Bahn-Tarifverhandlungen EVG hält weitere Streiks für möglich
Im Tarifkonflikt bei der Bahn sind die Fronten verhärtet. Die Gewerkschaft EVG kann sich weitere Warnstreiks vorstellen, um den Druck auf die Bahn nochmal zu erhöhen. Und auch ein längerer Ausstand scheint möglich.
Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG hält im laufenden Tarifkonflikt mit der Bahn weitere Streiks für möglich. "Die Option für Streiks ist natürlich auf dem Tisch", erklärte EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch am Mittag in Berlin. Einen konkreten Zeitraum nannte die Gewerkschaft nicht. "Wir werden das beraten mit unseren Kolleginnen und Kollegen", so Loroch.
Die Tarifkommission werde über entsprechende Vorschläge in den kommenden Tagen beraten. Die Urabstimmung über einen dauerhaften Ausstand sei aber auch eine Möglichkeit in der weiteren Eskalation, warnt Loroch.
EVG bezeichnet Angebot als "sozial ungerecht"
Die EVG lehnt das nachgebesserte Tarifangebot der Deutschen Bahn als unzureichend ab und ruft die Arbeitgeber zu weiteren Gesprächen auf. "Wesentliche Punkte unserer Forderungen sind weiterhin nicht erfüllt", so Loroch. "Das, was derzeit auf dem Tisch liegt, ist sozial ungerecht." Als weiteren Grund für die Ablehnung des Bahnangebots nannte der EVG-Verhandlungsführer die Laufzeit von 24 Monaten. Dann seien auch die zwölf Prozent mehr Geld nur die Hälfte wert. Die Gewerkschaft lasse sich da nicht täuschen von der Bahn.
Der entsprechende Beschluss der zuständigen Tarifkommission, das Angebot der Bahn abzulehnen, sei einstimmig erfolgt. "Wir fordern die Deutsche Bahn deshalb auf, ihr Angebot entsprechend anzupassen und umgehend mit uns weiter zu verhandeln", teilte Loroch weiter mit. "Wir haben unsere Zentrale Tarifkommission nach Berlin eingeladen und können die Verhandlungen bereits ab Mittwoch fortsetzen." Das sei im Interesse des Konzerns, "denn so lange wir am Verhandlungstisch sitzen, wird nicht gestreikt".
Bahn sieht keine Basis für weitere Verhandlungen
Der Deutsche-Bahn-Konzern reagierte mit Unverständnis auf die Ablehnung seines jüngsten Angebots. "Die Gewerkschaft zeigt kein Entgegenkommen und macht keine Lösungsvorschläge. Sie beharrt einfach stur auf ihren Ausgangsforderungen", kritisierte DB-Personalvorstand Martin Seiler.
Weiteren Verhandlungen erteilte die Bahn eine Absage. "Das ist im Moment sinnlos, weil die EVG sich keinen Millimeter bewegt", so Seiler. Das Unternehmen wolle nun "die Gesamtsituation umfassend bewerten" und in den zuständigen Gremien über weitere Schritte beraten.
Der Fahrgastverband Pro Bahn kritisierte, dass die Verhandlungen ausgesetzt werden. "Wir ärgern uns darüber, dass die Tarifparteien sich nicht einig werden", sagte Andreas Schröder, Mitglied des Bundesverbands und Vorsitzender des Landesverbands Nordrhein-Westfalen von Pro Bahn der "Rheinischen Post". Der Verhandlungstisch sei der richtige Ort, um die Streitigkeiten zu lösen, andernfalls müssten Schlichtungen stattfinden, sagte Schröder weiter.
Differenzen unter anderem bei Laufzeit
Die Bahn hatte der Gewerkschaft das Angebot bei Verhandlungen am vergangenen Donnerstag unterbreitet und die EVG aufgefordert, Stellung zu nehmen. Die Verhandlungen betreffen etwa 180.000 Beschäftigte.
Die Bahn hatte zuletzt stufenweise zwölf Prozent mehr Gehalt bei den unteren Lohngruppen in Aussicht gestellt. Insgesamt zehn Prozent mehr sollen die mittleren Gruppen bekommen und acht Prozent die oberen. Die erste Erhöhungsstufe soll demnach noch dieses Jahr kommen. Hinzu kommt eine ebenfalls stufenweise Inflationsausgleichsprämie von insgesamt 2850 Euro, die steuer- und abgabenfrei ab diesem Juli gezahlt werden könnte. Die Laufzeit soll 24 Monate betragen.
Die Gewerkschaft fordert hingegen einen Festbetrag von mindestens 650 Euro pro Monat mehr oder zwölf Prozent bei den oberen Lohngruppen. Die Laufzeit soll nach ihren Vorstellungen lediglich zwölf Monate betragen. Einmalzahlungen lehnte die EVG bislang strikt ab.