Euro-Schuldenkrise Irland ist kein zweites Griechenland
Die Finanzmärkte sind nervös, weil Irland hoch verschuldet ist. Der Euro-Rettungsschirm scheint genau für einen solchen Fall geschaffen. Doch die Sache ist kompliziert: Denn das Kernproblem ist nicht der Staatshaushalt, sondern das Bankensystem. tagesschau.de gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen zur irischen Krise.
Warum ist Irland so hoch verschuldet?
Die irische Regierung hat die einheimischen Banken mit Hilfen in Milliardenhöhe vor dem Zusammenbruch gerettet. Die Institute hatten sich am Immobilienmarkt verspekuliert. Nach Schätzungen wird Irland für die Bankenrettung insgesamt etwa 50 Milliarden Euro aufbringen müssen - bei einem Bruttoinlandsprodukt von 160 Milliarden Euro. Das Haushaltsdefizit wird 2010 deshalb wohl 32 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmachen. Zusätzlich sind die Steuereinnahmen Irlands stark zurückgegangen. Auch ohne die Belastung durch die Bankenhilfen würde das Haushaltsdefizit in diesem Jahr zwölf Prozent betragen.
Was unterscheidet die Krise Irlands von der Griechenlands?
Im Gegensatz zu Griechenland droht in Irland keine unmittelbare Staatspleite. Die irische Regierung muss nach eigenen Angaben bis Mitte 2011 keine neuen Kredite aufnehmen. Die irische Wirtschaft ist zudem international wettbewerbsfähig: Im Gegensatz zu Griechenland hat Irland eine positive Handelsbilanz, exportiert also mehr Waren ins Ausland als es einführt. Die irischen Banken haben aber deutlich höhere Schulden bei ausländischen Instituten als griechische. Kurz: Während Griechenland mit strukturellen Problemen kämpft, muss Irland in erster Linie sein Bankensystem stabilisieren.
Lässt sich das irische Bankenproblem durch den Euro-Rettungsschirm lösen?
Nicht direkt. Die Finanzhilfen des Euro-Rettungsfonds dürfen zunächst nur an Staaten fließen. Die irische Regierung könnte die Kredite aber an die maroden Banken weiterleiten. Einige von ihnen wurden ohnehin bereits teilweise verstaatlicht. Die EU könnte die Sanierung des Finanzsektors sogar zur Bedingung für ihre Hilfen machen.
Was spricht dafür, Irland zu helfen?
Die EU befürchtet, dass die Krise auf andere Staaten übergreift. Neben Irland und Griechenland gelten auch Portugal und Spanien als angeschlagen. Für diese Staaten ist es bereits jetzt relativ teuer, Kredite am Finanzmarkt zu erhalten. Hilfen für Irland könnten die Lage beruhigen. Ein weiteres Argument für Hilfen des Euro-Rettungsfonds: Derzeit wird das irische Bankensystem von der Europäischen Zentralbank (EZB) am Leben gehalten. Die EZB will aber nicht weiter unbegrenzt Geld zur Verfügung stellen.
Was spricht gegen Finanzhilfen für Irland?
In Irland selbst werden die Hilfen des Euro-Rettungsfonds sehr kritisch gesehen. Das Land ist stolz auf seine Unabhängigkeit. Durch die Finanzhilfen würde sich die Regierung in Dublin den Sparvorgaben der EU unterwerfen - und müsste möglicherweise die Steuern erhöhen. Das würde aber das Wirtschaftsmodell des Landes gefährden: In den vergangenen Jahren hatte Irland internationale Unternehmen mit niedrigen Steuersätzen ins Land gelockt. Unklar bleibt außerdem, ob Kredite für Irland die Schuldenkrise im Euro-Raum wirklich beenden können. Möglich ist, dass sich die Spekulanten einfach auf das nächste Land stürzen.
Was sind die möglichen Auswirkungen für Deutschland?
Falls Irland Geld aus dem Euro-Rettungsfonds bekommt, müsste Deutschland für einen Teil der Hilfen bürgen. Diese Forderungen werden aber nur fällig, wenn Irland seine Schulden nicht mehr bezahlen kann. Gleichzeitig hat Deutschland ein besonders hohes Interesse daran, dass Irland zahlungsfähig bleibt. Denn die irischen Banken haben sich bei britischen und deutschen Instituten am höchsten verschuldet.
Wie geht es in dieser Krise weiter?
Wenn Irland um Finanzhilfen aus dem Euro-Rettungsschirm bittet, können erste Kredite aus dem Programm innerhalb von vier bis fünf Wochen fließen. Die Euro-Finanzminister entscheiden zunächst darüber, ob der Antrag gerechtfertigt ist. EU-Kommission, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) prüfen dann den Finanzbedarf - und vereinbaren mit der Regierung ein Reformprogramm. Den Bedingungen müssen Eurogruppe und IWF zustimmen.
Zusammengestellt von Yannick Christmann, tagesschau.de