Chinesische E-Auto-Hersteller Showrooms in der City statt Autohaus am Stadtrand
Aufwendige Showrooms von meist asiatischen E-Auto-Herstellern verbreiten sich in deutschen Innenstädten. Marken wie NIO, Polestar, Genesis oder BYD ziehen in die besten Lagen.
Stephane Burger hat glänzende Augen, wenn er den 1.600 Quadratmeter großen Showroom präsentiert. Der Regionalmanager des chinesischen E-Auto-Herstellers NIO ist stolz auf die Dependance in der Frankfurter Innenstadt. "Wir sind noch am Anfang, wir haben das Haus erst letztes Jahr Ende März eröffnet."
NIO verfolgt ein völlig neues Verkaufskonzept. Im Showroom finden sich nicht nur Autos. Jeder kann hier reinspazieren und einen Kaffee schlürfen, kostenlos in Co-Working-Spaces arbeiten, Meetings abhalten und dabei seine Kinder in einer Art chinesischem Smaland abgeben. Ziel ist es, eine Kunden-Community aufzubauen, die früher oder später einen NIO kauft und der Marke ein Leben lang treu bleibt.
Aufmerksamkeit ist alles
Direkt daneben residieren weitere E-Auto-Produzenten wie Polestar, ein Zusammenschluss von Volvo und dem chinesischen Hersteller Geely, sowie Genesis, Ableger der koreanischen Marke Hyundai.
Auch BYD ist gerade dabei, in verschiedenen deutschen Städten Showrooms aufzubauen. Die Verkaufsräume des chinesischen Herstellers sind zwar kleiner, verfolgen aber das gleiche Ziel wie NIO: Aufmerksamkeit um jeden Preis. Und der Preis ist hoch.
Experten vermuten, dass etwa in der Frankfurter Innenstadt Millionen investiert wurden, um am hart umkämpften Automarkt Fuß zu fassen. "Die wissen, die brauchen einen langen Atem, aber wenn man jetzt nicht investiert, wird man auch niemals ein potenzieller nächster Tesla sein können", sagt dazu der Marketing-Experte Christian Schulze von der Frankfurt School of Finance and Management.
Bei Polestar versucht man nicht, eine große Community wie bei NIO aufzubauen. "Wir sehen, dass wir noch ganz viel Erklärungsbedarf haben", sagt Head of Sales Frank Mäling. "Letztes Jahr war erst jedes fünfte Auto rein elektrisch, das in Deutschland zugelassen wurde. Das heißt für uns auch: Vier von fünf haben immer noch hohen Beratungsbedarf, und denen wollen wir zeigen, warum Elektromobilität kein Verzicht ist." Polestar wolle so lange in der Frankfurter Innenstadt bleiben, bis diese Mission erfüllt ist.
Deutsche Hersteller: Fehlanzeige
Showrooms von deutschen Herstellern sucht man in den Innenstädten vergeblich. Sie müssen aber auch nicht mehr um ihre Bekanntheit kämpfen. Marken wie VW, Mercedes oder Opel kennt jedes Kind. Sie verfolgen das Konzept der Niederlassungen und Autohäuser am Rande der Städte.
Einer dieser Autohausbesitzer ist Arturo Rinaldi im Frankfurter Stadtteil Alt-Rödelheim. Er beobachtet die Entwicklung mit einem gewissen Respekt. "China ist risikofreudiger, China ist effizienter", sagt er. Er wünscht sich, dass die deutsche Politik nicht nur auf E-Mobilität setzt, "damit wir das Standbein Verbrenner nicht komplett aufgeben".
Doch wie es aussieht, ist die Angst vor dem chinesischen Drachen etwas verfrüht. NIO verkündet zwar, fünf Automodelle erfolgreich auf dem deutschen Markt platziert zu haben. Die Zahl der Neuzulassungen im vergangenen Jahr sind aber eher bescheiden, da haben sogar Mitbewerber die Nase vorn.
Eine Recherche des Hessischen Rundfunks hat ergeben, dass der schwedisch-chinesische Hersteller Polestar im Jahr 2023 gerade einmal 6.288 Autos neu zugelassen hat, BYD 4.139 und NIO tatsächlich nur 1.263. Im Vergleich verkaufen deutsche Hersteller immer noch viel mehr: VW hat über 70.000 E-Autos neu zugelassen, Mercedes über 36.000 und Opel kommt auf 27.765.
Datenschutz und Bürokratie als Nachteil?
Arturo Rinaldi glaubt nicht, dass deutsche Hersteller auf lange Sicht den asiatischen E-Auto-Bauern noch etwas entgegenzusetzen haben. Denn chinesische Hersteller wie NIO oder BYD verfügen über einen großen Vorteil - Big Data. "Es geht nicht nur darum, das Fahrzeug von A nach B zu bewegen. Sondern es geht auch darum, die Daten, die damit zusammenhängen, erstmal abzuschöpfen, zur Verfügung zu haben und als Entwicklungsrahmen und Baustein in der neuen Automobilwelt einzubinden". Datenschutz und eine überbordende Bürokratie hierzulande verhinderten ein Aufholen deutscher Hersteller.
Zurück zum Showroom von NIO. Der chinesische E-Auto-Hersteller betreibt in der Frankfurter Innenstadt den größten Aufwand. Es gebe eine Zusicherung aus China, den Showroom noch mehrere Jahre zu betreiben, auch wenn die Absatzzahlen im Moment noch schlecht sind, sagt NIO-Regionalmanager Stephane Burger. "Es ist schön zu sehen, dass die Entwicklung von Kunden und Interessenten, die hier reinkommen und gar nicht wissen, was hier passiert und wer wir sind, zu wirklich gezielten Besuchern werden, die jetzt wegen uns und unserer Fahrzeuge hierherkommen."
Die Showrooms der neuen chinesischen E-Auto-Hersteller wird es also - aller Voraussicht nach - noch länger in den Innenstädten geben. Bis sie entweder den Markt erobert haben oder entnervt aufgeben müssen. Der Vorteil für potenzielle Kunden: Sie können in den aufwändigen Räumen in aller Ruhe bei einer Tasse Kaffee abwarten, was passiert.