Aktuelle Studie So viele Ausbildungsabbrüche wie nie zuvor
Etwa 155.000 Ausbildungsverträge in Deutschland wurden im vergangenen Jahr vorzeitig beendet. Ein Grund für die hohe Quote könnte Experten zufolge auch die günstige Lage am Arbeitsmarkt sein.
Laut Berechnungen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) wurden im Jahr 2022 155.325 Ausbildungsverträge vorzeitig aufgelöst. Im Jahr 2021 waren es noch 141.207. Damit stieg die sogenannte Lösungsquote auf 29,5 Prozent. Es handele sich um einen Höchststand, teilte das BIBB mit. Im Jahr davor lag sie bei knapp 27 Prozent. Ein Drittel davon in der Probezeit, ein weiteres Drittel nach der Probezeit, aber noch im ersten Ausbildungsjahr und weitere knapp 23 Prozent im zweiten Jahr nach Vertragsbeginn. Spätere Vertragsauflösungen sind eher selten.
Die Lösungsquote gibt den Anteil der vorzeitig aufgelösten Ausbildungsverträge an allen begonnenen Ausbildungsverträgen wieder. Die Ausbildungen würden in der Regel durch einen Aufhebungsvertrag oder durch Kündigung beendet, heißt es weiter. Die Berufsbildungsstatistik erhebe nicht, welche Form der Vertragsauflösung vorliege oder auf wessen Initiative der Vertrag vorzeitig beendet worden sei.
Niedrige Quoten im öffentlichen Dienst
Das Institut wies in der Studie allerdings darauf hin, dass es sich dabei nicht nur um Ausbildungsabbrüche handele. Dieser Begriff werde üblicherweise für das endgültige Verlassen eines Bildungsbereichs ohne erfolgreichen Abschluss verwendet. Viele Azubis wechselten lediglich Betrieb und Beruf, mindestens die Hälfte schlössen erneut einen Ausbildungsvertrag ab.
Differenziert man die Ausbildungsverträge nach Zuständigkeitsbereichen, zeigen sich laut BIBB höhere Lösungsquoten im Handwerk (2022: 36,7 Prozent), bei den Ausbildungsberufen der Freien Berufe (34,7 Prozent) sowie der Hauswirtschaft (32,6 Prozent). Mittleren Quoten bei gebe es bei den Ausbildungsberufen von Industrie und Handel sowie der Landwirtschaft (ca. 26 Prozent). Sehr niedrige Quoten ermittelt das BIBB in den Ausbildungsberufen des öffentlichen Dienstes mit 9 Prozent. Die Lösungsquoten von Männern und Frauen würden sich im Berichtsjahr 2022 - wie auch in den Vorjahren - kaum unterscheiden.
Komplexe Ursachen
Die Ursachen für vorzeitige Vertragsauflösungen seien vielfältig und komplex, so das BIBB. "Man kann davon ausgehen, dass sich neben der Leistungsbereitschaft und der Leistungsfähigkeit sowie dem Berufswahlverhalten der Auszubildenden auch betriebliche Ausbildungsbedingungen, die Qualität der Ausbildung, das Ausmaß an betrieblichen Ausbildungsinvestitionen, aber auch die Attraktivität des Ausbildungsberufs auf die Vertragslösungswahrscheinlichkeit auswirken", heißt es in der Studie.
Grund für die hohe Quote könnte nach Ansicht des BIBB auch die aus Sicht der Jugendlichen positive Lage am Ausbildungsmarkt sein. Bei auftretenden Problemen im Ausbildungsverhältnis würden Azubis eher einen Wechsel vornehmen, wenn sie wegen der günstigen Marktlage relativ einfach einen anderen Ausbildungsplatz finden könnten.
Außerdem seien Betriebe aufgrund des Nachwuchsmangels möglicherweise eher bereit, Azubis einzustellen, die sie für weniger geeignet halten. "Dies könnte in der Folge häufiger zu Problemen im Ausbildungsverlauf und einer vorzeitigen Beendigung des Ausbildungsverhältnisses führen." Laut Statistischem Bundesamt befanden sich Ende 2022 deutschlandweit 1,2 Millionen Personen in einer Berufsausbildung. Knapp 470.000 neue Ausbildungsverträge wurden im vergangenen Jahr abgeschlossen.