Treffen der EU-Finanzminister Schäuble setzt auf Salami-Taktik
Der deutsche Finanzminister legt beim Treffen mit seinen EU-Amtskollegen "ganz am Rande" einen Vorschlag auf den Tisch, wie man die Transaktionssteuer doch noch einführen könnte: Scheibchenweise. Schäuble hat auch schon Fürsprecher gefunden - ein Durchbruch scheint aber weit entfernt.
Von Cai Rienäcker, SWR-Hörfunkstudio Brüssel
Steuerfragen gehören in der Europäischen Union zu den heikelsten Verhandlungsthemen. Für jede Entscheidung ist Einstimmigkeit erforderlich. Und entsprechend kommen die Verhandlungen über die Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene nur zentimeterweise voran, wenn überhaupt.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat in Kopenhagen einen neuen Vorstoß unternommen, um das Projekt nicht ganz sterben zu lassen. Schäuble antwortete bereits am Freitag auf die Frage, ob er dafür genug Verbündete habe: "Ich bin voller Verbündeter. 27 Mitglieder der Europäischen Union. Das diskutieren wir aber nur am Rande."
Schäubles Plan: Schritt für Schritt
Die in Großbritannien auch Stempelsteuer genannte Börsensteuer zielt auf den Umsatz aus dem Handel mit Aktien oder börsenfähigen Wertpapieren. In Großbritannien liegt der Steuersatz in der Regel bei 0,5 Prozent. Kritiker bemängeln, dass dadurch hochspekulative Aktivitäten nicht erfasst würden, auch der gesamte Devisenbereich nicht. Zudem werden durch die Stempelsteuer in Großbritannien nur Geschäfte mit Anteilen von inländischen Unternehmen belastet.
So "ganz am Rande" legte Deutschland in Kopenhagen einen Vorschlag auf den Tisch, wie man die Diskussion um die Finanztransaktionssteuer wieder aus der Sackgasse holen könnte. Eine europaweite Abgabe auf alle Formen von Spekulationspapieren ist in den 27 EU-Staaten derzeit nicht durchsetzbar, auch nicht als Alleingang der Eurozone. Also schlägt Schäuble vor, die Abgabe auf Finanzgeschäfte schrittweise einzuführen.
Erste Stufe könnten die schon praktizierte Stempelsteuer in Großbritannien oder die französische Aktivitätssteuer sein. Auf jeden Fall würde sich die Abgabe zunächst auf Aktiengeschäfte beschränken. Termin- und Anleihengeschäfte, der Derivatehandel, würden erst einmal außen vor bleiben.
Unterstützung aus Schweden
In Frankreich wird ab August eine Abgabe erhoben, die in Teilen der britischen Börsenumsatzsteuer ähnelt, denn auch hier sind Geschäfte mit Devisen oder Staatsschuldtiteln nicht eingeschlossen, und nur Aktien von in Frankreich börsennotierten Firmen fallen darunter. Der Steuersatz soll bei 0,1 Prozent liegen. Paris rechnet mit Einnahmen von rund einer Milliarde Euro pro Jahr.
Der schwedische Finanzminister Anders Borg hält das für einen guten Ansatz: "Wir glauben, dass es besser wäre, eine pragmatische Lösung zu finden. Die Stempelsteuern zum Beispiel, in Frankreich und Großbritannien. Das wäre nicht so teuer für die Wirtschaft und würde nicht so einen großen Effekt auf die Finanzmärkte haben. Wenn wir alle 27 EU-Länder einbinden wollen, müssen wir pragmatisch sein und eine Lösung finden, die auch in London akzeptiert werden kann."
Wenn die Briten und die Schweden mit im Boot sind, könnte es auch in einer Reihe von anderen EU-Staaten grünes Licht für eine europaweite Abgabe auf Finanzgeschäfte geben, auch wenn es sich dann vorerst nur um eine abgespeckte Version handeln würde.
"Wir sammeln nur Ideen"
In Kopenhagen haben die EU-Finanzminister nun eine Arbeitsgruppe eingesetzt, um die Möglichkeiten für eine "Transaktionssteuer light" zu prüfen.
Doch die dänische Gastgeberin, Finanzministerin Margrethe Vestager, fuhr die Erwartungen für diesen deutschen Vorstoß gleich wieder zurück: "Wir tragen im Moment im Grunde nur Ideen zusammen. Es ist extrem schwierig, eine Einstimmigkeit herzustellen. Deswegen sammeln wir Ideen über Inhalte und darüber, wie wir jetzt überhaupt vorgehen können."
Auf Nachfrage wurde die dänische Finanzministerin noch deutlicher: "Von einem Durchbruch sind die EU-Regierungen bei der Finanztransaktionssteuer noch weit entfernt." Es gehe im Moment eher darum, das Projekt einer Beteiligung der Finanzmärkte an den Kosten der Krise irgendwie überleben zu lassen.