ab, sagte er. Dabei sei es egal, ob es sich um "gelbe Bonds, blaue Bonds, Elite-Bonds oder James Bonds" handele. Auch Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker erteilte Elite-Bonds eine klare Absage. Entweder einige man sich unter allen 27 EU-Mitgliedern oder man finde eine Lösung für die 17 Euro-Staaten. Aber "der Versuch, sogar die Eurozone zu spalten und die Währungsunion in zwei Gruppen zu organisieren, scheint mir eine sehr schlechte Idee" zu sein, sagte er.
Moody's warnt Europäer vor Bonitätsverlust
Die Ratingagentur Moody's verstärkte unterdessen den Druck auf die Eurostaaten. Die Schuldenkrise bedrohe die Bonität aller europäischen Länder, warnte die Agentur in einem Bericht. Auch Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) warnte vor einer Ausweitung der Schuldenkrise. Ein "größeres negatives Ereignis" in der Eurozone könne verheerende Auswirkungen für die Wirtschaft weltweit haben.
Für die Eurozone insgesamt sieht die OECD bereits eine "milde Rezession". Für 2012 sagte sie den 17 Staaten insgesamt ein Wirtschaftswachstum von lediglich 0,2 Prozent voraus - Deutschland könne mit einem Plus von 0,6 Prozent rechnen. Für Italien wird ein Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,5 Prozent prognostiziert. Portugal muss sogar mit einem Minus von 3,2 Prozent rechnen. Die Schätzung für Griechenland liegt bei minus 3,0 Prozent.